DETTINGEN/BAD URACH. Vor über 180 Jahren begann der Reutlinger Pfarrer Gustav Werner mit diakonischer Arbeit in Walddorf bei Reutlingen. Er gründete eine Industrieschule und einen Kindergarten und kaufte eine Fabrik, um damit seine sozialen Projekte zu finanzieren. Um den Fortbestand seiner Arbeit zu sichern, gründete er 1881 die Gustav-Werner-Stiftung zum Bruderhaus, die bis heute unter dem Namen Bruderhaus-Diakonie in ganz Baden-Württemberg aktiv ist. Sie bietet Altenhilfe, Behindertenhilfe, Jugendhilfe und Sozialpsychiatrie an. Wir besuchten die Behindertenhilfe in Dettingen an der Erms und sprachen mit deren Leiter Simon Walter sowie drei Bewohnern: Hedwig Ulmer, Dieter Herr und Barbara Stapff.
ZmS: Wie sieht ein normaler Tag bei Ihnen aus?
Dieter Herr: Ich stehe morgens um halb sieben auf, ziehe mich an, frühstücke und gehe zu meiner Arbeit in die Werkstatt. Wir führen dort im Auftrag großer Unternehmen kleine Arbeitsschritte aus – zum Beispiel stecken wir Dichtungen auf Metallbauteile. Am Wochenende gehe ich meinen Hobbys nach, ich spiele gerne Tischtennis und Tischfußball. Barbara Stapff: Ich bin Rentnerin und stehe meistens um kurz nach sieben auf, ziehe mich an, dusche mich und frühstücke. Dann lese ich Zeitung und schaue etwas fern oder stricke. In der Weihnachtszeit backen wir auch manchmal gemeinsam Plätzchen.
Wie feiern Sie Weihnachten?
Herr: Ich gehe an Weihnachten meistens nach Hause zu meinen Angehörigen.
Stapff: Früher bin ich auch immer nach Hause zu meinen Angehörigen gegangen, inzwischen verbringe ich Weihnachten aber mit der Wohngruppe, ich bin schließlich schon 75. Wir machen jedes Jahr am 20. Dezember eine Weihnachtsfeier.
Vertragen Sie sich eigentlich alle oder gibt es auch manchmal Streit?
Frau Stapff: Das lässt sich wohl nie vermeiden. Wo Menschen zusammenleben, gibt es auch manchmal Konflikte. Das kommt selbst in den besten Familien vor. Meistens geht es aber nur um Dinge wie das Fernsehprogramm.
Na dann. Wohnen Sie in Einzelzimmern oder leben Sie gemeinsam mit anderen in einem Raum?
Hedwig Ulmer: Früher gab es große Schlafsäle, aber heute haben wir alle Einzelzimmer.
Was finden Sie besser?
Ulmer: Einzelzimmer, da hat man niemanden, der schnarcht.
Herr Walter, in welchen Betrieben arbeiten die Menschen in dieser Einrichtung?
Simon Walter: Unsere Klienten sind in den unterschiedlichsten Arbeitsbereichen wie Werkstätten, Cafés, Restaurants, Wäscherei, handwerklichen Betrieben und in der Landwirtschaft beschäftigt. Früher war die Bruderhaus-Diakonie in Dettingen vor allem ein landwirtschaftlicher, sich selbst versorgender, Betrieb. Heute gibt es noch den Biolandhof Bleiche in Bad Urach und wir sind keine Selbstversorger mehr. Stapff: Ich arbeitete vor meiner Rente auch sehr lange in der Landwirtschaft der Bruderhaus-Diakonie. Damals hatten wir auch noch Tiere auf dem Hof, seit 25 Jahren gehören uns aber nur noch Felder.
Wohnen die meisten Bewohner eigentlich ihr Leben lang hier?
Walter: Die meisten Klienten leben tatsächlich sehr lange hier, je nach Wunsch und Hilfebedarf nicht selten bis an ihr Lebensende. Die Bruderhaus-Diakonie bietet also viele Möglichkeiten auf ein besseres Leben für körperlich, geistig oder psychisch benachteiligte Menschen.
Herr Herr, Frau Stapff, Frau Ulmer, Herr Walter, vielen Dank für dieses interessante Gespräch. (ZmS)
Emma Lee Bückle und Alexander Grassl, Graf-Eberhard-Gymnasium Bad Urach, Klasse 9d