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Neues Leben in Alabama

PFULLINGEN/ALABAMA. Bereits seit der gemeinsamen Grundschulzeit an der St. Wolfgangschule in Reutlingen kenne ich Josephine Pietruschka. Ich kann mich noch gut an den 28. Dezember 2003 erinnern, als sie mir erzählte, dass sie zusammen mit ihrer Familie nach Alabama geht. Ihr Vater bekam dort einen Vertrag von Mercedes. Doch seit ungefähr drei Monaten ist Josephine mit ihrer Familie nun wieder zurück in Deutschland. Der Zufall wollte es, dass sie nach ihrer Rückkehr zu mir in die Klasse kam. Bereits von Alabama aus, hat sie mit mir per E-Mail Kontakt aufgenommen, denn sie wollte wissen, ob ich auch in der Klasse 8b der Wilhelm-Hauff-Realschule bin. Wie es ihr dort erging, was sich nun hier in Deutschland für sie geändert hat, darüber habe ich im Interview mit ihr gesprochen.

ZmS: Wolltest du nach Amerika gehen und hattest du Angst davor?

Josephine Pietruschka: Ich hatte Angst, dass ich mit der Sprache nicht zurechtkomme, aber ich dachte, es würde interessant sein, in ein anderes Leben umzusteigen.

Wie war es am Abend vor dem Abflug?

Josephine: Nach dem Weihnachtsfest in der bereits leeren Wohnung wurde ich immer nervöser, aber auch neugierig auf die neue Umgebung und den Flug. Ich war auch sehr traurig, meine Freunde und den Rest meiner Familie zurück lassen zu müssen.

Wie war dein erster Tag in der Schule?

Josephine: Meine Mutter begleitete mich in die Schule. Es war eine Privatschule mit sehr kleinen Klassen. Sie redete mit der Lehrerin. Kurz danach holte diese ein Mädchen aus der Klasse, welches die Aufgabe hatte, mir die Schule zu zeigen. Dieses Mädchen konnte auch ein bisschen Deutsch. Ihr Vater hat es ihr beigebracht, auch er konnte fließend deutsch sprechen.

Wie ging es weiter mit der Schule?

Josephine: Die erste Schule war ja eine Privatschule. Nach dem ersten Schuljahr kamen so viele deutsche Schülerinnen und Schüler, dass wir ab da nur noch deutsch miteinander gesprochen haben. Wir waren elf Deutsche und drei Amerikaner. Das Problem war, dass diese Schule nicht sehr groß war. Es gab nur eine Klasse in jeder Stufe, so dass die deutschen Schüler nicht auf verschiedene Klassen verteilt werden konnten. Also überlegte ich mir, wenn ich nur deutsch rede, würde ich die Sprache nie richtig lernen. Deshalb wechselte ich auf eine öffentliche Schule. Auf dieser Schule war auch meine ältere Schwester Laura. Es gab nur noch zwei andere deutsche Schülerinnen neben mir und meiner Schwester, zu denen ich aber eigentlich keinen Kontakt hatte. An dieser Schule waren wir in verschiedene Kurse eingeteilt. Jeder Kurs hatte ungefähr 30 Schüler.

Wie sind die Unterschiede zwischen der deutschen und amerikanischen Schule?

Josephine: Auch in der Schule in Amerika hatten wir, so wie in der Schule in Deutschland, keine Schuluniform. Doch wir mussten bestimmte Regeln streng einhalten. Zum Beispiel durften wir keine Tops anziehen, bei welchen die Träger dünner waren als drei Finger. Die Röcke durften nicht kürzer sein, wie die ausgestreckten Arme nach unten reichten. Die Schulzeiten waren Montag bis Freitag jeweils von 8.05 bis 15.05 Uhr. Jeden Tag hatten wir den gleichen Stundenplan, und wir mussten nach jeder Stunde das Klassenzimmer wechseln. Dafür hatten wir immer vier Minuten Zeit. Natürlich hatten wir auch ein »Locker« - ein Schließfach -in dem wir unsere Bücher unterbringen konnten. Außerdem musste jeder Schüler einen durchsichtigen Schulranzen tragen, da ja Drogen oder Waffen darin versteckt sein konnten.

Was habt ihr in Amerika so gegessen - Fastfood? Gab es dort auch deutsche Bäcker oder andere Läden?

Josephine: Wir haben uns eigentlich genauso wie in Deutschland ernährt. Nur gab es leider keine deutsche Bäckerei, das heißt keine Brezeln und auch keine Laugenbrötchen. Das haben wir sehr vermisst.

Findest du die amerikanischen Einkaufsläden besser?

Josephine: Die Läden haben dort immer 24 Stunden lang geöffnet. Man konnte also immer rund um die Uhr einkaufen und das Gute an amerikanischen Einkaufsläden war, dass an jeder Kasse jemand stand, der einem alles in Tüten packte. Sogar bis zum Auto haben sie unsere Einkäufe getragen.

Bist du jetzt wieder mit deinen alten Freunden zusammen oder hast du neue Freunde gefunden?

Josephine: Ja, die meisten Freunde habe ich noch, einige habe ich aber auch leider verloren. Doch seit ich wieder hier bin, habe ich auch schon wieder viele neue Freunde gefunden.

Fühlst du dich in der neuen Klasse an der Wilhelm-Hauff-Realschule wohl?

Josephine: Ja, ich habe mich inzwischen wieder gut hier eingelebt und die Klassenkameradinnen und -kameraden sind sehr nett und haben mich gut aufgenommen. (ZmS)



Laura Munz, Josephine Pietruschka, Wilhelm-Hauff-Realschule Pfullingen, Klasse 8b