Die wichtigste Aufgabe des Vogelschutzzentrums ist natürlich die Pflege verletzter oder kranker einheimischer Vögel. »Normalerweise können die Vögel nach kurzer Zeit wieder frei gelassen werden, da die Verletzungen heilbar sind«, sagt Richard Schneider, der stellvertretende Leiter des Vogelschutzzentrums.
Es gibt aber auch Vögel, die bei Menschen aufgewachsen sind und diese jetzt als Artgenossen ansehen. Solche Vögel können nicht mehr freigelassen werden, weil sie zum Beispiel, wenn ein Jogger im Wald in ihr Revier kommt, ihr Revier verteidigen wollen und angreifen. »So ein Angriff kann von einem ausgewachsenen Uhu schon lebensgefährliche Verletzungen nach sich ziehen«, weiß Schneider.
Ausstellungen und Vorträge
Getragen wird das Vogelschutzzentrum seit 1994 vom Nabu (Naturschutzbund). Davor war das Zentrum staatliche Vogelschutzwarte. Der Nabu leitet auch die vielen Aktionen wie Ausstellungen, Vorträge, Seminare und Freizeitprogramme, die regelmäßig im Vogelschutzzentrum stattfinden. Ziel ist es, Menschen aller Altersgruppen für die Natur und vor allem Vögel zu begeistern. Aber man hat auch die Möglichkeit, neue Kontakte zu knüpfen - sei es zu Tieren oder Menschen.
Auch für Kinder ist etwas geboten: Die Naju, die Jugendgruppe des Nabu, versammelt sich im Rahmen von Nachmittagstreffen. Hier haben die Kinder Kontakt zur Natur und arbeiten daran, Tieren zu helfen. Diesen Sommer legten die Kids beispielsweise ein Biotop an. Ihre Nisthilfen für Wildbienen hängen im ganzen Zentrum verteilt und werden von Besuchern bestaunt. Die etwas Älteren können mit der Naju auf Freizeiten gehen, oder sich auch politisch engagieren. Somit haben die Jugendlichen die Chance, mit Politikern und Experten über Themen wie Strompolitik zu diskutieren.
Keine Zucht
Vögel werden im Vogelschutzzentrum übrigens nicht gezüchtet. »Wir haben mal im Zuge eines bundesweiten Programms Weißstörche gezüchtet und ausgesetzt«, erinnert sich Schneider. Dies sollte aber immer die letzte Lösung sein, sagt er. Darum probieren die Mitarbeiter des Zentrums vielmehr, den natürlichen Lebensraum der Vögel wieder herzustellen.
»Im Bundesvergleich sieht das bei uns ganz gut aus«, erklärt Schneider. »Unser Problem ist, dass unsere Wälder reine Wirtschaftswälder und somit sehr dicht sind. Außerdem sind die Bäume fast alle gleich alt. Manche Vögel, wie das Auerhuhn, die sehr auf unseren früheren Wald spezialisiert waren, sind dadurch fast gänzlich verschwunden. Durch den großen Sturm Lothar hat sich aber manches verbessert, weil die jungen Bäume nun auch die Chance haben, zu wachsen«, sagt Richard Schneider.
»Und da jetzt das Geld fehlt, um alles wieder wirtschaftlich korrekt aufzuforsten, könnte unser Wald noch natürlicher werden.«
Bundesweite Projekte
Auch an bundesweiten Forschungsprojekten ist das Vogelschutzzentrum beteiligt. So zum Beispiel bei einem Projekt zur Untersuchung der Populationsdynamik von Fischadlern. Viele Menschen meinen, in Deutschland gebe es kaum Adler, doch Schneider weiß, dass sich der Bestand zurzeit erholt - und zwar relativ gut.
Einmal hatte das Vogelschutzzentrum sogar einen Fischadler zu Gast. Der hatte sich beim Zug nach Süden verletzt und wurde ins Vogelschutzzentrum gebracht. Darüber hatten sich Schneider und sein Chef besonders gefreut, da Fischadler zu ihren Lieblingsvögeln zählen.
Zusammen mit dem Institut für Landschaftsökologie und Naturschutz Singen arbeitet das Vogelschutzzentrum auch an einer Koordinierung der Farbberingung von Fischadlern in Deutschland. Schneider macht sein Beruf auf alle Fälle Spaß, und vielleicht gibt es ja noch manch eine Überraschung bei den Projekten.
Infos im Internet
Für alle Interessierten, die ihm und seinen engagierten Kollegen ein bisschen über die Schulter schauen wollen, besteht jeden Werktag die Möglichkeit, im Vogelschutzzentrum vorbei zu schauen. Weitere Informationen beispielsweise über aktuelle Aktionen findet man aber auch im Internet. (ZmS)