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Aktuell Kommunalwahl

Ein paar Stimmenfänger fehlen in Mössingen

In Mössingen bewerben sich 92 Kandidatinnen und Kandidaten um 30 Sitze. Die UB tritt nicht mehr an

In Mössingen sind die Freien Wähler stärkste Fraktion, und ihre Ausgangsposition ist auch für diesmal vielversprechend. BILD: GR
In Mössingen sind die Freien Wähler stärkste Fraktion, und ihre Ausgangsposition ist auch für diesmal vielversprechend. BILD: GROHE Foto: Manfred Grohe
In Mössingen sind die Freien Wähler stärkste Fraktion, und ihre Ausgangsposition ist auch für diesmal vielversprechend. BILD: GROHE
Foto: Manfred Grohe

MÖSSINGEN. So spannend war es schon lange nicht mehr. Etliche Fragezeichen gibt es vor der Gemeinderatswahl in Mössingen. Wie verkraften SPD und CDU die Tatsache, dass einige ihrer Stimmenfänger nicht mehr kandidieren? Wie wirkt es sich aus, dass die UB nicht mehr antritt? Kann die FWV vor diesem Hintergrund die absolute Mehrheit erringen? Wie stark wird die Linke, die bisher nur einen Sitz hat, jetzt aber 21 Frauen und Männer auf ihrer Liste hat? Und wie schneiden die Grünen ab, die nur elf Namen aufzubieten haben?

92 Kandidatinnen und Kandidaten für 30 Sitze: Jeder Dritte kommt also rein. Im Moment sind die Freien Wähler mit neun Sitzen stärkste Fraktion, und ihre Ausgangsposition ist auch für diesen Wahlgang vielversprechend. Auf den ersten sieben Plätzen stehen sieben amtierende Gemeinderäte, nur Anja Hirt-Steinhilber und Jürgen Wissenbach treten aus der derzeitigen Fraktion nicht mehr an. »Wir wollten diese beiden auch gern halten«, sagt Fraktionssprecher Wilfried Kuppler, »aber dafür haben wir ja auch zwei gewonnen.«

Führender Kopf der FWV

Der Zuwachs kommt von den Unabhängigen Bürgern (UB), die bisher drei Sitze im Gemeinderat hat, nach zwei Wahlperioden jetzt aber nicht mehr antritt. Fraktionssprecher Andreas Gauger hört ganz auf, aber seine beiden bisherigen Mitstreiter Daniel Steinhilber und Anton Kurilow stehen auf den Plätzen acht und neun der FWV-Liste.

Auf zehn folgt ein neues altbekanntes Gesicht: Marc Eisold. Der Facharzt gehörte viele Jahre zu den führenden Köpfen der Mössinger FWV. Nach einer kommunalpolitischen Pause steigt er jetzt wieder ein. Ein Manko auf der FWV-Liste: nur vier Frauen. »Wir haben viele gefragt, aber in unserem Klientel gibt es eher nicht so viele«, bedauert Kuppler.

Wie kommt Geld rein?

Große Investitionen habe die FWV für die kommenden Jahre nicht im Blick, dafür eine »verantwortungsvolle Haushaltspolitik« als Grundlage. Eher richte man den Blick auf die Frage, wie Geld hereinkommt: »Ein wichtiger Punkt sind Gewerbegebiete in allen Ortsteilen, damit sich neue Betriebe ansiedeln oder bestehende erweitern können. Wie sollen wir das sonst alles stemmen, was auf uns zukommt?« Ganz wichtig aber aus Kupplers Sicht: »Wir dürfen den Hochwasserschutz nicht vernachlässigen, nur weil wir in den vergangenen Jahren Glück gehabt haben.«

Im Gegensatz zur FWV gehört die CDU zu denen, die einen Stimmenfänger verlieren: Der Arzt Dr. Andreas Gammel will nicht mehr, und auch die Fraktionskollegen Dr. Peter Bär, David Herter und Peter Rilling kandidieren nicht mehr. »Das merkt man schon, wenn der Stimmenkönig aufhört«, befürchtet Dr. Eberhard Heinz, der vor einem Jahr für Dirk Abel nachgerückt ist und jetzt hinter Antonia Schmidt auf Platz zwei kandidiert.

