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Aktuell Streuobst

Das Gomaringer Kirchholz hat jetzt eine Schäferin

Annika Schlageter pflegt mit ihren Schafen die Streuobstwiesen im Gomaringer Kirchholz. Hier berichtet sie, wie es dazu kam.

Annika Schlageter und ihre Schafe
Annika Schlageter und ihre Schafe Foto: Irmgard Walderich
Annika Schlageter und ihre Schafe
Foto: Irmgard Walderich

GOMARINGEN. Mit einem Schafbock hat es begonnen. Annika Schlageter kaufte das Tier zu Coronazeiten. Wenig später kam ein Flaschen-Lämmchen dazu. Das Tier war nach dem Scheren von seiner Mutter nicht mehr angenommen worden. Bei der Gomaringerin und ihrer Familie fand es eine neue Heimat. Mittlerweile hat Schlageter 16 Schafe. Ihre Tiere pflegen die Streuobstwiesen auf dem Kirchholz. Es ist ein perfektes Zusammenspiel mit den Grundstücksbesitzern, sagt Schlageter. Die Tiere bekommen Futter, die Gütlesbesitzer müssen nicht mehr mähen. Das kann Hans-Christof Kern nur bestätigen: »Es ist ein sehr gutes Miteinander.«

Das Kirchholz ist ein besonderer Ort in Gomaringen. Geht man über die Wiesen, ist vom nahe gelegenen Dorf nichts mehr zu sehen. Eine kleine Streuobstidylle erstreckt sich von Hinterweiler bis zum Gewerbegebiet Brühl. Da grasen die Schafe von Schlageter. Es sind Coburger Füchse, ein Merino- und ein Steinschaf sind auch darunter. Alte robuste Rassen, die anspruchslos sind, aber dennoch gutes Futter wollen. Sie finden es auf den Wiesen am Kirchholz.

Drei Mal im Jahr geht die Schäferin mit ihnen über das Gebiet. Mit den Eigentümern hat sie nach und nach Kontakt aufgenommen. Die Absprache ist einfach: »Wir sind für das Mähen zuständig, die Eigentümer pflegen die Bäume.« Im Herbst zur Erntezeit macht Schlageter eine Pause. Die Gütlesbesitzer sollen in Ruhe ihre Obst von den Wiesen holen können.

»Reich werde ich nicht, aber die Schafe bereichern uns«

Damit die Schafe nicht auf die Idee kommen an den Apfelbäumen zu knabbern, schützt die 41-Jährige die Stämme. Ansonsten fühlen sich die Tiere offensichtlich wohl unter dem Blätterdach. Rund um einige Stämme ist das Gras weg. Auch für die Bäume ist es gut, als Rastplatz zu dienen: Sie werden gleichzeitig gedüngt. Die Wiesen profitieren ebenfalls von der natürlichen Art der Pflege. Es treten wieder vermehrt Blühpflanzen auf, die Artenvielfalt nimmt zu.

Schlageter hat eigentlich Einzelhandelskauffrau gelernt. Als sie Kinder bekam, suchte sie sich eine Betätigung, die sich mit der Familie gut verbinden lässt. Die hat sie nun gefunden: »Die Schafe kamen zu mir. Ich bin da so reingerutscht.« Mittlerweile hat sie sich viel Fachwissen angeeignet. Rat holt sie sich von einem befreundeten Wanderschäfer und einer Tierärztin. Der elfjährige Sohn unterstützt seine Mutter beim Mähen. Die Schafe sind Feinschmecker. Saure Gräser und Baumschösslinge lassen sie stehen. Das muss am Ende abgemäht werden.

Betritt die Schäferin die Koppel, kommen die Tiere angerannt.
Betritt die Schäferin die Koppel, kommen die Tiere angerannt. Foto: Irmgard Walderich
Betritt die Schäferin die Koppel, kommen die Tiere angerannt.
Foto: Irmgard Walderich

»Reich werde ich nicht, aber die Schafe bereichern uns«, beschreibt Schlageter ihre selbst gefundene Tätigkeit. Es ist eine Arbeit mit der Natur und den Jahreszeiten. Im Frühjahr koppelt sie jeden zweiten Tag um. Täglich müssen die Schafe mit Salz, Wasser und Mineralfutter versorgt werden. Erst sprießen die Wiesen noch langsam. Dann beginnt die Wachstumsphase. »Im Mai und Juni denkt man, man schafft die Fläche nicht.« Bis Ende August müssen die Wiesen gemäht sein. Wird es im Sommer zu heiß, spannt sie Tücher auf für ihre Tiere. Im Winter hat sie ein Weidezelt am Rand des Kirchholzes.

Besonders aufregend ist immer der 1. Mai für die Gomaringerin. Dann werden die Schafe geschoren, sofern das Wetter mitmacht. Das Produkt, die Wolle, hat aber nur noch wenig Wert. Die Gomaringer verwendet sie teilweise selbst zum Filzen, der große Rest wird zu Pellets verarbeitet. Wertvoller ist das Fleisch. Das gibt es bei ihr auf Bestellung. Sie lässt die Schafe in einem Schlachthof auf der Alb schlachten. Ihre Tiere begleitet sie bis zum Schluss. (GEA)