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Konzerte, Vorträge, Lesungen: Förderverein feiert jüdisches Leben in Wankheim

Der Förderverein für jüdische Kultur in Tübingen feiert die Ansiedlung jüdischer Familien vor 250 Jahren mit Konzerten, Vorträgen und Lesungen.

Die Grabsteine auf dem Jüdischen Friedhof werden derzeit noch saniert.
Die Grabsteine auf dem Jüdischen Friedhof werden derzeit noch saniert. Foto: Nadine Nowara
Die Grabsteine auf dem Jüdischen Friedhof werden derzeit noch saniert.
Foto: Nadine Nowara

TÜBINGEN-KUSTERDINGEN. Der Förderverein für jüdische Kultur in Tübingen feiert dieses Jahr mit verschiedenen Veranstaltungen die Ansiedlung jüdischer Familien vor 250 Jahren in Wankheim. Es sind Konzerte, Vorträge und Lesungen geplant – sowie im Sommer theatrale Stadtspaziergänge »Lebendige Stolpersteine«, die mit dem Landestheater Tübingen umgesetzt werden. Veranstaltungsorte sind auf den Härten, in Tübingen und Reutlingen.

Der Vereinsvorsitzende Werner Kemmler erörtert im GEA-Gespräch die Bedeutung von Wankheim für das jüdische Leben in der Region: »Wankheim war im 19. Jahrhundert reichsritterschaftliches Gut. In Württemberg durften sich damals keine Juden ansiedeln. In Wankheim hingegen gab es zeitweise eine vollständige jüdische Gemeinde mit Synagoge und Schulbetrieb. Zwei von drei Gaststätten in Wankheim waren jüdisch.« Ab den 1840-er Jahren habe es einen engen Kontakt mit der »christlichen Mehrheitsgesellschaft« gegeben.

In der Hochzeit lebten etwa 135 Juden in Wankheim. Das waren knapp 20 Prozent der Bevölkerung. Einige Juden waren gesellschaftlich sehr anerkannt, etwa Leopold Hirsch, der in der Gemeindepolitik aktiv war. Eine »Form der Augenhöhe« habe es in verschiedenen Aspekten gegeben. Bei Erntedankfesten wurden etwa gemeinsam Gottesdienste gefeiert.

»Bei den Veranstaltungen zum Jubiläum spielt jedoch nicht nur das Historische eine bedeutende Rolle, auch das heutige jüdische Leben ist Thema«, sagt Kemmler.

Auftakt ist am 28. April

Auftakt des Jubiläumjahres ist am Sonntag, 28. April, mit einem Klavierkonzert in der Stiftskirche in Tübingen. Beginn ist um 19.30 Uhr. Das Duo Hayashizaki-Hagemann spielt das Programm »Ironien – Klavier zu vier Händen« mit Stücken von Erwin Schulhoff, Ignaz Moscheles, Ignaz Friedman und George Gershwin.

Mehr musikalische Eindrücke gibt es am Samstag, 15. Juni, in der Jakobuskirche Wankheim. "Méditation hébraïque" – Werke für Violoncello und Klavier von Samuel Barber, Ernest Bloch und Felix Mendelssohn Bartholdy." Es spielen Philipp und Myunghwa Wiede. Beginn ist um 19.30 Uhr.

Musik jüdischer Komponistinnen und Komponisten erklingt am Samstag, 6. Juli, ab 19 Uhr, in der Turn- und Festhalle Kusterdingen und am Sonntag, 7. Juli, ab 19 Uhr, in der Evangelischen Stephanuskirche Tübingen. Zu hören gibt es Stücke von unter anderem Gideon Klein, György Ligeti und Ruth Schonthal. Es musizieren der Südwestdeutsche Kammerchor Tübingen und SinfoNeA.

Wer hat Heimat hier?

Die Vortragsreihe deckt eine breite Themenvielfalt ab: Die Vorträge finden in der Regel im Evangelischen Gemeindehaus in Wankheim donnerstags ab 19 Uhr statt. Am 6. Juni spricht Tübingens Kreisarchivar Wolfgang Sannwald, über das Thema: »Wer hat Heimat hier? Viktor Marx und sein Gedenkstein von 1946 an die Tübinger Opfer der Shoah.«

Zwei Vorträge werden am Mittwoch, 26. Juni, ab 15 Uhr, auf dem Stadtfriedhof in Tübingen angeboten: Benigna Schönhagen referiert über das Thema: »Benutzt und verscharrt. Josef Schuster und Josef Bukofzer – zwei Tote des Tübinger Stadtfriedhofs.« Michael Jaesrich widmet sich der Heimatforscherin Lilli Zapf.

Einen Einblick in die Alltagskultur der in Wankheim lebenden Juden zur Mitte des 19. Jahrhunderts bietet am 18. Juli, Kusterdingens Gemeindearchivar Manuel Mozer. »Ein schwarzer Frack, ein nussbaumholzener Sekretär und ein porzellanenes Senffässle.«

Matthias Morgenstern, Professor für Judaistik und Religionswissenschaft, behandelt am 12. September, das Thema »Ideal und Wirklichkeit einer jüdischen Gemeinde nach dem Talmud«.

Das Jahresprogramm des Fördervereins für jüdische Kultur in Tübingen wird mit einem Vortrag von Wilfried Setzler, ehemaliger Leiter des Tübinger Kulturamts, am 10. Oktober, abgeschlossen. »Friedlich und einträchtig – Das Zusammenleben von Juden und Christen in den Wankheimer Jahren von Pfarrer Wilhelm Pressel.« (GEA) verein-juedische-kultur-tuebingen.de