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Für die Jugend »up to date«

REUTLINGEN. Barbara Bosch ist seit April dieses Jahres Oberbürgermeisterin von Reutlingen. Ein ZmS-Team hat sich mit der 45-Jährigen über ihre Aufgaben unterhalten.

ZmS: Sie wohnen seit kurzem in Reutlingen-Degerschlacht. Wie fühlen Sie sich als Reutlingerin? Was vermissen Sie?

Barbara Bosch: Ich habe Reutlingen ja schon während der Vorbereitungen zu meinem Wahlkampf ins Herz geschlossen, und dies hat sich durch den warmen Empfang, den die Reutlinger mir bereitet haben, noch verstärkt. Ich kann mir zurzeit gar nicht vorstellen, woanders zu leben und vermisse deshalb nichts.

Ist Ihr Mann auch im politischen Bereich tätig, und unterstützt er Sie bei Ihrer Arbeit?

Bosch: Mein Mann ist in einer Automobilfirma tätig. Wie in einer guten Partnerschaft üblich, geben wir uns gegenseitig Rückhalt und Ermutigung.

Haben Sie auch noch Zeit für Ihre Hobbys?

Bosch: Die Antwort ist schnell gegeben: Wenig.

Wer macht bei Ihnen die Hausarbeit?

Bosch: Durch unsere Berufe sind wir natürlich beide zeitlich sehr eingespannt, so dass wir auf eine Haushaltshilfe angewiesen sind. Den Rest teilen wir - wie heutzutage in modernen Partnerschaften gang und gäbe - gerecht untereinander auf. Vor allem kochen wir beide gerne miteinander.

Was für eine Ausbildung haben Sie absolviert, bevor Sie Bürgermeisterin wurden?

Bosch: Nach Abitur und staatlicher Prüfung an der Handelsschule habe ich Politikwissenschaften und Kunstgeschichte studiert.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, sich in Reutlingen zu bewerben?

Bosch: Als Oberbürgermeisterin hat man zusammen mit dem Gemeinderat erheblichen Einfluss auf die Entwicklung einer Stadt und das Wohl ihrer Einwohner. Mich in dieser Form einzubringen und gestalterisch tätig zu werden, war schon immer ein Wunsch von mir. Da lag es natürlich nahe, mich der Wahl zur Oberbürgermeisterin im schönen Reutlingen zu stellen.

Warum sind Sie parteilos?

Bosch: Politische Arbeit in Parteien und Fraktionen ist wichtig. Demokratie braucht Parteien, in denen sich die Auffassungen und Meinungen der Bürgerschaft bündeln und in der politischen Diskussion vertreten lassen. Als Oberbürgermeisterin ist es meine Aufgabe, das Wohl der Gesamtstadt und ihrer Einwohner im Auge zu behalten. Ich glaube, dass mir dies am besten möglich ist, indem ich keiner Partei als Mitglied verbunden bin.

Wofür setzen Sie sich besonders ein?

Bosch: Dies lässt sich zum Beispiel an meinem Vorschlag an den Gemeinderat, wie wir das städtische Geld im nächsten Jahr ausgeben sollen, ablesen. Der größte Einzelposten fließt in die Kinder- und Jugendarbeit; nämlich ein Fünftel des Zuschussbedarfs insgesamt. Aber auch Kultur, Bildung (Schulen!) und der Verkehr liegen mir am Herzen. Dafür nur wenige Beispiele: Reutlingen benötigt dringend eine neue Stadthalle. Zusammen mit der Bürgerschaft und dem Gemeinderat möchte ich dieses Projekt in ein paar Jahren voran bringen, ohne dabei die vielen anderen kulturellen Angebote zu vergessen. Wir brauchen den Scheibengipfeltunnel, um einen Großteil des Durchgangsverkehrs aus der Innenstadt fern zu halten und um Reutlingen herumzulenken. Die Verbesserung der Sauberkeit in der Stadt und die Förderung des Gemeinschaftssinns in der Bürgerschaft durch die Unterstützung von bürgerschaftlichem Engagement sind mir ebenfalls ein großes Anliegen. Für Betriebe muss Reutlingen ein attraktiver Standort bleiben, und, und, und. Ihr seht also: Es gibt viel zu tun. In Reutlingen sollen sich die Menschen wohlfühlen.

