MÖSSINGEN. Dies griff zunächst der FWV-Fraktionsvorsitzende Wilfried Kuppler auf. Er mahnte, es entstehe langsam »eine Bugwelle maroder Infrastruktur«, etwa im Straßenbau. Aber auch die Netze für Strom, Telekommunikation und (Ab-)Wasser hätten steigende Anforderungen zu ertragen und müssten teils saniert werden. Laut Kuppler können wichtige Vorhaben nicht in Angriff genommen werden, weil die Bürokratie ausufere und Fachkräfte fehlen.
Die Kommune müsse wesentlich mehr für Personalkosten, aufgrund hoher Tarifabschlüsse, und Sachkosten aufwenden, die Kreisumlage stieg zuletzt um etwa 2,35 Millionen Euro. Dagegen erwarte man bei der Gewerbesteuer ein Minus von rund 900.000 Euro. Das alles könne nicht durch Einnahmen aus Zuweisungen, Zuwendungen und Umlagen von etwas über zwei Millionen Euro ausgeglichen werden. Zudem habe die Stadt noch immer mit dem Cyber-Angriff auf ihre Infrastruktur im November vergangenen Jahres zu tun.
Düstere Situation im sozialen Wohnungsbau
Kuppler verwies auf die landesweit düstere Situation im sozialen Wohnungsbau. Der war etwa in der Butzenbadstraße und im Hoeckle-Areal geplant, dort, so der FWV-Vorsitzende, warten eventuelle Investoren noch ab. Im neu erschlossenen Baugebiet Reute in Öschingen hätte man noch keine Käufer für die Grundstücke gefunden. Grundsätzlich stelle sich die Frage: »Wie stark soll, kann, muss oder will Mössingen noch wachsen?«
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Andreas Gammel betonte, die Einnahmenseite sei nicht das Problem der Mössinger Gemeindefinanzen: Der Betrag von voraussichtlich 65 Millionen Euro »wäre der zweithöchste Wert nach dem Rekordjahr 2018« – reiche aber nicht aus, um auch noch einige erwünschte Ausgaben bezahlen zu können. Auch er verwies auf stark steigende Ausgaben für Personal und durch die Kreisumlage.
CDU will Mössingen noch etwas attraktiver für junge Familien machen
Seine Partei wolle die Stadt noch etwas attraktiver für junge Familien machen und herausfinden, wie viel dies die Kommune kosten dürfe. Die Welt sei in Bewegung, deswegen müsse sich auch die Stadt bewegen. Was in die Kompetenz des Gemeinderats falle »müssen wir anpacken«, schloss Gammel.
Arno Valin (SPD) bezeichnete es als Alarmzeichen, dass die Deckungslücke im Etat von 2,9 Millionen Euro nur durch einen Griff in die Rücklagen der Stadt ausgeglichen werden könne. Der Mössinger Haushalt für 2024 zeige auf, »mit welch hohem Standard wir immer noch unser Alltagsleben bestreiten können.« Über das Alltägliche hinaus müsse man allerdings Verzicht üben.
SPD und Grüne betonen nötige Ausgaben für Klimafolgeanpassung
Die Stadt werde zudem weiter in Klimafolgeanpassung investieren müssen. Diesbezüglich bezeichnete Valin die energetische Quartierssanierung Nord-Ost als wichtigen Baustein. Zudem begrüßte er die Erstellung von Starkregenkarten. Über diesen Themenbereich hinaus seien viele notwendige Maßnahmen ohne umfassende Unterstützung von Bund und Land nicht zu bewerkstelligen.
Ulrike Hagemann, Fraktionsvorsitzende der Grünen, forderte proaktives Handeln und schnellere Umsetzung der Beschlüsse, nicht nur, vor allem aber in den Bereichen Klimaschutz und regionaler Energieerzeugung. Belange aller Menschen in der Stadt, egal welchen Alters, zu hören und möglichst auch umzusetzen - dazu, so Ulrike Hagemann, könnten hybride Gemeinderatssitzungen beitragen.
UB wieder zu dritt, Linke nur durch Claudia Jochen vertreten
Zu Beginn der Gemeinderatssitzung vereidigte Oberbürgermeister Michael Bulander Anton Kurilow (UB) als neuen Gemeinderat, die UB-Fraktion ist nun wieder zu dritt. Er rückt für den im November plötzlich verstorbenen Rolf Hase nach. Hase habe sich überlegt, für eine weitere Amtszeit zu kandidieren, so UB-Sprecher Andreas Gauger. In seinem Sinne wolle die UB weiterhin auf Bedenken und Beschwerden der Bevölkerung hören und reagieren.
Als einzige Vertreterin der Linken im Steinlachtal im Gremium, betonte Claudia Jochen, trotz fehlendem Fraktionsstatus sei es ihrer Partei gelungen, in der nun ablaufenden Legislaturperiode Einiges anzustoßen. Sie wiederholte ihre Forderung nach Parkraumbewirtschaftung in der Innenstadt und am Freibad als mögliche Einnahmequelle für die Stadt. (GEA)