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»Wir sind Menschen wie ihr auch«

REUTLINGEN. Menschen, die oft nicht akzeptiert werden, weil sie im Alltag körperlich eingeschränkt sind, hat ein ZmS-Team von einer ganz neuen Seite kennen gelernt.

»Bist du behindert?«, fragt einer den anderen verächtlich und bringt damit vieles zum Ausdruck. Für ihn ist behindert gleich bedeutend mit unnormal oder einfach dumm. ZmS-ler wollten sich selbst einen Eindruck über wirklich behinderte Menschen verschaffen und besuchten deshalb die Berufliche Heimsonderschule (BHS) der KBF in Reutlingen.

Unsicherheit völlig unbegründet

Sehr unsicher, ob sie nichts falsch machen würden, waren die Nachwuchsschreiber als erstes im angeschlossenen Internat der Schule. Sie merkten schnell, dass ihre Angst gar nicht nötig war, da ihnen die Bewohner aufgeschlossen und freundlich entgegenkamen. »Wer freundlich zu uns ist, dem geben wir die Freundlichkeit zurück«, sagte ein Schüler. Im Internat leben die Woche über etwa 45 Körperbehinderte in sechs Wohngruppen, eine davon ist die »Sprungbrettgruppe« für Leute, die irgendwann auch selbstständig leben wollen.

Verschiedene Projekte

In ihrer Freizeit können sie an verschiedenen Projekten teilnehmen. Angeboten wird unter anderem eine Mädchengruppe, ein Schweißprojekt und seit kurzem das Bandprojekt »Abnormal«. Aber auch ganz »normale« Aktivitäten wie in Discos tanzen gehen unternehmen die Jugendlichen in Begleitung ihrer Betreuer und der Zivis. Aber es gibt ja nicht nur Freizeit. Die BHS bietet drei Ausbildungsgänge - Hauswirtschaftliche Helfer, Metallfeinarbeiter und Bürofachhelfer - die in einer Übungsfirma als betriebliche Ausbildung erlernt werden.

Daneben gibt es noch das Berufsvorbereitungsjahr, in dem sich alle Schüler in allen drei Bereichen orientieren können, um dann zu entscheiden, welcher Beruf für sie geeignet ist. Wobei da auch die körperliche Einschränkung mitentscheidet, da ein Rolli-Fahrer zum Beispiel nicht im Metallbereich arbeiten kann. Während des Vorbereitungsjahrs haben die Jugendlichen auch allgemein bildenden Unterricht, in der Ausbildung Berufschulunterricht.

Aber hier sind die Klassen sehr viel kleiner als an »normalen« Schulen. Die Klasse, die das ZmS-Team besuchte, bestand nur aus sechs Schülern, so dass die Lehrer auf die einzelnen Personen sehr viel besser eingehen können. Aufgrund der Schwere der Behinderung sind viele auch viel langsamer. Zum Beispiel beim Schreiben, obwohl sie nicht anders denken als Nicht-Behinderte. Sie sind auch froh, wenn der Pausengong ertönt oder in der Ausbildung »Feierabend« ist.

Sie freuen sich auch drauf, in die Stadt zu gehen oder ins Kino. Reutlingen bietet aber nicht immer behindertengerechte Räume. Das Kino 7 der Planie bleibt für Rolli-Fahrer unerreichbar, da es keinen Aufzug gibt. Schwierig, so war zu hören, wird es auch, wenn ignorante Mitmenschen die Jugendlichen wegen ihrer Behinderung angreifen, ihnen den Zutritt zu manchen Discos verwehren.

Verletzende Respektlosigkeit

Einige Stadtbus-Fahrer verhalten sich angeblich ähnlich respektlos - die Betroffenen ziehen sich dann in aller Regel zurück. Nur wenige sind wirklich selbstbewusst und können auch Kontakte zu Nicht-Behinderten aufbauen. Die anderen haben Angst, zurückgestoßen zu werden. Vor allem weil sich solche Vorkommnisse immer wieder häufen. Die ZmS-ler haben erlebt, welch liebenswerte Menschen sich hinter äußerlich ungewohnten Fassaden verstecken - einfach Jugendliche.

»Wir sind Menschen wie ihr auch«, sagte ein Mädchen, das den Nachwuchsschreibern Rede und Antwort stand. Für den journalistischen Nachwuchs war diese Begegnung sehr beeindruckend. Es wurden sogar Freundschaften geschlossen. (ZmS)



Christina Trudel, Sarah Schmidt, Katja Kosiol, Svenja Mayer und Lisa Scheck Hauff-Realschule Pfullingen, Klasse 9d