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Lernen und motivieren

MÖSSINGEN. Es ist 8.10 Uhr. Ein Bus nach dem anderen kommt vor Haus C der Körperbehindertenschule in Mössingen an. Schüler streben selbstständig ihren Klassen zu, oder werden von Zivildienstleistenden und Praktikanten begleitet. Lehrer beaufsichtigen das Ganze und nehmen die Kinder in Empfang.

Wie an jeder anderen Schule auch das morgendliche Chaos eben. Bevor der Unterricht beginnt, erklärt mir Johannes Bühler noch ein paar Dinge: »In der Körperbehindertenschule wird versucht, den Kindern den normalen Grundschulstoff und je nach Entwicklung auch den Hauptschulstoff, im Rahmen des üblichen Fächerkanons und vor allem in Form von Projekten mit verschiedenen Themen, beizubringen - soweit sie dazu in der Lage sind. Das ist bei Kindern mit Körperbehinderungen etwas schwieriger, denn jede Behinderung bedingt besondere Bedürfnisse. Therapien müssen in den Unterricht integriert werden, Stärken der Kinder müssen erkannt und gefördert werden, aber auch Defizite, so weit es geht, aufgearbeitet. Deshalb sind die Klassen kleiner, damit die Lehrer und Therapeuten sich mehr auf die Einzelnen konzentrieren können.«

Um 8.30 Uhr sind endlich alle Schüler der Klasse 3 a, die ich besuchen durfte, anwesend. Der Unterricht kann beginnen. In der ersten Stunde ist Werken angesagt: Zur Weihnachtszeit wird ein Tannenbaum aus einer dünnen Holzplatte mit Lichterkette gemacht.

Sägen, Schleifen, Bohren

Nur leider stört das hässliche Kabel ein wenig. Das Problem wird aber sofort von den Schülern gelöst: Einfach Löcher bohren, die Lämpchen durchstecken, und so verschwindet das Kabel auf der Hinterseite des Baumes. Jeder sägt, schleift und bohrt.

Bei Schwierigkeiten stehen Lehrer oder Zivis zur Seite. Auch Ergotherapeuten sind häufig im Werkunterricht beteiligt, um feinmotorische Fähigkeiten zu verbessern und besondere Hilfsmittel anzupassen. Nebenher wird viel gelacht.

Um 9.50 Uhr klingelt es. Vesper und kurze Freizeit. Nach der Pause geht es mit dem Öffnen des selbst gebastelten Adventskalenders und einer Weihnachtsgeschichte weiter. Passend zum Thema soll aufgeschrieben oder gemalt werden, was man sich zu Weihnachten wünscht. Im Rahmen einer solchen Aufgabe werden auch Teile des Deutschunterrichts wie Rechtschreibung und Grammatik bearbeitet. Währenddessen erfahre ich vom Klassenlehrer Wolfgang Vogt, dass wie an anderen Schulen auch in der Regel nach zwei bis drei Jahren der Klassenlehrer gewechselt wird.

Nachdem alle fertig sind, ist Spielstunde, um auf andere Gedanken zu kommen, da die Konzentration langsam ein wenig nachlässt. Bei Lernspielen verbessert sich die Motivation, und nebenbei können zum Beispiel mathematische Fähigkeiten verbessert werden.

Wolfgang Vogt verteilt auch Hausaufgaben, worüber sich Marvin, Burak und Markus gar nicht freuen. »Die Hausaufgabenverteilung kann manchmal sehr aufwändig sein. Jeder bekommt auf Grund des unterschiedlichen Entwicklungsstandes andere Aufgaben. Ich muss oft aufpassen, dass ich nicht durcheinander komme«, sagt Vogt. Genörgel: »Hausis sind doof«, meint Jakob. Und Tanja und Laura erzählen mir: »Wir kriegen jeden Mittwoch und Freitag Hausaufgaben, weil da nicht so lang Schule ist wie montags, dienstags und donnerstags.«

Gegen 13 Uhr schreien plötzlich alle: »Juhu, Mittagessen!« Nachdem der Lehrer sein »Okay« gegeben hat, stürmt die Klasse ein Stockwerk höher in die Schulcafeteria. Die Kinder in Rollstühlen werden von den weniger gehbeeinträchtigten Schülern oder dem begleitenden Lehrer geschoben. Wenn alle gegessen haben, wird noch schnell zusammengepackt, und dann stehen auch schon die Busse bereit, die die gut gelaunten Schüler endlich nach Hause in das lang ersehnte Wochenende bringen. (ZmS)



Sarah Labusga, Karl-von-Frisch-Gymnasium Dußlingen, Klasse 9 c