Wasserbewohner: In ihrem Rucksack hat Anja Grohse immer ein Küchensieb, ein paar Petrischalen, Lupengläser und -becher dabei. Mit wenigen Handgriffen dreht sie ein paar Steine am Bachufer. Alles, was im Sieb hängen bleibt, wird mit einer Pinzette vorsichtig in den Lupenbecher umgezogen. »Da, eine Köcherfliegenlarve.« Das unheimliche Tier mit den vielen Beinen entpuppt sich als Eintagsfliegenlarve unter der Lupe. Die Wasser-Frau ist zur näheren Bestimmung mit einem Buch ausgerüstet - seit ihrem Limnologie-Kurs an der Uni ist sie ohnehin fit im Umgang mit tierischen Wasserbewohnern. »Am coolsten ist der Käfer, der auf dem Rücken schwimmt.«
Ritter: Wer bei der Weilerburg nachsehen will, wie einst die alten Rittersleut' wohnten, muss auf 555 Meter aufsteigen und dann noch 77 Stufen erklimmen. Doch das lohnt: Von der Aussichtsplattform ist die Wurmlinger Kapelle ebenso zu sehen wie die Burg Hohenzollern. Der Blick schweift über Weiler, Rammert und Spitzberg in die Weite. Die Weilerburg war übrigens Geburtsort von Graf Albert II. von Hohenberg, dem Stadtgründer Rottenburgs. Weht oben die Fahne, bewirtet der Albverein. Wenn nicht, hat Anja Grohse zumindest den Schlüssel zum Turm.
Höhle: »Bitte Helm aufsetzen«, sagt die Führerin ihren Tour-Teilnehmern. Wer seine Höhlenangst überwindet, kann im Schein der Taschenlampe die Fossilien in der Höhlenwand sehen. Die Siebentäler-Höhle ist mit 207 Meter Länge die größte Höhle im Landkreis Tübingen und liegt etwa auf halber Strecke zwischen Weiler und Bad Niedernau. Betreten darf man sie allerdings nur zwischen 15. April und 15. November. Die übrige Zeit schlafen dort Fledermäuse.
Ziegelhütte: Das Katzenbachtal ist Natur pur. Doch schon immer haben dort auch Menschen gelebt und gearbeitet. Davon zeugt die Ziegelhütte. Bis 1906 wurden dort Ziegel hergestellt. Als sich das nicht mehr lohnte, wurde in dem Ofen Kalk für Gipser und Maurer gebrannt. Seit 1956 ist auch das beendet. Wegen Einsturzgefahr ist die alte Ziegelhütte derzeit eingezäunt. Anja Grohse flößt ihren Zuhörern Ehrfurcht vor dem Material ein: »Verwendet wurde hier der 215 Millionen Jahre alte Muschelkalk.«
Römer: Wie das Leben in Rottenburg zu römischen Zeiten aussah, ist im Sumelocenna-Museum in der Rottenburger Altstadt zu sehen. Wer nach der Tour noch munter ist, kann dienstags bis sonntags ins Museum.
Quelle: Römer hatten ein Händchen für Wasser. Und so entging ihnen auch die Apollo-Quelle bei Bad Niedernau nicht. Darauf lassen römische Münzfunde und ein Quellstein schließen, die in der Nähe gefunden wurden. 1471 wird die Apollo-Quelle erstmals urkundlich erwähnt. Ihr Wasser gilt als Heilwasser und ist extrem salzarm. Im Sprudelwerk der St. Christophorus GmbH wird heute noch immer Wasser gefördert. Für durstige Wanderer knipst eine Lichtschranke am Quellhaus den Brunnen ein, an dem man sich die Trinkflasche füllen kann.
Neckar: Anja Grohse kann noch viel mehr erzählen. Von der Flößerei auf dem Neckar oder der Umleitung für Fische in Bad Niedernau. Sie weiß aber auch, wo es Leberkäsweckle gibt. (GEA)
Landschaftsführungen (1)
Die Tour »Römer, Ritter, Höhle und Quelle« gehört zum neuen Angebot »Landschaftsführungen am Neckar«, die die zertifizierten Tour-Guides seit diesem Jahr zusammen mit dem Landratsamt anbieten. Sie ist eine von sechs, die wir in nächster Zeit vorstellen. Die Strecke ist etwa 13 Kilometer lang und eignet sich sowohl zum Radeln als auch zum Wandern. Anja Grohse bietet beide Varianten an. Mit dem Rad ist man etwa vier Stunden unterwegs, zu Fuß etwas länger.Start ist in Rottenburg am Bahnhof. Von dort geht es am Neckar entlang mit kleinen Abstechern nach Bad Niedernau zur Apollo-Quelle. Auf dem Weg entlang des Katzenbachtals in Richtung Weiler gibt es immer wieder Stopps: am Bachufer, der Siebentäler-Höhle und der Ziegelhütte.
Von dort geht es in Serpentinen zunächst nach Weiler und dann auf einem kurzen Anstieg zur Weilerburg.
Der Rückweg führt bergab nach Rottenburg. Dort bietet sich für Römer-Fans noch der Besuch im Sumelocenna-Museum an. Nach Absprache gibt's die Tour auch in umgekehrter Reihenfolge.
Anja Grohse bietet mehrere feste Termine an, der nächste ist Samstag, 14. April. Extra-Angebote für Gruppen gibt es nach Absprache.
Für diese Tour ist wegen der Höhlenbesichtigung ein Fahrradhelm und eine Stirn- oder Taschenlampe erforderlich. Eine Regenjacke und möglichst auch eine Regen-Hose empfehlen sich. (sel)
0 70 71/9 68 44 14 NLF-Neckar@gmx.de