MÖSSINGEN. Die Beschreibung der aktuellen Situation in Sachen altersgerechtes Wohnen und Pflege war kurz und ernüchternd. »Wir haben kein Angebot in Öschingen«, berichtete Andrea Feiler, im Mössinger Rathaus zuständig für das Thema Altersfreundliche Stadt, dem Gemeinderat. Das soll sich nun aber ändern. Bei einer Enthaltung beauftragte das Gremium die Verwaltung, ein Konzept für eine trägergestützte Pflegewohngemeinschaft zu erarbeiten und Gespräche mit möglichen Betreibern und Investoren aufzunehmen.
Eigentlich ist Mössingen nicht schlecht versorgt mit Angeboten für Pflegebedürftige. Es gibt etwa das Haus an der Steinlach oder Bad Sebastiansweiler mit stationären Angeboten sowie eine große Diakonie- und Sozialstation für ambulante Hilfen. Wenn jemand aus Öschingen aber pflegebedürftig wird und nicht mehr daheim versorgt werden kann, findet er in seinem Ort nichts.
»Jetzt müssen wir mal einen Beschluss fassen, welchen Weg wir gehen wollen«
Dabei macht die generelle Entwicklung vor Öschingen nicht Halt. Fast jeder Dritte der gut 2.800 Bewohner ist älter als 60 Jahre, und so wie bundesweit die Zahl der Pflegebedürftigen von derzeit etwa 5 auf 7,5 Millionen im Jahr 2050 steigen wird, so werden es auch in Öschingen mehr werden. Und so wie überall Pflegekräfte fehlen werden, so werden sie auch hier fehlen.
»Es gibt eine Reihe von engagierten Bürgern in Öschingen und Talheim, die sich das Thema Wohnen im Alter und neue Wohnformen auf die Fahnen geschrieben haben«, erklärte OB Michael Bulander. »Auch der Gemeinderat hat sich damit schon beschäftigt. Jetzt müssen wir mal einen Beschluss fassen, welchen Weg wir gehen wollen.« Nachdem der Ortschaftsrat schon zugestimmt hat, bekräftigte auch Ortsvorsteher Wolfgang Eißler noch einmal die Dringlichkeit des Anliegens: »Das Thema beschäftigt uns in Öschingen schon lange Zeit. Jetzt hat sich die Chance ergeben, einen Platz zu reservieren. Wir bitten deshalb um Zustimmung.« Die er schließlich auch bekam.
Bei einer Veranstaltung im Juli 2023 in Öschingen mit mehr als hundert Teilnehmern hatte sich laut Andrea Feiler ein Konzept herauskristallisiert: »Der Schwerpunkt bleibt das Wohnen zuhause, und als Alternative gibt es eine ambulant betreute Wohngemeinschaft.« Ob diese trägergestützt oder selbstverantwortet sein soll, darüber sei viel diskutiert worden. Ein Vorteil der Variante mit einem Träger: Sie bietet mehr Sicherheit bei den Pflegeangeboten.
Den Hinweis von Dr. Andreas Gammel (CDU), dass eine Pflege-WG wirtschaftlicher sei als ein Heim, weil das Heimgesetz für sie nicht gelte, bestätigte Andrea Feiler: »Hier gilt die Fachkraftquote nicht, was wichtig ist, weil wir ohnehin zu wenig Pflegekräfte haben werden.« Was eine weitere Frage von Johanna Niethammer (Grüne) provozierte: »Wer arbeitet dann dort, wenn die Fachkraftquote nicht gilt und die Personalkosten niedriger sind?« Dort arbeiten schon Pflegefachkräfte, erklärte Andrea Feiler, aber diese gehen wieder, wenn ihre pflegerische Arbeit erledigt ist. »Danach sind noch sogenannte Präsenzkräfte da, auch in der Nacht. Das müssen aber keine examinierten Pflegefachkräfte sein.«
»Die WG ist die Alternative zum klassischen Pflegeheim«
Die Zielgruppe, erläuterte die Fachfrau aus der Verwaltung auf Frage von Ulrike Hagemann (Grüne), seien weniger Menschen mit Pflegegrad 1 oder 2, denn diese würden eher zu Hause versorgt: »Die WG ist die Alternative zum klassischen Pflegeheim. Deshalb sind dort vor allem Menschen mit höherem Pflegegrad, die bis zum Tod dort bleiben können.«
Am Ende stand die Entscheidung für ein trägergestütztes Angebot. Ob der Träger gleichzeitig auch Bauherr sein wird, ist laut OB Bulander noch völlig offen: »Wir werden mit Anbietern sprechen und dann sehen, ob sie auch bereit sind zu investieren. Klar ist aber: Die Stadt wird das nicht finanzieren können. Wir werden das nur planerisch und konzeptionell begleiten.« (GEA)