Der Arzt Dr. Andreas Gammel kandidiert nicht mehr. FOTOS: PRIVAT
Der Arzt Dr. Andreas Gammel kandidiert nicht mehr. FOTOS: PRIVAT
Der Arzt Dr. Andreas Gammel kandidiert nicht mehr. FOTOS: PRIVAT

Von den sieben derzeit amtierenden Gemeinderäten bleiben noch drei übrig: Neben Eberhard Heinz sind dies Elisabeth Mehl und Jochen Schelling. Dennoch ist der Diplom-Physiker optimistisch: »Wir haben sechs Frauen, auch sehr junge Leute – ein guter Querschnitt der Wählerschaft.«

Facettenreiche Themen

Kinder- und Familienfreundlichkeit stehen für Heinz weit oben auf der Agenda, auch das Thema Sicherheit und Stärkung der Ehrenamtlichen auf allen Ebenen. »Und wir müssen unsere Betriebe unterstützen. Die Stadt kann nur über die Gewerbesteuer Geld einnehmen, damit steht und fällt alles.«

Ähnlich wie bei der CDU wird sich bei der SPD ein spürbarer Wechsel vollziehen. Peter Looser, Fraktionsvorsitzender und seit 40 Jahren im Gemeinderat, tritt nicht mehr an, ebenso wie Konrad Hauser, Stefanie Schumann und Dines Christen. Von der aktuellen Fraktion kandidieren nur Arno Valin auf Platz eins und Jochen Gewecke auf Platz drei. »Wir sind gespannt«, sagt Valin, der überzeugt ist, dass die SPD gut aufgestellt ist mit acht Frauen und und einer großen Bandbreite beim Alter und bei den Berufen.

Auch Peter Looser tritt nicht mehr an.
Auch Peter Looser tritt nicht mehr an. Foto: Privat
Auch Peter Looser tritt nicht mehr an.
Foto: Privat

Wichtig ist, betont Valin, das soziale Miteinander in der Stadt, von der Kinderbetreuung bis zur Versorgung alter Menschen wie in dem geplanten Projekt in Öschingen. Dazu gehöre auch bezahlbarer Wohnraum: »Das ist auch in Mössingen ein Riesenproblem. Deshalb muss die Stadt, wo immer es geht, ihren Einfluss geltend machen, etwa beim Hoeckle-Areal.« Eine zentrale Aufgabe sei auch die Anpassung der Stadtgesellschaft an den Klimawandel. Ohne entsprechende Förderung von Bund und Land werde das aber keine Kommune hinkriegen.

Guter Mix aus Leuten

Von der vierköpfigen Fraktion der Grünen kandidieren Johanna Niethammer und Zohreh Leicht nicht mehr. »Das ist natürlich ein Verlust«, bedauert Fraktionssprecherin Ulrike Hagemann, die wie Susanne Nill erneut antritt, beide auf hinteren Plätzen der Liste mit nur elf Namen. »Wir wollten neue Leute ganz vorn haben und damit zeigen, dass diese sich wirklich engagieren wollen«, erklärt Ulrike Hagemann. »Wir haben einen guten Mix aus Leuten, die aus unterschiedlichen Richtungen kommen.« Dabei ist auch wieder Lea Christen, die schon einmal für die Grünen im Gemeinderat war.

Mit Katharina Matheis und Christin Gumbinger führen zwei Frauen mit jüngeren Kindern die Grünen an, was schon zeigt, dass Kinderbetreuung ein großes Thema ist. »Die macht es den Menschen möglich, zu arbeiten. Es wäre ja schade, wenn in diesen Zeiten Fachkräfte zuhause sitzen«, sagt Hagemann.

Ein weiteres wichtiges Feld ist für die Grünen der Klimaschutz. Konkret heißt das: grüne Flächen in der Stadt erhalten oder schaffen, klimaneutrale Mobilität und lieber die Stadtbahn als die B 27. Ein Ziel: »den Nachhaltigkeits-Check einbauen in unsere Entscheidungen«.

Vielseitige Liste bei den Linken

Claudia Jochen ist im Moment die einzige Vertreterin der Linken im Mössinger Gemeinderat; sie steht auch auf Platz eins. »Wir hoffen aber, dass wir drei Sitze kriegen«, sagt Ursula Reutter, die auf Platz zwei kandidiert. Schließlich habe man eine vielseitige Liste: mit jungen Leuten, mit acht Frauen, mit vielen verschiedenen Berufen. »Bei uns kandidieren etwa zwei Physiker«, betont Reutter, was nicht von Nachteil ist bei technischen Themen wie dem Ausbau der Stromnetze oder der Windkraft.

Wichtige Vorhaben für die Linke sind die Entwicklung der Innenstadt – »wir haben eine Steinwüste im Zentrum, die soll grüner werden« – und das Thema Wohnen, sowohl unter dem Aspekt Leerstand als auch beim Bauen. »Das ist ein ganz wichtiges Thema, gerade für Familien«, erklärt Ursula Reutter. »Wo sollen die wohnen, wenn nur Drei-Zimmer-Wohnungen gebaut werden?«

Auch wenn es die Unabhängigen Bürger nicht mehr gibt, die Zahl der Listen bleibt dennoch gleich, weil die FDP antritt. Ihr Angebot ist allerdings überschaubar: Einziger Kandidat ist der Talheimer Rentner Thomas Kautzsch. (GEA)