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Aktuell Finanzen

Viele Bildschirme und sehr viel Geld

STUTTGART. Was ist eine Börse? Das haben sich viele Schülerinnen und Schüler des Friedrich-Schiller-Gymnasium Pfullingen und der Grund- und Werkrealschule Würtingen – beides Teilnehmer des Planspiels Börse – gefragt, als sie im Rahmen von »Zeitung macht Schule« am Dienstag, 19. November, an die Stuttgarter Börse fuhren. Mit dabei waren nicht nur die Schüler, sondern auch unsere Lehrer, ein Redakteur des Reutlinger General-Anzeigers und die Verantwortlichen für das Planspiel Börse von der Kreissparkasse Reutlingen.

Als wir um 10.20 Uhr an der Börse Stuttgart ankamen, warteten wir zunächst in der Eingangshalle, in der große Bildschirme mit Nachrichten liefen, auf den Beginn unserer Führung. Dort bekamen wir gleich einen Eindruck, welche Sicherheitsvorkehrungen an der Börse getroffen werden: In den Handelssaal kommt man nur mittels eines Ausweises oder durch Klingeln. Außerdem sind überall Überwachungskameras angebracht.

20 Minuten später, um 10.40 Uhr, ging es dann los mit der Führung. Zuerst zeigte uns Stefan Schweitzer, Mitarbeiter der Kundenbetreuung, den Handelssaal. Dieser war ein recht großer Raum, in dem mehrere Hundert Bildschirme standen. Anders als wir uns es vorgestellt hatten, herrschte dort eine ruhige Atmosphäre, in der sich manche Mitarbeiter entspannt unterhielten. Auffällig war, dass dort überwiegend Männer arbeiteten und einige Plätze unbesetzt waren.

Auf eine große Wand war eine Kurstafel projiziert, die zwar heute für den Handel nicht mehr relevant ist, früher aber wichtige Informationen über die aktuellen Aktienkurse angab. Die Börsen stehen untereinander in Konkurrenz, da jede möchte, dass der Anleger bei ihr handelt. Privatanleger können in Stuttgart Aktien, verbriefte Derivate, Anleihen, Fonds und Genussscheine handeln.

An einem geheimen Ort

Sicher sind die Daten an der Börse Stuttgart auf jeden Fall, denn im Keller der Börse befinden sich für den Notfall mehrere Notstromaggregate und das System ist in sich geschlossen, sodass das Datensystem von außen nicht angegriffen werden kann. Für Notfälle hält die Börse an einem geheimen Ort ein zweites Rechenzentrum vor, damit der Handel nicht unterbrochen wird.

Nach der Besichtigung des Handelssaals gingen wir in einem Nebengebäude in einen im 5. Stock gelegenen Konferenzraum. Dort angekommen erzählte uns Stefan Schweitzer noch mehr über die Börse. Sie wurde 1860 im Königsbau gegründet, als sich dort noch Kaufleute trafen, um Produkte wie Baumwolle, Farbwaren und Chemikalien zu handeln. Im Februar 1861 wurde der Stuttgarter Börsenverein gegründet und die Vorgängerin der heutigen Baden-Württembergischen Wertpapierbörse nahm ihren Betrieb als Tagesbörse auf.

Da die Börse im Laufe der Jahre immer mehr wuchs, musste sie mehrfach innerhalb Stuttgarts umziehen. Seit dem Jahr 2002 befindet sie sich in Stuttgart-Mitte in der Börsenstraße 4. Gehandelt wird je nach Anlageklasse börsentäglich von 8 bis 22 Uhr, in dieser Zeit arbeiten dort rund 300 Personen, davon 60 im Handelssaal.

Um zu erklären, wie eine Börse funktioniert, machten wir ein kleines Marktspiel. Zuerst bekam einer der Schüler ein Stück Schokolade, darauf fragte Schweitzer uns, wie viel wir dafür zahlen würden. Da die Schokolade jeder haben wollte, wurden relativ hohe Preise geboten. Als er allerdings an andere Schüler auch Schokolade verteilte und uns dann fragte, was wir jetzt für die Schokolade bezahlen wollten, wollten die Schüler für die Schokolade weniger bezahlen, da nun das Angebot gestiegen, aber die Nachfrage gesunken war. Dies funktioniert an der Börse genauso, nur mit Wertpapieren. Außerdem steht hier immer eine Bank zwischen Börse und Käufer/Verkäufer.

Über das Parkett flitzen

Woher stammt eigentlich der Begriff »Börsenparkett«? Das rührt daher, dass an vielen Börsen, jedoch nie an der Börse Stuttgart, früher Parkett im Handelssaal verlegt wurde. So war es zum einen einfacher, nach Handelsschluss die auf dem Boden liegenden Kurszettel aufzukehren, zum anderen konnten die Händler schneller von A nach B über das Parkett flitzen. Heutzutage gibt es das Parkett und den klassischen Parketthandel nur noch an einigen Rohstoffbörsen.

Für wie viel die Kunden an der Börse ihre Wertpapiere kaufen beziehungsweise verkaufen können, erklärte uns Schweitzer auch noch. Dafür schrieb er an eine Tafel: (30/35), wobei die linke Seite den Verkaufspreis, in der Fachsprache »Geldseite«, anzeigt und die rechte den Kaufpreis, in Fachsprache »Briefseite«, angibt. Diese Zahlen ergeben sich aus den besten Kaufs-/Verkaufspreisen, die im Orderbuch eingetragen sind. Im Orderbuch, das nur Händler, die an der Börse Stuttgart arbeiten, einsehen dürfen, stehen alle Kauf-/Verkaufsaufträge, die an der Börse Stuttgart eingehen. Am Tag beträgt der Orderbuchumsatz durchschnittlich rund 350 Millionen Euro.

Über eine Million Wertpapiere

Bevor wir selber noch einige Fragen stellen durften, nannte uns Stefan Schweitzer noch einige interessante Fakten zur Börse Stuttgart. Während 1995 noch 54 zugelassene Handelsteilnehmer mit 4 400 Wertpapieren handelten und 40 000 Order pro Monat ausführten, so handeln heute 107 Handelsteilnehmer mit über 1 050 000 Wertpapieren, und es werden über 410 000 Order pro Monat ausgeführt.

Hohe Durchfallquote

Wie ist Stefan Schweitzer zu seinem Job gekommen? Nach seiner Bankausbildung machte er ein sechsmonatiges Praktikum an der Börse Stuttgart. Im Anschluss daran absolvierte er noch die Börsenhändlerprüfung – nicht selbstverständlich, denn die Durchfallquote ist sehr hoch. Danach war er rund drei Jahre als Auslandsaktienhändler an der Börse Stuttgart tätig. Heute arbeitet er in der Kundenberatung.

Danach gab es ein Mittagessen an der Börse. Damit war unser Besuch an der Börse Stuttgart beendet und es ging weiter zum Porsche-Museum. (ZmS)

Dirk Hilpert, Alexander Trumpf, Lukas Hohloch, Hagen Meißner, Friedrich-Schiller-Gymnasium Pfullingen, Klasse 9d