Logo
Aktuell INTERVIEW

Kindheit im Zweiten Weltkrieg

MÖSSINGEN. Sie erlebten die schweren Folgen des Krieges, als sie noch ganz klein waren. Millionen von Kindern wurden in einer Welt voll Trümmern, Hunger und Armut großgezogen. Meist sogar lebten diese Kinder ohne einen Vater, da dieser im Krieg Soldat war und gestorben ist. Um noch mehr über die Kindheit im Zweiten Weltkrieg zu erfahren, sprachen drei ZmS-Reporter aus Mössingen mit zwei Zeitzeugen.

ZmS: Wie alt waren Sie nach dem Zweiten Weltkrieg?

Hubert Härlin: Ich war nach dem Krieg zehn Jahre alt. Dorothee Thiel: Ich war ungefähr drei Jahre alt.

Was hatten Sie damals für Spielzeug?

Härlin: Mehr oder weniger gar keins. Thiel: Wir haben auf Schrottplätzen nach Sachen zum Spielen gesucht, dann haben wir mit allen möglichen Dingen gespielt. Außerdem hatten ich und meine Schwester zusammen noch eine Puppe.

»Es gab kein Bad, die Toilette war bloß ein Topf«
Was haben Sie außerhalb der Schule gemacht?

Härlin: Ich als Junge musste auf dem Feld arbeiten. Thiel: Ich habe damals gespielt. Wir hatten sehr viel Zeit zum Spielen damals.

Wie waren damals die hygienischen Verhältnisse?

Härlin: Sie waren eigentlich ganz gut, es gab halt kein Bad und keine Dusche, aber Wasser gab es. Die Toilette war bei mir bloß ein Topf. Thiel: Sie waren eigentlich ganz in Ordnung für die damalige Zeit. Wir hatten kein Bad. Wir haben uns immer in der Toilette eingesperrt und uns dort mit Wasser gewaschen.

Wie war es in der Schule? Gab es besondere Strafen oder Lehrmethoden?

Härlin: Es gab damals zwei Klassen. Die eine war die Erste bis zu der Vierten, die andere die Fünfte bis zur Achten. In jeder Klasse waren um die 60 Leute. Bei den Bestrafungen weiß ich noch, dass wir mit einem Rohrstock auf die Hand oder auf den Popo gehauen wurden. Thiel: Wir waren sehr viele Leute in der Klasse, außerdem habe ich in meiner Schulzeit insgesamt fünf »Tatzen« bekommen. »Tatzen« waren Schläge mit einem Rohrstock auf die Hand und das hat sehr wehgetan. Tagelang waren die Hände nach dem Schlag noch geschwollen und sie haben sehr geschmerzt.

Was war damals Luxus für Sie?

Härlin: Wenn es damals zu Hause mal ein Stück Schokolade gab. Thiel: Wenn es sonntags einen leckeren Braten gab.

Wie haben Sie gelebt?

Härlin: Ich habe mit meiner Familie, also meinen Eltern und einer Schwester, in einem Haus gewohnt.

Thiel: Mit Geschwistern und der Mutter. Mein Vater war als Soldat im Krieg und ist dort leider auch gestorben.

Was hat besonders viel Eindruck auf Sie gemacht?

Härlin: Alles war knapp. Klamotten, Essen und so, es war ein schweres Leben.

Welche Bedeutung hatten Lebensmittel für Sie?

Härlin: Große Bedeutung, denn es gab halt sehr wenig davon.

Thiel: Sehr große, denn es gab wenig zu essen damals. Ich erinnere mich noch an eine Situation. Ich sollte Brot holen und habe das dann auch getan. Doch das Brot hat so gut gerochen, dass ich es gleich aufgegessen hab. Natürlich gab es dann ziemlichen Ärger zu Hause.

»Weihnachten war das Schönste, denn dann gab es immer gutes Essen«
Was war das schönste Fest für Sie?

Härlin: Das war wahrscheinlich Weihnachten, denn dann gab es immer gutes Essen und die ganze Familie war versammelt.

Thiel: Das war Weihnachten. Die ganze Familie war da, man hat gesungen und gegessen und es gab natürlich auch Geschenke. Geschenke damals waren nicht sehr groß, man hat meist bloß einen Kamm oder Ähnliches bekommen.

Was vermissen Sie heute von Ihrer Kindheit?

Härlin: Früher waren die Menschen viel netter als heute und nicht so geizig, obwohl sie viel weniger hatten als die Leute der jüngeren Generationen. Das vermisse ich etwas.

Thiel: Ich vermisse, dass die Kinder heutzutage so wenig Freizeit haben, um zu spielen und rauszugehen. Sie müssen sehr viel für die Schule machen und das finde ich sehr schade.

Können Sie sich vorstellen, Ihre Kindheit im Jahre 2013 zu verbringen?

Härlin: Ja, eigentlich schon. Da ginge es mir viel besser als es mir jetzt geht und ich könnte nicht meckern, doch leider vermisse ich ja wie gesagt den Sozialismus von damals.

Was für Klamotten gab es damals?

Härlin: Kinder hatten keine langen Hosen, nur kurze. Sie trugen lange Strick-strümpfe und Pullis dazu.

Thiel: Es gab lange Strickstrümpfe, und wenn mal ein Kleidungsstück kaputt ging, war es sehr schlimm, weil Kleider sehr wertvoll waren. Man war froh, wenn man überhaupt welche hatte, in denen man nicht so arg fror.

War Ihr Vater Soldat und wenn ja, wie ging es Ihnen dabei?

Härlin: Ja, nur nicht im Zweiten Weltkrieg, sondern im Ersten, und da war ich noch nicht geboren. Thiel: Ja, mein Vater war Soldat und ist verstorben, ich kann mich bloß leider nicht mehr so gut an ihn erinnern, ich war einfach zu klein.

Wurde ein Geschlecht damals bevorzugt?

Härlin: Aus meiner Sicht eigentlich nicht. Thiel: Ja, die Jungs. Wenn ein Junge in die Familie kam, gab es viel Vorfreude man freute sich einfach, wenn man einen Sohn bekam. (ZmS)

Anna Härlin, Joey Herr und Emi-Lou Rogotzki, Evangelisches Firstwald- Gymnasium Mössingen, Klasse 8 b