Projektinitiator ist Sascha Pieper aus Kirchentellinsfurt mit seiner Firma Linuz. »Wir wollen das Gebiet erfahrbar machen«, erklärte er am Montagabend den Nehrener Gemeinderäten. Könnten in besagtem Gebiet dadurch fünf Prozent des in der Freizeit genutzten Pkw-Verkehrs ersetzt werden, so hat er ausgerechnet, entspräche das einer CO2-Einsparung von 277 Tonnen im Jahr.
Münsingen federführend
Mit seiner Idee konnte Pieper schon im Bundeswettbewerb »Klimaschutz durch Radverkehr«, initiiert vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, überzeugen. Als einer der Gewinner ist er berechtigt, einen Antrag auf Förderung für das Pilotprojekt »Chargercubes« zu stellen - beziehungsweise stellen zu lassen. Die Stadt Münsingen hat die Förderantragsstellung federführend übernommen. Sie wird einen Kooperationsvertrag mit den beteiligten Gemeinden schließen - auch mit Nehren.Insgesamt hat das Vorhaben ein Volumen von drei Millionen Euro, wobei voraussichtlich 70 Prozent davon vom Bund übernommen werden. Ende des Jahres rechnet Pieper mit dem Zuwendungsbescheid. Ab kommendem Mai sollen dann innerhalb von zwei Jahren die 55 Standorte sukzessive aufgebaut werden. Die Umsetzung eines Standorts kostet zwischen 28 000 und 32 000 Euro. Die Gemeinde Nehren muss also einen Eigenanteil von grob 9 000 Euro übernehmen. Eine verhältnismäßig überschaubare Summe, findet Bürgermeister Egon Betz, der sich für das Vorhaben stark machte.
Unabhängig vom »Chargercube« wird es am Rathaus eine schon länger geplante E-Bike-Ladestation geben, die am Aufzugsturm mit Strom gespeist wird - »für den Tagesbetrieb«, so Betz. Deren Umsetzung ist mit Kosten zwischen 4 000 und 8 000 Euro verbunden.
Bevor man sich bereit erkläre, mitzumachen, fand Rat Hartmut Rinn (FWV), sollte die Standortfrage geklärt werden. Betz legte dar, dass es drei Möglichkeiten gäbe: am Bahnhof, am geplanten Festplatz oder am Netto-Markt. Das Rathaus scheidet aus Denkmalschutzgründen aus.
Bahnhof zu gefährlich?
15 Quadratmeter Grundfläche haben die frei zugänglichen Einheiten, in denen an fünf E-Bike- und zwei E-Auto-Ladepunkten Solarstrom, der auf dem Dach gewonnen wird, getankt werden kann. Für sonnenarme Zeiten ist eine zusätzliche Ökostrom-Zuleitung möglich.Gemeinderat Stefan Kuhn (CDU) hält den Bahnhof, da am Radweg gelegen, für einen guten Standort. Allerdings hat er Sicherheitsbedenken. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass da jemand sein 5 000 Euro teures Rad hinstellt - ich würde nicht mal eins für 200 Euro da abstellen.« Auch geschlossene Varianten des Containers seien machbar, erklärte Pieper. Zugang wäre dann nur über eine Smartphone-App möglich.
Jürgen Lauhoff (ALN) befand den Netto-Parkplatz als passenden Standort. Dank Discounter und Bäcker sei der Container hier in gewisser Weise beaufsichtigt. Pieper gab allerdings zu bedenken: »Die Frage ist, wie kriegen wir die Leute in den Ort rein?« Im Fokus richtet sich der »Chargercube« nämlich an Gäste und Touristen, die radelnd die Gegend erkunden wollen, ohne dabei eine Ladestation mitschleppen zu müssen. Idealerweise nutzen sie in der zwei- bis dreistündigen Fahrrad-Ladezeit den örtlichen Handel, gehen vielleicht etwas essen oder trinken.
Da die »Chargercubes« mobile Einheiten sind, die jederzeit versetzt werden können, mussten sich die Räte noch gar nicht auf einen Standort einigen. Das Landratsamt Tübingen, erklärte Pieper aber schon mal, habe die verfahrensfreie Errichtung der Einheiten bereits genehmigt.
»Ich bin dafür, dass wir ein klares Signal geben«, sagte Gerd Klett (FWV) nach einigen technischen Rückfragen. »Ich hätte auch nie gedacht, dass ein Wohnmobilstellplatz in Nehren geht.« Einstimmig votierten die Räte für das Vorhaben - oder wie Jürgen Lauhoff es formulierte: »Ja, wir wollen das Ding haben.« (GEA)