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Connect-Festival: Weniger Auflagen in Tübingen?

Das Connect-Festival auf dem Listhof in Reutlingen wurde in diesem Jahr abgesagt, die Veranstalter beklagen zu hohe Auflagen. Und betonen, dass in Tübingen einst alles leichter war.

Das Festival fand 2018 in Münsingen statt.
Das Connect-Festival fand 2018 in Münsingen statt. Foto: Joachim Baier
Das Connect-Festival fand 2018 in Münsingen statt.
Foto: Joachim Baier

TÜBINGEN/REUTLINGEN. Das Connect-Festival, das am vergangenen Wochenende auf dem Listhof in Reutlingen stattfinden sollte, ist kurzfristig abgesagt worden. An den beiden Veranstaltungstagen seien etwa 1.000 Besucher erwartet worden, so die Veranstalter. Die Bandbreite des Programms hätte Pop- bis Techno-Musik, Kultur- und Kinderprogramm sowie Workshops beinhaltet. Die Auflagen von Polizei und Ordnungsamt seien unverhältnismäßig gewesen, so die Veranstalter. Die Polizei begründet die geplanten Kontrollen unter anderem mit jeweils mehr als 20 festgestellten Vergehen gegen das Betäubungsmittelgesetz bei vergangenen Festivals. Der Festival-Veranstalter hat mehrfach der Presse gegenüber betont: Als das Connect-Festival noch in Tübingen stattgefunden hatte, habe es weniger Kontrollen und weniger Auflagen gegeben. Alles sei einfacher gewesen. Ist das wirklich so? Der GEA hat nachgefragt.

Früher hätte ein einfaches Formular gereicht

»Bei der ersten Veranstaltung in der Tübinger Wagenburg 2016 hat ein einfaches Formular für die Genehmigungsunterlagen gereicht«, sagt Immanuel Nagel aus dem Team. Bei späteren Auflagen sei deutlich mehr verlangt worden, wie etwa Lärmschutzgutachten. Doch das ist nicht der einzige Punkt, den er kritisiert. Die Organisatoren wollten in diesem Jahr den Passus »uneingeschränkter Zutritt der Polizei auf das Gelände« aus dem Sicherheitskonzept streichen lassen. Doch dieser Passus ist nicht neu. Er findet sich schon in der Vereinbarung aus dem Jahr 2017, als das Festival noch in Tübingen stattfand.

Vonseiten der Pressestelle der Stadt Tübingen heißt es im Wortlaut: »Den zuständigen Mitarbeitern der Fachabteilung Ordnung und Gewerbe sowie Einsatzkräften (Polizei, Rettungsdienst, Feuerwehr) ist jederzeit zur Überwachung der Veranstaltung Zutritt auf das Veranstaltungsgelände zu ermöglichen.« Ob die Polizeibeamten uniformiert oder nicht uniformiert sind, ist an dieser Stelle nicht erfasst. Über die Anzahl der Beamten, die bei den Kontrollen des Festivals im Einsatz waren oder gewesen wären, macht die Polizei keine Angaben. Sie schlüsselt auch nicht auf, ob diese uniformiert oder nicht uniformiert gewesen sind. Polizeisprecherin Andrea Kopp begründet das mit taktischen Gründen.

Die eintägige Veranstaltung sei 2016 mit 1.000 Gästen deutlich kleiner gewesen als beispielsweise in Münsingen 2018, so Nagel. Das Fest auf der Alb hatte eine ganz andere Größenordnung. Hier feierten etwa 2.000 Besucher drei Tage lang. Nagel empfand auch damals schon, dass »überverhältnismäßig viele Polizisten vor Ort« gewesen seien. »Reutlingen hat halt ein höheres Sicherheitsbedürfnis«, schätzt er. Dass er und sein Team ein Sicherheitskonzept einreichen mussten, habe er damals aufgrund der Größe der Veranstaltung eingesehen.

