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Aktuell Elterninitiative

Rechtsstreit um Monatskarten

BAD URACH. Die Elterninitiative »Eltern für Elternrechte in Baden-Württemberg« hatte bereits Anfang des Jahres 2016 eine Anwaltskanzlei in Stuttgart beauftragt, ein Rechtsgutachten bezüglich der Kosten für die Schülermonatskarten zu erstellen. Diese müssen in Baden-Württemberg größtenteils von den Eltern bezahlt werden. Nun soll das Verwaltungsgericht Sigmaringen über die Klage der Eltern entscheiden.

In Baden-Württembergs Nachbarbundesländern Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz werden die Kosten während der ersten zehn Schuljahre aus den jeweiligen Landesmitteln finanziert. In Baden-Württemberg müssen diese enormen Kosten jedoch von den Eltern bezahlt werden, was laut der Stuttgarter Anwaltskanzlei rechtswidrig ist, da in Deutschland eine gesetzliche Schulpflicht besteht. Um uns einen Einblick in die Lage der Eltern zu verschaffen, stellten wir Familienvater Markus Gaßner, wohnhaft im Landkreis Reutlingen, drei Fragen zum Thema Fahrkartenzahlung in Baden-Württemberg.

Statement der Busunternehmer

Wir fragten ihn, ob er weiß, warum die Fahrkarten für Schüler in Baden-Württemberg nicht vom Staat bezahlt werden, während diese Kosten in anderen Bundesländern vom Staat übernommen werden. »Bisher hatte ich mir darüber ehrlich gesagt noch keine großen Gedanken gemacht. Jedoch wurde ich Anfang des Jahres auf eine Elterninitiative aufmerksam, welche sich mit diesem Thema beschäftigt«, sagte er uns. Anschließend wollten wir wissen, ob er nach der Bekanntmachung dieser Thematik etwas unternommen hatte. Hierauf antwortete Markus Gaßner: »Ja, ich habe die Elterninitiative kontaktiert, die eine Stuttgarter Anwaltskanzlei hinsichtlich der Erstellung eines Rechtsgutachtens beauftragt hat.«

Zuletzt fragten wir ihn nach seiner Lösung des Problems beziehungsweise seinen Vorschlägen für Gerechtigkeit in diesem Bereich. Auf diese Frage antwortete er, dass seiner Meinung nach das Land Baden-Württemberg in der Pflicht sei, zumindest einen Beitrag während der ersten zehn Schuljahre für die Fahrkartenkosten beizusteuern. Dies könnte vielleicht nach der Anzahl der benötigten Fahrkarten beziehungsweise der Anzahl der Kinder einer Familie, welche die erste bis zehnte Klasse besuchen, festgelegt werden. Oder vielleicht abhängig vom Gehalt der Eltern. Herr Gaßner ist sich jedoch sicher, dass sich etwas ändern sollte, um Gerechtigkeit für die Eltern in Baden-Württemberg zu schaffen.

Für eine zweite Meinung haben wir Christoph Friedrich, Besitzer eines Busunternehmens in Grabenstetten, befragt. Wir fragten ihn, ob ein Urteil, welches für die Elterninitiative spricht, Auswirkungen auf ein Busunternehmen im öffentlichen Personennahverkehr hätte. Seine Antwort: »Es würden sowohl Vorteile als auch Nachteile aufkommen. Wenn die Fahrtkosten, die beim Busfahren aufkommen vom Staat finanziert werden, werden einige Schüler, die zuvor beispielsweise mit dem Fahrrad zur Schule kamen, auf den Bus umsteigen. Dadurch werden mehr beziehungsweise größere Busse gebraucht. Durch eine größere Nachfrage an Bussen wird wiederum auch mehr Personal benötigt, woran es in dieser Branche sowieso schon fehlt. Außerdem bekommen die Unternehmen das Geld, dass sie durch den Verkauf der Schülermonatskarten im Bus einnehmen, erst am Ende eines Monats, was auch zu Nachteilen führen könnte. Jedoch kann man durch die Fahrkartenfinanzierung des Staates Zeit sparen, die man in der derzeitigen Regelung mit dem Verkauf im Bus verbringt. Auch das Schwarzfahren und die daraus folgenden entgangenen Einnahmen würden im Falle eines Urteils für die Elterninitiative geringer werden.«

Entscheidung Ende des Jahres

Zusätzlich fragten wir Stefan Ganter, der auch ein Busunternehmen in Grabenstetten führt, nach bürokratischen Auswirkungen auf das Unternehmen im Falle einer Entscheidung für die Elterninitiative. Wir erfuhren, dass jedes Unternehmen, welches am öffentlichen Personennahverkehr beteiligt ist, einen monatlichen Anteil von 300 Euro für die Verwaltung der Fahrkarten bereitstellen muss. Diese Kosten würden für die Unternehmen im Falle einer Rechtsprechung für die Elterninitiative entfallen. Außerdem habe man durch die Fahrkartenfinanzierung des Staates ganzjährige Planungssicherheit, wodurch eine optimale Ausnutzung der Busse erfolgen könne.

Bis Ende des Jahres 2016 wird ein Urteil des Verwaltungsgerichts in Sigmaringen erwartet. Bis dahin werden die Eltern der Schülerinnen und Schüler in Baden-Württemberg weiterhin zur Kasse gebeten. (ZmS) Lisa Friedrich und Manuel Gaßner, Graf-Eberhard-Gymnasium, Bad Urach, Klasse 9b