REUTLINGEN. Die Ernte ist gerade abgeschlossen, doch trotzdem hängen noch viele Bäume voll mit Äpfeln. Das Pflegen von Streuobstwiesen ist mein Hobby. Die Arbeit in der Natur und der Umgang mit Obst macht mir Spaß. Doch was genau sind Streuobstwiesen überhaupt? Streuobstwiesen sind Wiesen mit Bäumen unterschiedlichen Alters. Die Vielfalt der Früchte reicht von Äpfeln, Birnen, Zwetschgen, Pflaumen, Mirabellen über Kirschen bis hin zu Quitten. D
ie Früchte werden meistens aufgelesen und nicht direkt vom Baum geerntet. Wenn immer nur die Früchte vom Boden aufgelesen werden, hat man immer das reifste Obst. Da sich das gefallene Obst nicht lange hält, wird es meistens frisch verarbeitet.
Arbeiten im Jahreslauf
In der Region gibt es so viele Obstbäume, deren Ertrag früher als Vorrat für den Winter gedacht war. Streuobstwiesen sind für den Eigenverbrauch gedacht und nicht in erster Linie als gewinnbringender Wirtschaftszweig, so wie dies beim intensiven Obstbau der Fall ist. In der Region Reutlingen gibt es unzählige Streuobstwiesen. Wir selber besitzen auch einige Wiesen und pflegen rund 75 Obstbäume. Viele davon haben mein Opa und Uropa noch gepflanzt. Einige der Bäume sind über 50 Jahre alt. Ein paar Birnbäume sind über 80 und ein großer über 100 Jahre alt. Generell werden Birnbäume älter als Apfelbäume, bevor sie morsch werden und zusammenbrechen.
Über das Jahr hinweg gibt es auf den Streuobstwiesen immer etwas zu tun. Im Winter schneiden wir die Bäume, damit sie eine Form bekommen, wieder austreiben und wieder mehr Licht zwischen die Äste und in die Krone kommt. Außerdem wird alles tote Holz herausgesägt. Im Frühling düngen wir die Bäume in geringen Mengen. Des Weiteren müssen wir die Wiesen ab April etwa alle vier bis sechs Wochen mähen. Dies zieht sich meistens bis in den September hinein. Dieses Jahr jedoch haben wir das letzte Mal im Juli gemäht, weil das ganze Gras durch die große Hitze vertrocknet ist.
Rekordernte in diesem Jahr
Die erste Ernte ist die Kirschenernte im Juni. Wenn es sehr viel Obst gibt, stützen wir die schweren Äste ab August. Außerdem sammeln wir ab August wöchentlich das faulige und wurmige Obst auf. Ab Anfang September hat das Fallobst dann eine Qualität und Reife erreicht, um es an Obstannahmestellen abzuliefern. Um diese Zeit sind auch die Mirabellen reif. Die Zwetschgen reifen etwa Ende September. Außerdem gibt es auch einige frühere Birnensorten zu verwerten. Anfang Oktober pflücken wir Äpfel und Birnen für den Winter zum Einlagern. Danach machen wir auch Saft und Most. So endet die Obstsaison Ende Oktober.
Aus Mirabellen und Zwetschgen, die wir selber nicht verwerten, lassen wir Schnaps brennen. Dazu werden sie zuvor einige Monate im Keller in Fässern gelagert. In dieser Zeit gärt die sogenannte Maische und wandelt den Zucker der Früchte in Alkohol um. Deshalb ist es umso besser, je süßer die Früchte sind, da dann mehr Alkohol entstehen kann. Auch aus Birnen und besonderen Sorten von Äpfeln lassen wir Schnaps brennen. Dazu werden Äpfel oder Birnen zuvor in einer sogenannten Obstmühle zerkleinert und dann zum Gären in Fässer gefüllt.
Aus einem großen Teil des Obstes haben wir Saft pressen lassen und als Fünf-Liter-Bag-in-Box-Kartons wieder mitgenommen. Das waren insgesamt 560 Liter. Außerdem haben wir 360 Liter Most gemacht. Den Rest haben wir abgeliefert und uns den Wert auszahlen lassen. Alles zusammen waren es ungefähr sieben Tonnen Äpfel und Birnen in diesem Jahr.
Wie schon erwähnt, gab es dieses Jahr eine Rekordernte. Dies lag daran, dass letztes Jahr die Blüten der Bäume im Frühling erfroren sind. So hatten die Bäume mehr Kraft, um dieses Jahr viele Früchte zu bilden.
Streuobstwiesen in Gefahr
Am Anfang habe ich davon berichtet, dass es immer noch Bäume gibt, die Obst tragen. Außerdem liegt noch viel Obst auf den Wiesen, das nicht eingesammelt wurde. Ein Grund dafür könnte sein, dass es hochwertigeres Obst zu Niedrigpreisen zu kaufen gibt. Andererseits wird gesammeltes Fallobst an den Annahmestellen schlecht bezahlt.
Viele Leute kümmern sich nicht um ihre Wiesen, weil sie entweder zu wenig Zeit haben, ihre Wiesen vom Wohnort weit entfernt liegen, sie daran einfach nicht interessiert sind oder ihnen diese Arbeit zu mühsam ist.
Jedoch gibt es seit einigen Jahren Anreize, um das Pflegen von Streuobstwiesen attraktiver zu gestalten. Ein Anreiz ist die bessere Bezahlung von Obst von Streuobstwiesen, das nicht mithilfe von Dünge- und Spritzmitteln produziert wurde. Außerdem sollten regionale Produkte mehr zum Verkauf kommen, um die Pflege der Streuobstwiesen zu fördern. Durch Unterstützung der Streuobstwiesenbesitzer wird auch ein Beitrag zur Erhaltung der gefährdeten Tier- und Pflanzenarten geleistet. (ZmS)
David Mauser, HAP-Grieshaber-Gymnasium im BZNReutlingen-Rommelsbach, Klasse 9b
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