Schon als Teenager hat Lena Heutjer ihre Begeisterung für die Arbeit der Helfer in Rot entdeckt.
Im Alter von fünfzehn Jahren tritt sie bei der Jugendfeuerwehr ein, nachdem die Mössinger Wehr Schülern am Quenstedt-Gymnasium demonstriert hatte, was im Ernstfall zu tun ist. Berührungsängste mit der männerdominierten Domäne hatte sie nicht, gehörten doch auch zwei ihrer Cousins zu den Ehrenamtlichen. Nie, so sagt sie, hat sie sich als Exotin unter lauter Männern gefühlt. »Wir sind uns immer auf Augenhöhe begegnet und haben Respekt voreinander.« Wichtig sei es einfach, Lust mitzubringen. »Man muss signalisieren: ›Ich will dazugehören‹.« Unerlässlich, so weiß sie, ist eine Begeisterung für Technik, die Fähigkeit, mehrere Aufgaben zeitgleich meistern zu können, und körperliche Belastbarkeit. »Man muss sich, wie die Männer auch, fit halten«, erklärt sie mit Blick auf den 25 Kilo schweren Schutzanzug, in den sie hin und wieder schlüpfen muss. »Aber das kriegt man hin.«
Die 30-Jährige, die nach dem Abitur ein freiwilliges soziales Jahr beim ASB-Rettungsdienst in Tübingen gemacht hat und sich später zur Gesundheits- und Krankenpflegerin hat ausbilden lassen, engagiert sich besonders in der San-Gruppe der Wehr, deren Mitglieder als Sanitätshelfer kompetente Ersthilfe am Unfallort garantieren und den Rettungsdienst bei seiner Arbeit unterstützen.
Ob eine Frau das besonders gut kann? »Vielleicht sind sie einfühlsamer und mehr multitaskingfähig«, überlegt sie, um dann doch abzuwinken. Vom Klischees-Wälzen hält Lena Heutjer nichts. »Jeder bringt sich einfach mit seinen Stärken ein.«
»Das ist Teil von meinem Leben und hat mich geprägt«Der Ausbildungsweg ist für alle derselbe: Nach der Grundausbildung lernt man erst Truppmann, später Truppführer zu sein. Es folgt die Einführung in den Sprechfunk und Atemschutz. Die Leistungsabzeichen in Bronze, Silber und Gold, bei denen Standardabläufe trainiert werden, haben für Heutjer schließlich Routine ins anspruchsvolle Geschäft gebracht. »Bei einem schweren Unfall auf der B 27 dabei zu sein – das schüttelt man nicht so einfach mal aus dem Ärmel.« Bisheriger Höhepunkt in ihrer Feuerwehrkarriere war der Besuch im International Safety Center (RISC) in Rotterdam, einem großflächigen Trainings- und Übungszentrum für Löscheinsätze, im vergangenen Jahr. »Man wächst mit den Aufgaben«, sagt Heutjer, die sich inzwischen Hauptfeuerwehrfrau nennen darf.
Das Größte am Feuerwehrfrau-Dasein – oder wie es offiziell inzwischen heißt: Feuerwehrangehörigen-Dasein – ist für die junge Frau aber der Zusammenhalt der Truppe, oder, wie sie es nennt: die Kameradschaft. Jede Woche wird im Training gelernt, zusammenzuarbeiten, »blindes Vertrauen ist wichtig«. Darüber hinaus zählt manch einer aus der Wehr zu Lena Heutjers besten Freunden. »Kameradschaft fürs Leben«, so sagt sie, hat sie hier gefunden.
Und die zeigte sich in ihrer schönsten Form gleich zu Beginn ihrer Feuerwehrlaufbahn: Als sie nach einem Unfall bei der Ausbildung verletzt in der BG Klinik in Tübingen lag, rückte fast die ganze Truppe zum Krankenbesuch an, einen von allen Feuerwehrmännern signierten Helm unterm Arm. »Man wächst einfach zusammen«, zeigt sie sich angetan. Eine Zukunft ohne das aufwendige Hobby kann sich Lena Heutjer im Moment nicht vorstellen. »Das ist Teil von meinem Leben und hat mich geprägt.«
Da wundert es nicht, dass sie fleißig die Werbetrommel für die Brandbekämpfer rührt. Über weibliche Unterstützung, die über die drei Mädchen in der Jugendfeuerwehr hinausgeht, würde sie sich freuen. »Es lohnt sich«, versichert sie. (GEA)
57 FRAUEN BEI DEN FEUERWEHREN IM LANDKREIS TÜBINGEN
Während die Feuerwehr in Mössingen zumindest eine Frau in ihren Reihen hat, müssen die Wehren in Gomaringen und Bodelshausen ganz ohne weibliche Verstärkung auskommen. Spitzenreiter ist Nehren mit sechs Feuerwehrfrauen –
da kann auch Ofterdingen mit seinen zwei weiblichen Mitgliedern nicht mithalten. Die fünf Gemeinden bilden zusammen den Löschbezirk Mössingen.
Mehr weibliches Personal gibt es in den Löschbezirken Tübingen und Rottenburg, wie Kommandant Bernd Strohmaier weiß. Im Bezirk Tübingen, zu dem neben der Uni- stadt auch Ammerbuch, Dußlingen, Kusterdingen, Kirchentellinsfurt und Dettenhausen gehören, gibt es insgesamt 30 Feuerwehrfrauen, im Löschbezirk Rottenburg sind es 18. (hai)