2019 fand das Connect-Festival auf dem Listhof in Reutlingen statt. Mit etwa 1.000 Besuchern und nur einem Tag sei das Festival in der Größenordnung der Anfangsjahre gewesen. Dennoch seien ähnlich hohe Vorgaben wie bei der deutlich größeren Auflage 2018 in Münsingen eingefordert worden. Etwa die Forderung nach einem Lärmschutzgutachten, obwohl es keine Anwohner in der näheren Umgebung gibt, so Nagel. »Wir sind alle ehrenamtlich tätig. Das ist ein immenser Aufwand«, gibt er zu bedenken. Er empfand auch, dass »überverhältnismäßig viele Polizisten vor Ort« gewesen seien. »Gäste, die sich nur eine Zigarette gedreht haben, wurden von der Tanzfläche heruntergezogen und kontrolliert.«

Festival wurde nicht jedes Jahr kontrolliert

Drogenkonsum, Drogenhandel, Fahren unter Alkohol- und Drogeneinfluss hat es bei allen Festival-Auflagen gegeben. Bereits 2016 waren es 20 Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz, heißt es vonseiten des Polizeipräsidiums Reutlingen. Beim zweiten Connect-Festival 2017 habe die Polizei nicht kontrolliert. »Wir kontrollieren nicht immer alle Festivals«, sagt Andrea Kopp. »Eine Kontrolle bedeutet auch nicht, dass die Polizei über den gesamten Zeitraum anwesend ist, sondern der Lage angemessen.« Sie könne generell nicht sagen, ob die Anzahl der Drogen-Delikte beim Connect-Festival oder auch auf anderen Festivals dieser Art gestiegen sei: »Mehr Kräfte finden auch mehr heraus.« Das bewirke eine Verschiebung vom »Dunkel- ins Hellfeld«.

Vorgespräche führten zu keinem Kompromiss

Im Vorfeld zum geplanten Festival in diesem Jahr war das ehrenamtlich tätige Team mit dem Reutlinger Ordnungsamt und der Polizei ins Gespräch gegangen, wie das bei Veranstaltungen üblich ist. Ohne einen Kompromiss zu finden. »Über die Jahre sind die Fronten verhärtet. Das Vertrauensverhältnis ist auf beiden Seiten geschwächt. Wir konnten die gegenseitige Position nicht nachvollziehen«, so Nagel.

Ein Knackpunkt bei den Forderungen des Veranstalters: Sie wollten keine uniformierten Polizisten auf dem Festgelände. Dieser Forderung wurde vonseiten der Polizei und des Ordnungsamtes nicht nachgegangen: »Uniformierte Polizei ist von weitem erkennbar. Missverständnisse werden so vermieden«, sagt Kopp. Auch aus der Erfahrung heraus würden sie gerade beim Connect-Festival eingesetzt. In einem Statement schreibt Kopp: »Eine Mitarbeiterin eines vom Veranstalter eingesetzten Sicherheitsdienstes, musste 2019 in Reutlingen unter anderem wegen Verdachts des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte zur Anzeige gebracht werden. Ihr war vorgeworfen worden, einen Beamten des zivilen Kontrollteams im Wissen um seine Eigenschaft als Polizist attackiert zu haben. Das Verfahren endete mit einem rechtskräftigen Strafbefehl. Der Darstellung der Veranstalter, es habe sich um ein Missverständnis gehandelt hat, widersprechen wir daher in aller Deutlichkeit.«

»Die Polizei schaut sich vor den Einsätzen immer genau die Lage an. Ein Punkt sind auch die Erfahrungen der Vergangenheit. Wir reagieren maßgeschneidert. Wir wollen auch nicht zu viele Kräfte unnötig einsetzen und das Ganze nicht aufblähen«, betont Kopp. Es sei eine übliche Auflage, dass die Polizei bei Festivals uneingeschränkt Zutritt habe.(GEA)