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Aktuell Justiz

Keine Gerichts-Show – alles echt

Für ein Jura-Studium braucht man nicht nur Gerechtigkeitssinn, sondern auch Fleiß und Ausdauer. Amrei Duncker hat beides bewiesen. Die 28-Jährige ist Richterin am Amtsgericht in Reutlingen und gab ZmS-Reportern gemeinsam mit ihrem Kollegen Sierk Hamann Ei

REUTLINGEN. Wer kennt ihn nicht? Alexander Hold – der Richter, dem die Frauen vertrauen. Viele von uns haben schon mal eine Gerichtsverhandlung im Fernsehen gesehen. Doch die wenigsten wissen, wie eine Verhandlung in der Realität abläuft und dass alles eine exakte Reihenfolge hat. Aus diesem Grund sind wir nach Reutlingen zum Amtsgericht gegangen und haben uns eine Gerichtsverhandlung angesehen.

Zu Beginn sitzen der Angeklagte sowie sein Verteidiger und ein Staatsanwalt im Gerichtssaal, die Zeugen warten derweil draußen. Neben dem Platz der noch nicht anwesenden Richterin sitzt bereits ein Protokollant. Beim Eintreten der Richterin haben sich alle Anwesenden zu erheben und sich erst auf Bitte der Richterin wieder zu setzten. Der Staatsanwalt liest der Richterin die Anklage gegen den Beschuldigten vor. Daraufhin wird der Angeklagte gefragt, ob er etwas einzuwenden habe. Nach den Aussagen der Zeugen – diese werden nacheinander hereingebeten – und denen des Verteidiger zieht sich die Richterin zurück und nimmt sich ungefähr 15 Minuten Zeit, um ein Urteil zu fällen. Nach dessen Verkündigung werden alle Beteiligten entlassen.

Wir hatten außerdem die Chance, Richterin Amrei Duncker Fragen zu ihrem Beruf zu stellen.

 

Was passiert, wenn ein Beschuldigter nicht kommt?

Amrei Duncker: Der Angeklagte hat keine Möglichkeit mehr, verteidigt zu werden und sein Urteil zu verändern.

Wollten Sie schon immer Richterin werden?

Duncker: Ja, ich wollte eigentlich schon immer so etwas machen, ich habe sogar Verwandte und Freunde gefragt, was deren Meinung dazu ist. Sie sagten, ich hätte einen guten Gerechtigkeitssinn. Deshalb habe ich schließlich angefangen, Jura zu studieren.

Denken Sie auch noch nach einem Urteil an den Fall?

Duncker: Natürlich geht einem der ein oder andere Fall durch den Kopf. Erst recht, wenn die Fälle menschlich etwas komplizierter sind, belasten sie einen auch noch im Nachhinein und man kann nicht direkt abschalten.

Hat die äußere Erscheinung des Angeklagten – also seine Kleidung und sein Auftreten – einen Einfluss auf das Urteil?

Duncker: Die äußere Erscheinung nicht, das Verhalten allerdings schon. Denn wenn jemand sein Fehlverhalten nicht einsieht und vor Gericht unkooperativ ist, kann das schon das Urteil beeinflussen.

Wie viele Verfahren haben Sie pro Woche?

Duncker: Ich habe meist so 10 bis 15 Fälle pro Woche.

 

Wird Ihr Job nach einer gewissen Zeit nicht langweilig?

Duncker: Bisher noch nicht, da ich noch nicht so lange im Amt bin. Abgesehen davon sitzen hier auch immer verschiedene Menschen und die Fälle variieren auch, also eher nicht.

Haben Sie mehr männliche oder weibliche Angeklagte?

Duncker: Subjektiv mehr Männer, aber ich hatte auch schon ein paar Frauen als Angeklagte.

Welchen Rat haben Sie für Jugendliche, die auch einen ähnlichen Job machen wollen wie Sie?

Duncker: Man sollte wenigstens ein paar Mal in einer Verhandlung gewesen sein und dem Richter oder der Richterin auch gerne Fragen stellen. Darüber hinaus sollte man sich der Tatsache bewusst sein, dass Jura ein sehr langes, intensives Studium ist. Das heißt, dass man sich, egal wie schlau man ist, auch hinsetzen und pauken muss – sonst schafft man’s nicht. (ZmS)

Lotta Kleindienst und Lara Deuschle, HAP-Grieshaber-Gymnasium Reutlingen, Klasse 9d