KREIS TÜBINGEN. Es muss nicht das Karl-Marx-Monument in Chemnitz, die Siegessäule in Berlin oder Walhalla am bayrischen Bräuberg sein: Schon vor der Haustür finden sich im Tübinger Landkreis Denkmäler, die Besucher in ihren Bann ziehen und einen Blick in die Vergangenheit ermöglichen. Beim bundesweiten »Tag des offenen Denkmals« am Sonntag, 8. September, gibt es rund um die prächtigen Schlösser, versteckten Fachwerkhäuser und fast vergessenen Friedhöfe zahlreiche Veranstaltungen und Angebote in der Region. Zudem bieten im Kreis viele Museen und Kultureinrichtungen spezielle und kostenlose Führungen an. In diesem Jahr steht der Tag unter dem Motto »Wahr-Zeichen. Zeitzeugen der Geschichte«. Eine Übersicht.
Tübingen. Wie man der Tübinger Altstadt ihre Einzigartigkeit erhalten und gleichzeitig zukunftsfähig gestalten kann, erklärt Stadtplanerin Barbara Landwehr in zwei kostenlosen Führungen durch die Altstadt-Gassen. Der frühere Termin beginnt um 11 Uhr, der spätere um 13 Uhr. Die Spaziergänge dauern jeweils eine Stunde. Treffpunkt ist auf dem Marktplatz vor dem Rathaus.
Auch eines der Wahrzeichen der Stadt - der Hölderlinturm - darf im Programm nicht fehlen. Bei zwei kostenlosen Führungen informieren der Kurator der Dauerausstellung im Turm, Thomas Schmidt, und Florian Mittelhammer, Leiter des Museums Hölderlinturm, über die Entwicklung des Gebäudes zum Kulturdenkmal. Ein besonderes Schmankerl: Bei den Führungen können die Teilnehmer die Turmspitze von innen sehen, die normalerweise der Öffentlichkeit nicht zugänglich ist - inklusive einer Vorschau auf die kommende Sonderausstellung. Die jeweils einstündigen Führungen finden um 11 Uhr und 16 Uhr statt. Maximal können 30 Personen pro Führung teilnehmen, eine Anmeldung ist nicht möglich.
Das Tübinger Kepler-Gymnasium wurde in den vergangenen Jahren denkmalgerecht saniert. Seit über 110 Jahren wird es als Schule genutzt. Über den schwierigen Spagat zwischen zeitgemäßer Ausstattung einer modernen Bildungseinrichtung und dem angemessenen Umgang mit der facettenreichen Architektur dieses Kulturdenkmals, informiert Diplom-Ingenieur Marcus Vollmer, der das Projekt geleitet hat. Bei zwei jeweils einstündigen Führungen um 12.30 Uhr und 14.30 Uhr erläutert er zudem die einzelnen Schritte der Sanierung. Eine Anmeldung per Mail ist unter anne.perraudin@tuebingen.de erforderlich. Treffpunkt ist am Schuleingang, Uhlandstraße 30.
Auch auf dem Schloss Hohentübingen bieten das Museum der Universität Tübingen MUT und das Museum Alte Kulturen ein breites, kostenloses Sonderführungsprogramm an. Auftakt ist um 11 Uhr (und noch einmal um 14 Uhr) bei einer großen Schloss- und Museumsführung mit Direktor Ernst Seidl, bei der alles, was es auf dem Schlossgelände so gibt, besichtigt und erklärt wird. Wer sich nur für das Schloss interessiert, kann Führungen um 12 Uhr und 16 Uhr besuchen. Um 15 Uhr haben Kulturfreunde die Qual der Wahl: Es werden sowohl eine Führung über die Tübinger Pfalzgrafen als auch eine große Museumsführung angeboten, bei der eines der ältesten Kunstwerke der Menschheit bestaunt werden kann. Treffpunkt ist in allen Fällen an der Museumskasse. Anmeldungen sind bei keiner Veranstaltung vorgesehen.
In der ehemaligen Kappelle des Bebenhäuser Pfleghofs können Besucher jeweils zur vollen Stunde zwischen 11 und 15 Uhr in den Genuss eines Kurzvortrags über die Geschichte des Gebäudes und eines anschließenden Orgelkonzerts kommen. Von 11.30 Uhr bis 15.30 Uhr werden kostenlose Führungen durch die Instrumentensammlung des musikwissenschaftlichen Instituts angeboten. Die Konzerte sind auf 45 Personen und die Führungen auf 20 Teilnehmer beschränkt. Eine Anmeldung ist nicht notwendig.
Jörg Widmaier, Hauptkonservator des Landesamts für Denkmalpflege, erläutert um 14 Uhr die Vielschichtigkeit des Denkmals auf der Eberhardshöhe, das zu Ehren der gefallenen Angehörigen der Universität Tübingen während des Ersten Weltkriegs errichtet wurde. Treffpunkt ist an der Spemannstraße.
Um 15 Uhr geht Diplom-Restaurator Fabian Schorer auf die Geschichte und die Konservierungsschritte der Ochsenmauer ein. Die Führung startet in der Paul-Ehrlich-Straße 30.
