Logo
Aktuell LANDSCHAFT ERLEBEN

Landschaft erleben: Schleifen um die Schwäbische Pforte

ROTTENBURG. Es nieselt. Pausenlos. Aber Martin Mages lässt sich nicht abschrecken. »Es könnte schlimmer sein«, findet er. Und so beginnt die Radtour zur Schwäbischen Pforte.

Über-Blick. Sie beginnt so, wie es der Normalradler gar nicht mag: aufwärts. Vom Rottenburger Bahnhof geht es auf der Straße hinauf zur Trabantenstadt Kreuzerfeld. Doch dann zweigt der Radweg ab und führt Richtung Weiler. An einem einsamen Bauernhof, dem Hülehof, der erste Stopp. »Schauen Sie zurück«, sagt Martin Mages.

Landschaftsführer Martin Mages führt per Rad durch die Schwäbische Pforte.
Landschaftsführer Martin Mages führt per Rad durch die Schwäbische Pforte. Foto: Philipp Förder
Landschaftsführer Martin Mages führt per Rad durch die Schwäbische Pforte.
Foto: Philipp Förder
In der hügeligen Gäu-Landschaft, aus welcher der Wurmlinger Kapellenberg, der Heuberg und der Pfaffenberg aufragen, fällt eines gar nicht auf: das Neckartal. So eng ist es, dass es oben auf der Höhe dem Auge keinen Halt mehr bietet.

Erlebnisradler. Martin Mages ist ein passionierter Radler. Gut trainiert, weil er jeden Tag von Tübingen zur Arbeit nach Mittelstadt radelt. Und gut informiert: Der 49-Jährige hat Geografie studiert und den Führer »Radtouren im Kreis Tübingen« geschrieben.

Römerlatein. Was muss das für ein Gefühl gewesen sein, als die Flößer, die bis 1899 Holz aus dem Schwarzwald brachten, diese Stelle passierten. Als sie nach den Windungen des Neckars in seinem oberen Teil nun Rottenburg verließen und plötzlich diese Ebene vor sich hatten, häufig Tübingen als Ziel vor sich, das noch nicht zu sehen, aber schon zu ahnen war. Hier, in Rottenburg, der alten Römer- und jungen Bischofsstadt, ist die Schwäbische Pforte. Die Porta Suevica: der Durchgang von der Enge des oberen in die Weite des unteren Neckartals. Oder in der Sprache der Geologen: der Durchbruch des Neckars durch den Muschelkalk.

Meeresfrüchte. Gut 200 Millionen Jahre ist er alt, der Muschelkalk, der, von einer dünnen Löss-Schicht bedeckt, das Fundament im Gäu bildet, Überbleibsel eines tropischen Meeres, aber jünger als die Alb. Bei der Fahrt von Weiler hinab ins Katzenbachtal kommt der Radler an die Sieben-Täler-Höhle, mit 207 Metern die längste im Kreis Tübingen und Winterquartier für Großes Mausohr, Braunes Langohr und die Fransenfledermaus. Die glatte Felswand über dem Eingang ist nicht natürlich. Hier wurde im 19. Jahrhundert Stein gebrochen als Schotter für den Bau der Eisenbahn - bescheidene »Meeresfrüchte«.

Abgetaucht. Wer vom Katzenbachtal über Bad Niedernau nach Rottenburg radelt, kann sie eindrucksvoll erleben, die Felswände aus Muschelkalk, zwischen denen sich Fluss, Straße und Eisenbahn den knappen Platz teilen müssen. Bis in die Innenstadt hinein zieht sich das Band. Dann plötzlich verschwindet es, taucht ab ins Erdinnere. Eine Flexur, die für den scharfen Wechsel in der Landschaft sorgt: vom engen ins weite Tal des Neckars.

Neckar. Er ist der schwäbische Fluss schlechthin: der Neckar. Sein Name, erzählt Martin Mages, ist abgeleitet aus dem Keltischen und bedeutet »wilder Geselle«. Wild? Eine Eigenschaft, die sich mit Flüssen in heutigen Kulturlandschaften kaum noch verbinden lässt. Und doch: Früher war der Neckar wild, weil er sich immer wieder ein neues Flussbett gesucht hat. Spuren davon sind noch zu sehen. Wer bei Hirschau an der Einfahrt zum Kieswerk Bischoff steht, kann in den Wiesen zum heutigen Flussbett hin deutlich eine Senke erkennen, die sich in Richtung Rottenburg zieht: ein altes Flussbett. Das heutige ist übrigens kaum zu sehen: Nach der Begradigung 1870 hat es sich sechs bis acht Meter tief in die Landschaft gegraben.

Steinreich. Hier ist es vorbei mit kantigem Muschelkalk. Die weite Ebene ist geschottert - runde Kiesel, die, je nach Gesteinsart, erkennen lassen, wo der Neckar sie eingesammelt hat, um sie zwischen Rottenburg und Hirschau abzuladen. Die Steine sind ein Reichtum der Natur, werden abgebaut in Kieswerken und bescheren sowohl Tieren als auch Freizeit-Menschen ein ganz eigenes Biotop: Baggerseen.

Mit dem Rad durch die Schwäbische Pforte

Ausgangspunkt der Tour ist der Rottenburger Bahnhof. Wer nicht mit dem Zug kommt, sondern sein Fahrrad mit dem Auto hertransportiert, kann beim Bahnübergang westlich des Bahnhofs parken.

Von dort heißt es allerdings erst einmal kräftig in die Pedale treten: Vom Neckartal aus geht es hinauf auf die Höhe nach Weiler. Darauf folgt allerdings eine genussvolle Abfahrt durchs Katzenbachtal nach Bad Niedernau und von dort zurück nach Rottenburg, wo der Radweg direkt in die Fußgängerzone und den Marktplatz mündet.

Hier bietet sich eine Pause mit Stadtbummel an, bevor es auf die zweite Schleife geht: nach Wurmlingen und Hirschau und von dort zurück zum Ausgangspunkt.

Die Tour ist insgesamt etwa 25 Kilometer lang und nach dem ersten Aufstieg und der folgenden Abfahrt weitgehend eben auf guten Wegen. Dauer je nach Tempo und Erklärungen: drei bis vier Stunden. Wem das zu viel ist, der kann sich mit einer Schleife begnügen, mit der er dann schon wieder am Ausgangspunkt Rottenburg ist. (pp)

0 70 71/9 68 44 14

NLF-Neckar@gmx.de