Menschlich bleiben
ZmS: Was hätte Deutschland an der Bewältigung der Flüchtlingskrise besser machen können?
Thomas Poreski: Anfang des Jahres gab es schon klare Anzeichen und da hat Winfried Kretschmann, glaube ich, zu Recht gesagt, dass der Bund geschlafen hat. Bis September hat der Bund nur zwischen fünf und zehn Prozent der Kosten übernommen, der Rest ist bei den Ländern und den Kommunen gelandet, was sich zwischenzeitlich auch wieder verändert hat. Wir dürfen jetzt nicht auch noch dazu beitragen, dass sich noch mehr Leute auf die Flucht begeben, weil Deutschland den vertraglich zugesicherten Anteil am Welternährungsprogramm kürzt.
Warum hat sich Deutschland nicht ausreichend auf die Flüchtlingskrise vorbereitet?
Poreski: Man konnte natürlich nicht damit rechnen, dass die größte Flüchtlingsbewegung seit dem Zweiten Weltkrieg kommt. Anfang des Jahres hat man dann gemerkt, dass es viel mehr wird, als man sich vorgestellt hat. Den Vorwurf, dass man viel zu wenig Leute hat, die Asylanträge bearbeiten, haben die Bundesländer, allen voran Baden-Württemberg, wirklich monatelang in Berlin vorgetragen. Da fehlen ein paar Tausend Leute. Die sind jetzt auch demnächst da, man konnte man eine Reihe von Leuten bei der Bundesagentur für Arbeit dafür qualifizieren. Eigentlich hätte es wesentlich schneller gehen müssen. Dadurch, dass es so lange gedauert hat, hatte Baden-Württemberg Zeit, eigene Verfahrenswege zu beschreiten.
Was muss sich an unserer Flüchtlingspolitik ändern?
Poreski: Wir sollten die Flüchtlinge jetzt nicht bestrafen dafür, dass der IS Terror macht. Genau das ist es ja, wovor die Menschen fliehen. Die Gefahr, dass über Flüchtlinge viele Terroristen ins Land kommen, halte ich persönlich für sehr gering. Man hat es an den Anschlägen in Paris gesehen: Die meisten kommen von hier. Es gab möglicherweise einen Fall, bei dem ein Terrorist als Flüchtling getarnt ins Land gekommen ist. Die Bewegung der sogenannten Rückkehrer ist meiner Meinung nach die größere Gefahr. Allein aus Deutschland sind 700 Leute ausgereist, um sich zu Terroristen ausbilden zu lassen. Abschließend lässt sich sagen, wir müssen den Flüchtlingen nicht weniger, sondern mehr Menschlichkeit zeigen. (ZmS)