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Hartes Training bis zum Elfenflug über die Bühne

REUTLINGEN. »Und gleich noch mal von vorn.« Die Stimme Renate Machs übertönt das Adagio von Mendelssohn Bartholdy. Im Ballettsaal ist es warm. Schwitzende und keuchende Mädchen, die noch vor einigen Minuten durch den Raum gewirbelt sind, stehen nun ruhig da und hören sich die Korrekturen ihrer Ballettlehrerin an.

»Verena, dein Arm ist zu tief. Schau, dass du das am Anfang nicht vergisst. Bibi, deine Zehen könnten bei den Sprüngen speziell bei den Sautés noch besser gestreckt sein. Und Claudi, vergiss nicht, dass beim «Elfenflug» deine Handfläche nach vorne zeigt.« Zu harte Kritik? Nein, alle hören sich ihre Korrekturen ruhig an und stellen sich danach sofort wieder an ihre Plätze.

Also noch mal den »Elfenflug« von vorn. Ihre Devise: ohne Fleiß kein Preis. Denn alle wissen, wenn man dann auf der Bühne steht, weiß man: Es hat sich alles gelohnt. So sieht eine Probe des Jugend-Tanz-Theaters (JTT) in Reutlingen aus. Die zwölf Elevinnen der Ballettschule Renate Mach sind hoch bestrebt den »Sommernachts(t)raum« glanzvoll aufzuführen. Immer samstags von 10.30 Uhr bis ungefähr 15 Uhr trainieren sie wie die Wilden, um später zum sechsten Mal »Bühnenluft« zu schnuppern.

Bis zu sechs Stunden Training sind keine Seltenheit. »Es ist manchmal sehr anstrengend, aber es macht Spaß. Vor allem wenn man sein Ergebnis sieht und das Publikum zufrieden ist«, sagt Bianca Frank, die jetzt auch schon seit fünf Jahren dabei ist. Doch wie entstand das JTT? Es wurde 1997 von der in Stuttgart lebenden Tänzerin, Choreographin und Tanzpädagogin Renate Mach ins Leben gerufen. Es ist »ein Forum für begeisterte junge Menschen, die Spaß am Tanzen, Theaterspielen und an gestalterischen Tätigkeiten haben«, erklärt die Tanzlehrerin.

Witz, Humor und Kreativität sind ebenso wie eine solide Ausbildung im klassischen Tanz nach der Waganowa-Technik (Sankt Petersburg) und in den modernen Tanzrichtungen (»Limon«) gefragt, wenn man mittanzen möchte. Als zweite Tugend ist Ausdauer wichtig, denn oft müssen auch mal die Ferien dran glauben. »Proben kann man nie zu oft«, ist der Leitgedanke dieser Truppe.

Auch Verantwortung ist eine wichtige Angelegenheit. »Man kann nicht einfach mal zur Probe nicht kommen, wenn man keinen Bock hat, weil man vielleicht am Abend davor durchgefeiert hat«, gibt Claudia Heil, eine der zwölf Elevinnen zu bedenken. Wenn einer fehlt, kann es sein, dass man eine ganze Szene nicht proben kann. Dadurch geht natürlich Zeit verloren. Und Zeit ist in diesem Fall kostbar.

Inspirierend wirkt sich für die Gruppe auch die breite Altersspanne von 13 bis 22 Jahren aus. Im JTT dürfen junge Tänzerinnen (leider keine Tänzer, da zu wenig Jungen sich für das Ballett interessieren) nicht nur mittanzen. Nein, die dürfen auch mitreden. Eigene Ideen finden ihren Raum passend zu Shakespeares »Sommernachtstraum«. Durch eigene kreative Beiträge werden Themen wie: Liebe, Hass, Verzweiflung und Hoffnung zeitnah inszeniert.

Zwölf Elevinnen quälen sich samstagmorgens bis zur Leistungsgrenze durch ihren »Sommernachts(t)raum«. Alle freiwillig, mit eiserner Disziplin und ohne etwas dafür zu bekommen. Wozu das alles? Der Funke, in dem sich all dies fokussiert und der das Publikum Beifall klatschen lässt, ist's wert. (ZmS)



Nina Hutzel, Isolde-Kurz-Gymnasium Reutlingen, Klasse 10b