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Aktuell Zeitgeschichte

Ausstellung in der Mössinger Pausa endet Sonntag mit Führung

Der in Mössingen ansässige Löwenstein-Forschungsverein verknüpft drei historische Fäden miteinander: Die Geschichte der jüdischen Familie Löwenstein, die der Textilfabrik Pausa und die des Mössinger Generalstreiks. Am 4. Juli eröffnete der Verein eine Ausstellung in der Pausa, die noch bis zum 31. Juli geöffnet ist. Am Sonntag um 16 Uhr bietet der Verein eine kostenlose Führung an.

Jacqueline Cowley, Ann Angel (neben einem Portrait ihrer Mutter Doris Angel) und Anita Poulman (von links), alle drei Nachkommen
Jacqueline Cowley, Ann Angel (neben einem Portrait ihrer Mutter Doris Angel) und Anita Poulman (von links), alle drei Nachkommen der Löwenstein-Familie sprachen während der Ausstellungs-Matinee letzten Sonntag. Foto: Foto: Michael Sturm
Jacqueline Cowley, Ann Angel (neben einem Portrait ihrer Mutter Doris Angel) und Anita Poulman (von links), alle drei Nachkommen der Löwenstein-Familie sprachen während der Ausstellungs-Matinee letzten Sonntag.
Foto: Foto: Michael Sturm

MÖSSINGEN. »Wir zeigen, was wir seit 2007 gefunden, erforscht, gelernt haben«, sagte Welf Schröter, gemeinsam mit Irene Scherer Vorstandsmitglied des Löwenstein-Forschungsvereins Mössingen, über die aktuelle Ausstellung in der Pausa. Ihm sei wichtig zu erkennen, dass die Geschichten der Löwensteins, ihrer Firma und die des Generalstreiks im Ort am Tag nach Hitlers Machtantritt in einen gemeinsamen Kontext gehören.

Mit der Ausstellung möchte der Verein auch die Erinnerung an vier jüdische Frauen frisch halten, welche die Geschichte der Pausa maßgeblich geprägt haben. Zum einen die Modejournalistin Lily Hildebrandt. Zum anderen drei Designerinnen: Ljuba Monastirskaja, die zweieinhalb Jahre die Design-Abteilung der Pausa leitete. Lisbeth Oestreicher, die als einzige der drei das Nazi-Regime überlebte. Und Friedl Dicker-Brandeis, die vor 80 Jahren im KZ Auschwitz starb.

Pausa profitierte von Absolventinnen der Bauhaus-Schule

Diese drei Frauen hatten an der weit gerühmten Kunstakademie Bauhaus studiert. Von dort brachten sie nicht nur Anregungen für Entwürfe mit zur Mössinger Weberei und Textildruckerei. Mit ihnen zog gleichermaßen eine neue Arbeitskultur ein: Während andernorts noch jener Kasernenton zu hören war, der aus dem wilhelminischen Kaiserreich herrührte, wurden in der Pausa flache Hierarchien eingeführt. Die drei Designerinnen saßen zu Mittag mit den Facharbeiterinnen und Facharbeitern auf Augenhöhe an einem Tisch.

Aus dieser Arbeitskultur heraus entstand dann auch jenes Flugblatt, das zum Mössinger Generalstreik am Tag nach Hitlers Machtergreifung aufrief, dem letztlich rund 800 Menschen folgten. Schließlich führt die Ausstellung die Spuren dieses Generalstreiks zusammen. Welf Schröter betonte: »Das Zustandekommen des Mössinger Generalstreiks ist ohne Berücksichtigung der erkennbaren jüdischen Spuren nicht wirklich verstehbar.«

Kontakte zu den Nachkommen der Löwenstein-Familie nach wie vor intensiv

Für die Mitglieder des Vereins sind daher die Kontakte zu den Nachkommen der Firmengründer besonders berührend. Deren Kinder Doris Angel (1924 – 2019) und Harold Livingston (1923 – 2014) besuchten Mössingen ab 2009 mehrmals. Harold wäre letzten November 100 Jahre alt geworden, Doris im Oktober dieses Jahres. Zu deren Nachkommen besteht fester Kontakt: Doris‘ Tochter Ann Angel und weitere Verwandte besuchten die Ausstellung am letzten Wochenende, im Beisein von Mössingens Oberbürgermeister Michael Bulander und Kreisrat Joachim Walter.

Die Ausstellung ist beweglich und bewegbar. Die einzelnen Themen und Porträts der Protagonistinnen und Protagonisten sind auf große, zusammenrollbare Banner gedruckt. Damit, so Welf Schröter, möchte der Löwenstein-Forschungsverein gerne an Schulen gehen: »Schulleiter sollen sich melden, wir kommen gerne!« (GEA)