TÜBINGEN. Am 07. Mai diesen Jahres veröffentlichte der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer auf seiner Facebook-Seite einen Kommentar über den ehemaligen Fußballprofi Dennis Aogo, der auch Anlass für ein noch fortdauerndes Parteiausschlussverfahren gegen Boris Palmer ist. Bei der Staatsanwaltschaft Tübingen gingen insgesamt drei Strafanzeigen wegen Volksverhetzung und Beleidigung gegen Boris Palmer ein; Dennis Aogo selbst stellte indes keinen Strafantrag. Das daraufhin eingeleitete Ermittlungsverfahren wurde nunmehr aus rechtlichen Gründen gemäß § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung eingestellt. Das teilte die Staatsanwaltschaft Tübingen mit.
Nach einer umfassenden rechtlichen Prüfung liege demnach eine Strafbarkeit wegen Volksverhetzung gemäß § 130 Abs. 2 Strafgesetzbuch nicht vor, so die Staatsanwaltschaft. Die Äußerung Palmers müsse – wie grundsätzlich alle Äußerungen – im Lichte des Grundrechts der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Grundgesetz ausgelegt werden.
Kritik oder Diskussionsbeiträge dürften mithin auch polemisch, pointiert oder überspitzt vorgebracht werden, wobei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts für die strafrechtliche Beurteilung die für den Beschuldigten jeweils günstigste Deutungsmöglichkeit entscheidend sei. Vor diesem Hintergrund könne die Äußerung Palmers so interpretiert werden, dass dieser satirisch auf kritische Posts anderer Facebook-Nutzer im Rahmen der medialen Diskussion um die Personen Jens Lehmann und Dennis Aogo reagieren wollte, indem er sich bewusst des Stilmittels der »Reductioad absurdum« bedient habe. Darin liege weder ein »Aufstacheln zum Hass« oder ein »Angriff auf die Menschenwürde« im Sinne des § 130 Abs. 2 Strafgesetzbuch.
Ob der Kommentar Palmers eine ehrverletzende Beleidigung gemäß § 185 Strafgesetzbuch darstellt, war im vorliegenden Ermittlungsverfahren mangels Strafantrages von Dennis Aogo bereits nicht zu prüfen gewesen. Der Straftatbestand der Beleidigung wird als absolutes Antragsdelikt ausschließlich auf Strafantrag des Verletzten verfolgt. (pm)