REUTLINGEN. Im Rahmen von »Zeitung macht Schule« hat Vincent Barth den Imkermeister Thomas Radetzki aus Rosenfeld interviewt. Er ist Geschäftsführer des Vereins Mellifera e. V. und dort seit 1985 als Pionier für ökologische Bienenhaltung aktiv .
ZmS: Warum wurden Sie Imker?
Thomas Radetzki: Ich bin Imker geworden, weil ich auf einmal das Gefühl hatte, das ist es für mich und weil ich etwas mit der Natur machen wollte. Denn Bauer konnte ich nicht werden, weil ich kein Geld für einen Hof hatte. Ich fand die Bienen so spannend, weil es jedes Jahr anders ist und man immer wieder was lernen kann.
Wollten Sie schon als Kind Imker werden?
Radetzki: Als Kind konnte ich Bienen von Wespen nicht unterscheiden. Bei uns zu Hause gab es keinen Honig, nur Marmelade. Ich wäre gar nicht auf die Idee gekommen, Imker zu werden.
Was genau macht ein Imker?
Radetzki: Ein Imker begleitet das Bienenvolk in seiner Entwicklung durch das Jahr. Im Winter brauchen die Bienen wenig Platz, müssen aber oftmals mit Zucker gefüttert werden, da die intensive Landwirtschaft die natürlichen Nahrungsressourcen – die Blüten – den Bienen wegnimmt. Im Sommer brauchen die Bienen viel Platz wegen des Wachstums von vielleicht 8 000 Bienen auf 35 000 in einem Volk. Sie brauchen auch Platz für Brut und Honig, den sie frisch sammeln.
Warum sind Bienen so wichtig, was ist ihre Aufgabe?
Radetzki: Die Bienen sind wichtig, da sie die wichtigsten Blütenbestäuber sind. Ein Drittel der menschlichen Ernährung ist direkt oder indirekt davon abhängig. Was aber oft außer Acht gelassen wird, ist die Bestäubung der Wildpflanzen und deren Artenvielfalt.
Woran liegt es, dass Bienen vom Aussterben bedroht sind, was kann man dagegen tun?
Radetzki: So ein fach kann man das nicht sagen. Die Bienengesundheit ist durch viele Faktoren belastet. Das größte Problem ist die Varroa-Milbe. Unsere Europäische Honigbiene Apis Mellifera kennt die aus Asien stammende Milbe nicht und kann sich nicht dagegen wehren. Zudem pflügen die Landwirte bis an den Asphalt, blühende (Un-)kräuter gibt’s nicht mehr im Acker und die Wiesen werden zu häufig gemäht, wodurch die Pflanzen kaum zum Blühen kommen, und stark gedüngt, wodurch die Artenvielfalt verloren geht. Umso intensiver die Landwirtschaft betrieben wird, umso mehr hungern die Bienen. In Baden-Württemberg ist die Lage noch nicht ganz so schlimm, aber in anderen Teilen Deutschlands, wo die Landwirtschaft bereits industrialisiert ist, sieht es für die Bienen nicht gut aus. Die Bauern sind wegen der Agrarförderpolitik und der Preise stark unter Druck. Ihnen bleibt kaum etwas anderes übrig, als das anzubauen, was vorgegeben wird. Und deshalb spritzen die Bauern teilweise auch Mittel, die für die Bienen sehr giftig sind. Es gibt Mittel, von denen die Bienen Störungen im Flugverhalten bekommen und nicht mehr nach Hause finden. Sie können dann auch nicht mehr miteinander kommunizieren.
Wie engagieren Sie sich für die Bienen?
Radetzki: Wir engagieren uns mit Mellifera e. V. für die Bienen, indem wir seit 1985 eine Versuchsimkerei mit rund 150 Völkern betreiben und damit neue Haltungsmethoden entwickeln, die möglichst artgerecht sind. Zudem engagieren wir uns für die Behebung der genannten Belastungsfaktoren, denn die Bienen können nur in einer in einer gesunden Landschaft gesund sein.
Konnten Sie dadurch schon etwas erreichen?
Radetzki: Wir haben eine Reihe von Betriebsweisen entwickelt, die zunehmend an Interesse gewinnen. Das Schöne ist auch, dass inzwischen gut die Hälfte der Kursteilnehmer Frauen sind und die Kursteilnehmer jung sind. Bisher waren die Imker nahezu ausschließlich Männer und recht alt. Wir haben außerdem neue Methoden zur Behandlung von Bienenkrankheiten entwickelt und organisieren das Netzwerk blühende Landschaften, wo auch Privatleute etwas für die Bienen tun können. Des Weiteren haben wir ein bundesweites Netzwerk mit dem Namen »Bienen machen Schule«. Da führen wir Imker und Lehrer zusammen, um an den Schulen auch Bienen zu halten, da man von den Bienen sehr viel lernen kann. Wir haben bis jetzt sechs Jahre erfolgreich für gentechnikfreien Honig gekämpft, da wir unseren Kunden das nicht zumuten wollen. Mit all diesen Themen sind wir auch auf bundespolitischer Ebene aktiv und in enger Abstimmung mit den anderen Imkerverbänden.
Durch Ihr Engagement haben Sie schon Preise gewonnen. Was für Preise waren das und wofür genau haben Sie diese Preise erhalten?
Radetzki: Ich habe von den Deutschen Imkerverbänden schon Preise erhalten, wie den Apisticus für besonders vorbildliche Ausbildungsarbeit der Imker oder den Goldenen Stachel für den erfolgreichen Kampf gegen die Gentechnik. In diesem Jahr habe ich den Förderpreis Ökolandbau von der Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner für eine vorbildliche Pionierarbeit auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin verliehen bekommen.
Was finden Sie an Bienen so besonders?
Radetzki: Das Schönste an den Bienen ist aus meiner Sicht die der Frühling mit seinem frischen Wabenbau und wie dann alles duftet.
Welches Insekt kommt den Bienen am nächsten?
Radetzki: Die Bienen haben eine echte Sonderstellung. Es gibt kein Insekt, das man mit den Bienen vergleichen kann.
Wie viele Honigbienenarten gibt es?
Radetzki: Weltweit gibt es sieben Arten von Honigbienen. (ZmS)
Vincent Barth, GWRS Würtingen,
Klasse 8