Man könnte meinen, dass die Familie glücklich war. Doch als Roma und Albaner wurden sie in Serbien verfolgt. Deshalb beschlossen die Eltern, in Belgien ein neues, besseres Leben zu beginnen. Allerdings wurden sie bitter enttäuscht: Sie durften in Belgien bleiben, aber der jungen Familie wurde keinerlei Hilfe angeboten. Sie blieben sechs Monate lang in Belgien, bevor sie ihr Glück in Holland, Schweden, Deutschland und in der Schweiz suchten. Aber sie wurden immer nach Belgien zurückgeschickt. Dies war das erste Land, in dem sie Asyl beantragt hatten.
Die Familie blieb zwischen zwei und drei Monaten in jedem Land, bevor sie weiterreiste. Die Kinder durften trotz ihres schulpflichtigen Alters in dieser Zeit nicht die Schule besuchen. Letztendlich landeten sie wieder in Belgien, von wo sie 2014 zurück nach Serbien abgeschoben wurden. Dort blieb die Familie sechs Monate. Allerdings durften die Kinder dort wieder nicht in die Schule und die Eltern nicht mehr arbeiten, da sie vier Jahre nicht im Land gewesen waren und inzwischen als Staatsfeinde galten.
Weil die Eltern nur die beste Schulbildung für ihre Kinder wollten, flüchteten sie erneut nach Deutschland. Die Flucht in einem Minibus dauerte einen Tag und die Familie reiste mit einem Fahrer. Sie konnten insgesamt nur einen Koffer mitnehmen und die Kleidung, die sie zu diesem Zeitpunkt trugen.
»Es war sehr schwierig, mit so vielen fremden Menschen zusammenzuleben«Miranda freute sich, nach Deutschland zu kommen, doch sie hatte auch große Angst. Sie hoffte auf eine bessere Zukunft. Da Miranda noch klein war und sich nicht mehr an ihr altes Leben erinnern möchte, verdrängt sie sehr viel von ihrer Flucht. Ihre Mutter berichtete uns allerdings, dass Miranda während der Fahrt sehr viel weinte. Miranda selbst sagt: »Es war sehr schwierig für mich, mit so vielen fremden Menschen zusammenzuleben.«
Die Familie meldete sich erst in Karlsruhe in der großen Erstaufnahmestelle und wohnte zwei Monate in einer Turnhalle. Dort lebten Menschen aus den unterschiedlichsten Nationen auf engstem Raum, was für Miranda sehr belastend war. Nach diesen zwei Monaten kam die Familie nach Betzingen in ein Asylwohnheim, in dem auch die unterschiedlichsten Kulturen aufeinanderprallten. Die sechsköpfige Familie teilte sich dort zehn Monate lang ein Zimmer. Die Kinder konnten die Schule besuchen und die Eltern hatten einmal pro Woche zwei Stunden Deutschunterricht. Miranda war erst in der Vorbereitungsklasse für Flüchtlinge, in der sie Deutsch lernte. Ihr Deutsch ist heute sehr gut – wir konnten uns gut mit ihr verständigen. Miranda geht jetzt in die vierte Klasse. Ihrem Alter entsprechend sollte sie die siebte Klasse besuchen.
Seit 3. September dieses Jahres wohnt die Familie nun in einer Vier-zimmerwohnung in Walddorfhäslach. Die Möbel haben sie geschenkt bekommen. Die Familie hat keinen Festnetzanschluss, sondern teilt sich ein Handy. Anstatt eines Autos besitzt jeder von ihnen ein Fahrrad. Einkaufen gehen sie zu Fuß und in die Stadt mit dem Bus. In Walddorfhäslach besucht Mirandas Mutter nun zweimal pro Woche einen Deutschkurs. Trotzdem spricht Miranda zu Hause mit ihren Eltern immer noch ihre Muttersprache Albanisch, mit ihren Geschwistern eine Mischung aus Deutsch und Albanisch. Die Familie wird oft von einer ehrenamtlichen Betreuerin besucht, die ihnen hilft, sich in Deutschland einzuleben. Miranda ist sehr froh über ihre Hilfe beim Ausfüllen von Schulformularen.
Von ihrer Klasse wurde Miranda freundlich empfangen, doch sie wird nicht vollständig integriert und verbringt die Pausen oft alleine. Es ist sehr schwer für sie, sich mit so viel jüngeren Kindern auseinanderzusetzen, die sie aufgrund des Altersunterschiedes meist ausgrenzen. Ihr Lieblingsfach ist Deutsch. Mathematik mag sie nicht so gerne. Wie ein normaler Teenager trifft sie sich in ihrer Freizeit gerne mit Freunden, die sie aus dem Asylwohnheim kennt, oder geht ihren Hobbys Singen, Schwimmen und Theaterspielen nach.
Wir haben festgestellt, dass sich die Familie mit viel schlimmeren Problemen auseinandersetzen muss als wir: Miranda und ihre Familie haben große Angst, erneut abgeschoben zu werden. Die Familie muss alle drei Monate auf dem Rathaus eine neue Duldung beantragen. Das ist sehr belastend für Miranda. Sie muss in ständiger Angst leben. Sie freut sich schon sehr auf ihren deutschen Ausweis, damit auch ihre Eltern endlich wieder arbeiten können. Es ist den Eltern egal, was sie arbeiten oder wie sie wohnen. Wichtig ist ihnen, dass sie in Deutschland bleiben können. Miranda fühlt sich auch ohne deutschen Ausweis halb als Deutsche. Sie ist sich noch nicht sicher, was mit ihr in Zukunft geschieht, aber eins weiß sie bestimmt: »Nach Serbien möchte ich nie wieder!«
Das Gespräch mit der Flüchtlingsfamilie war sehr berührend und ist uns sehr nahe gegangen. Äußerst erschrocken waren wir über das, was Miranda in ihrem Leben schon alles mitgemacht hat. Wir sind der Meinung, dass diese Familie einen Platz in Deutschland verdient hat, und hoffen, dass sich ihre Zukunft hier positiv entwickelt. (ZmS)
Michelle Meininger, Sophie Molitor und Lisa Griesinger, BZN Gymnasium, Klasse 9b