GOMARINGEN-STOCKACH. So kann man sich täuschen. »Nachdem ich das Gomaringer Heimatbuch geschrieben habe, dachte ich, dass ich nur eine Schublade aufziehen müsste und der Vortrag praktisch fertig wäre.« Doch dann stieß Kreisarchivar Wolfgang Sannwald bei seinen Recherchen für den Festvortrag zum 100-jährigen Bestehen der Stockacher Pauluskirche auf so viele neue Details der Geschichte des Dorfs (wir berichteten), dass aus dem Auftrag noch richtig Arbeit wurde.
PROFITE: Wissen ist Macht, und manchmal lässt sich unerwartet davon profitieren. »Zu meiner Amtseinführung habe ich Ihr Heimatbuch erhalten«, begrüßte Pfarrer Ulrich Holland den Kreisarchivar. »Ich habe es durchgearbeitet und manchmal im Kirchengemeinderat etwas von meinem Wissen einfließen lassen. Da hatte ich aber nicht den Eindruck, dass alle es gelesen haben.«
UNTERSCHIEDE I: »Die Vermögensverhältnisse waren günstig«, zitierte Sannwald, an den Gomaringer Bürgermeister Manfred Schmiderer gewandt, eine alte Beschreibung Stockachs. »86 Prozent seiner Ausgaben finanzierte das Dorf aus eigenen Erträge, nur 24 Prozent aus Steuern.« Da kann heutzutage jeder Bürgermeister nur vor Neid erblassen.
UNTERSCHIEDE II: Wie Manfred Schmiderer für die Sport- und Kulturhalle heute hat der Stockacher Schultheiß Ludwig Grauer damals Bettelbriefe zur Finanzierung der Kirche verschickt. Angesichts der Vermögensverhältnisse, vermutet Sannwald, war das wenig glaubhaft. Aber erfolgreich. Grauer sammelte um 1900 in seinem kaum 300 Einwohner zählenden Dorf 5 000 Mark - ein Fünftel der Baukosten. Im Vergleich dazu bräuchte Manfred Schmiderer für die Halle weit über eine Million Euro.
UNTERSCHIEDE III: Begleitet wurde Grauer damals auf seiner Sammeltour von Haus zu Haus von den Gemeinderäten Junger I und Junger III. »Einer von ihnen könnte mein Großvater gewesen sein«, vermutet Feuerwehrkommandant Willy Junger, der am Donnerstag einen erheblichen Beitrag zum Gelingen des anschließenden Stehempfangs leistete. Auf die Frage, vom wem der vorzügliche Most sei, antwortete er kurz und knapp: »Von mir.« Was Wolfgang Sannwald spontan ergänzte: »Junger XIV.«
UNTERSCHIEDE IV: »Ich bekenne mich zu Stockach. Hier hätte ich fast mal gebaut.« Am Ende ist der Kreisarchivar aber doch in Tübingen gelandet. Die Zeiten haben sich halt geändert. Konnte sich Stockach früher einen Schulmeister leisten, reicht's heute nicht mal für einen Kindergarten. Und manchmal zählt auch für Historiker die Gegenwart. (pp)
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