Ofterdingen. Auch in diesem Jahr öffnet die Ofterdinger Mühle am Tag des offenen Denkmals. Seit über 700 Jahren steht das mittelalterliche Wirtschaftsgebäude an Ort und Stelle, und noch heute sind Hölzer verbaut, die auf das Jahr 1420 datiert sind. Während der Führungen um 11 Uhr, 13 Uhr und 15 Uhr erleben Besucher des Müllers Tagewerk in Aktion, denn der Mahlbetrieb ist Teil des Veranstaltungstages. Zudem wird es Kaffee, Kuchen und Getränke geben. Auch ohne Führung kann die Mühle von 11 bis 17 Uhr besucht werden. Der Eintritt ist frei, um Spenden wird gebeten.
Kusterdingen. In Wankheim ist der Jüdischer Friedhof am Sonntag von 11 bis 16 Uhr frei begehbar. Die Vorstandsmitglieder des Fördervereins für jüdische Kultur in Tübingen, Jörg Walter Karl und Werner Kemmler, bieten um 11 und 14 Uhr zwei mit Anekdoten und Fachwissen gespickte Rundgänge an. Mit Beiträgen über jüdisches Brauchtum, jüdische Küche und verschiedene jüdische Feste, gehen die Themen deutlich über den Friedhof hinaus, rein in den jüdischen Alltag in Wankheim und Tübingen.
Mössingen. Drei kostenlose Veranstaltungen werden am Tag des offenen Denkmals in Mössingen angeboten. In der Pausa Tonnenhalle können Interessierte um 14 Uhr die große Jubliäums-Ausstellung »1250 Jahre Mössingen ... und mehr« mit einer begleitenden Führung erkunden. In der Talheimer Bergkirche werden von 15 bis 17 Uhr die Emporentafeln des »Königs von Talheim« ausgestellt, die sich seit der Renovierung in den 60er Jahren nicht mehr in der Kirche befinden. Der Mössinger Historiker Dennis Schmidt wird zu den Holztafeln um 15.30 Uhr einen Vortrag halten. Ebenfalls um Holz geht es bei einer Führung im Holzschnittmuseum Klaus Herzer um 15 Uhr, die durch die Ausstellung »Grenzerfahrungen« führt.
Rottenburg. Unter der Führung des Sülchgauer Altertumsvereins Rottenburg werden am 8. September Interessierte durch den denkmalgeschützten Amannhof und das zugehörige Museum geleitet. Der Eintritt ist an diesem Tag kostenlos, was ebenfalls für das Sülchgau-Museum in der Zehntscheuer gilt. Dort wird um 16 Uhr eine Führung angeboten. Um die antiken Götter der Römer und Kelten soll es bei zwei ebenfalls kostenlosen Führungen um 14 und 15 Uhr im Römischen Stadtmuseum Rottenburg gehen, deren Welten sich auf Statuen, Reliefs und Grabsteinen entfaltet. Treffpunkt ist das Lapidarium im Stadtgraben vor dem Museum.
Hechingen. Auch in Hechingen ist am Tag des offenen Denkmals viel los. In der klassizistischen Stiftskirche St. Jakobus, dessen Vorgängerbau bis ins 15. Jahrhundert zurückgeht, wird um 14 und 16 Uhr jeweils eine Führung angeboten. Zusätzlich wird die Fürstengruft, in der die Grafen und Fürsten von Hohenzollern-Hechingen ruhen, für drei Stunden von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Die Grablege ist separat von außen in der Kapfgasse zu betreten. Zwei Stadtführer stehen für Fragen und Antworten parat.
Das 1789 erbaute Lustgartenhaus Villa Eugenia in der Zollernstraße 10 hat den Nachmittag über von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Kaffee und Kuchen gibt's während dieser Zeit in der Rotunde. Um 15 und 16 Uhr werden Führungen im ehemaligen Wohnsitz des letzten regierenden Fürstenpaars von Hohenzollern-Hechingen durch den Förderverein angeboten. Kunstfreunde können sich auf die Vernissage der Ausstellung »Holzwege« um 14 Uhr freuen, mit Holzschnitten und Aquarellen von Heiner Bauschert und Holzskulpturen von Sonya Braun.
Auch in den umliegenden Hechinger Stadteilen, die in den 70ern eingemeindet wurden, öffnen viele Kirchen und Kappellen ihre Pforten. In Boll hat die Wallfahrtskirche Maria Tell, deren Glocke aus dem 12. Jahrhundert ist, von 12 bis 17 Uhr geöffnet. Der Öffnungsdienst versorgt Interessierte mit reichlich Infomaterial. Die Friedhofskirche in Schlatt, die im 14. Jahrhundert erbaut wurde, hat ein wenig länger, von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Eine Führung gibt's um 15 Uhr. Zum Tagesausklang wird eine Andacht um 17 Uhr abgehalten. In Stetten ist die Klosterkirche St. Johannes von 9 bis 17.30 Uhr begehbar. Um 13.30 und 15.30 Uhr werden Führungen angeboten, die auch den Klostergarten und -keller mit abdecken. Zudem gibt's ab 13 Uhr Kaffee, Kuchen und Getränke, und auch Skulpturen des Bildhauers Manfred Welzel sind an diesem Tag im Klostergarten ausgestellt. In Weilheim hat die Urbanskappelle von 11 bis 18 Uhr geöffnet, mit einer Führung um 14.30 Uhr. Die ausgestellten Plastiken und Bildwerke gehen bis ins 15. Jahrhundert zurück. (GEA)