Welche Pläne haben Sie für die Jugendlichen?

Bosch: Die junge Generation zeichnet sich dadurch aus, dass sie selbst immer wieder Neues entdeckt, ausprobiert und ihre eigenen Vorstellungen und Pläne für die Zukunft entwickelt. Ich betrachte es als Aufgabe der Stadt, den Jugendlichen für diese Entwicklung anregende, spannende und sichere Rahmenbedingungen zu geben. Ich meine damit zum Beispiel die Schulen, die wir beispielsweise aktuell mit Computern ausstatten, aber auch unsere Sportstätten und die Freizeitangebote, wie zum Beispiel das tolle Freibad, das vor drei Monaten eröffnete Jugendcafé oder die Stadtbibliothek. Meine Anstrengungen werden dahin gehen, dass wir mit diesen Einrichtungen und Angeboten »up to date« bleiben, damit wir die Wünsche und Interessen der jungen Generation berücksichtigen können. Den notwendigen Kontakt suche ich durch direkte Gespräche, über den Jugendgemeinderat oder über die Bediensteten der Stadtverwaltung. Da die Interessen der Jugendlichen sehr breit gefächert und vielfältig sind, kann natürlich nicht alles von der Stadt organisiert werden. Es muss Platz für eigene Initiativen der Reutlinger Jugendlichen bleiben.

Wie unterscheidet sich Ihre Tätigkeit als Oberbürgermeisterin von Ihrer früheren Arbeit als Sozialbürgermeisterin?

Bosch: Ich war ja in meiner früheren Tätigkeit beileibe nicht nur für die sozialen Themen verantwortlich, sondern zum Beispiel auch für die öffentliche Ordnung oder den Wald. In einer großen Stadt wie Reutlingen müssen natürlich bereits in der Summe viel mehr Aufgaben angepackt und vorangebracht werden, als in Städten mit weniger Einwohnern. In Reutlingen bin ich nicht nur Chefin der gesamten Verwaltung, sondern auch Vorsitzende des Gemeinderats.

Arbeiten Sie mit anderen Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen zusammen? Wenn ja, in welcher Hinsicht?

Bosch: Die schlechte Wirtschaftssituation und die finanziellen Schwierigkeiten treffen Reutlingen nicht allein. Alle Kommunen sind hiervon betroffen. Es ergibt natürlich Sinn, sich darüber Gedanken zu machen, ob Aufgaben, die von jeder Kommune zu erbringen sind, nicht gemeinsam besser und kostengünstiger bestritten werden können. Reutlingen arbeitet bereits mit den Nachbarkommunen zusammen, zum Beispiel bei der Anschaffung von Büromaterial und will dies noch ausweiten.

Könnten Sie sich vorstellen, sich noch mal aufstellen zu lassen?

Bosch: Natürlich.

Was hat es für Sie bedeutet, dass Ihre Wahl zur Oberbürgermeisterin angefochten wurde?

Bosch: Es gehört zu meinem Verständnis von Rechtsstaatlichkeit, dass sich Personen, die sich nicht korrekt behandelt fühlen, dagegen auf dem Rechtsweg wehren können. Das sei ihnen zugestanden. Leider muss dies auch dann gelten, wenn jemand nur »sein Süppchen« kochen will und die Anfechtung möglicherweise keine Aussicht auf Erfolg hat. Für meine Arbeit bedeutete die Wahlanfechtung, dass ich im Gemeinderat bis zur Rechtskraft des Urteils nicht mitstimmen durfte und außerdem die Amtskette noch nicht tragen konnte. Das Letztere hat mich noch nicht so sehr gestört.

Wenn Sie im Lotto gewinnen würden, was würden Sie als erstes kaufen?

Bosch: Ein Lottogewinn basiert auf Glück. Ich habe mit viel Engagement und Einsatz das Vertrauen der Reutlinger und dadurch die Oberbürgermeisterwahl gewonnen. Was will man mehr?



Yvonne Auchter, Frank Dorfner und Patrick Brumme, Laura-Schradin-Schule Reutlingen, 2BFP1