Logo
Aktuell Polizei

Flugblätter konnten weiter verteilt werden

TÜBINGEN. Drei Mitglieder des Tübinger Kreisverbands des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) haben nach Darstellungen des Vereins, die der Presse zugegangen sind, am Donnerstag im Tübinger Hauptbahnhof Flugblätter mit Informationen zu »Kopfbahnhof 21«, dem Alternativprojekt zu »Stuttgart 21«, verteilt.

Ein Mitarbeiter der Bahn habe die Verteiler gegen 17.15 Uhr aufgefordert, alle Flugblätter herauszugeben und das Bahnhofsgebäude sofort zu verlassen. Als die Verteiler sich weigerten, habe der Bahnmitarbeiter auf das Hausrecht verwiesen. Kurz danach kam eine Streife der Landespolizei dazu, was Polizeisprecher Ewald Raidt dem GEA gegenüber auf Nachfrage bestätigte.

Frank Heuser, Vorsitzender des VCD-Kreisverbands und Kassierer Martin Hilger, zwei der Verteiler, erklärten der Polizei, so die Angaben des VCD, dass sie sich auf ihr Grundrecht der freien Meinungsäußerung sowie Versammlungsfreiheit berufen und auf ein kürzlich ergangenes Urteil des Bundesverfassungsgerichts hingewiesen hätten. Hier ging es um die Verteilung von Flugblättern gegen Zwangsabschiebungen mit Flugzeugen in einem Gebäude der Frankfurter Flughafengesellschaft Fraport. Wie die DB AG verbietet auch die Fraport AG in ihrer Hausordnung das Verteilen von Flugblättern in ihren Gebäuden.

Hausordnung und Gerichtsurteil

Das Gericht, so schildert es der VCD weiter, hatte am 22. Februar 2011 geurteilt, dass diese Regelung gegen das Grundgesetz verstößt, »weil auch von der öffentlichen Hand beherrschte gemischtwirtschaftliche Unternehmen oder im Alleineigentum des Staates stehende öffentliche Unternehmen, die in den Formen des Privatrechts organisiert sind, genauso einer unmittelbaren Grundrechtsbindung unterliegen würden wie staatliche Institutionen.«

Die Streifenbeamten hatten sich daraufhin mit dem DB-Mitarbeiter kurz zurückgezogen und telefonierten. Frank Heuser und Martin Hilger bekamen etwas später dann ihre Personalausweise zurück. Sie erfuhren, dass die DB Station & Service AG telefonisch auf die Durchsetzung ihres Hausrechts durch die Polizei bestanden habe.

Joachim Zepf, Revierverantwortlicher der Bundespolizei in Tübingen, bestätigte gegenüber dem GEA, dass die in der Sache zuständige Bundespolizei von den Kollegen der Landespolizei einbezogen worden war. Außerdem bestätigte er den ihm ebenfalls vorliegenden, vom VCD geschilderten Ablauf. Aufgrund des Konflikts zwischen Hausordnung der DB und dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts wurde laut VCD nicht weiter interveniert. Joachim Zepf begründet das so: Da die Sache in der Schwebe sei und keine Gefahren ausgegangen waren, habe sich die Polizei loyal verhalten.

Die Flugblätter konnten so weiter verteilt werden. Der VCD lobt das »umsichtige Verhalten« der Polizei und kritisiert, dass die Bahn die Polizei - nach Ansicht des VCD - zur »Durchsetzung der verfassungswidrigen Hausordnung« instrumentalisiert habe. (mwm)