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»Es ist ganz normal, dass man jeden Tag trainiert«

REUTLINGEN. Der 34-jährige Handballer Holger Breitenbacher spielt nun schon stolze 17 Jahre für den VfL Pfullingen. Zwei ZmS-Reporterinnen interviewten den Profisportler und zweifachen Familienvater.

ZmS: Wie kamen Sie zum Handball?

Holger Breitenbacher: Mein Vater hat selber Handball gespielt, als er noch im Alter dazu war (lacht). Da war ich immer bei den Spielen dabei. Am Anfang hab ich aber erst ganz lange Fußball gespielt und später dann auch Spaß am Handballspielen gefunden.

Wie oft und wie lange trainieren Sie?

Breitenbacher: Momentan, im aktiven Bereich, trainieren wir sieben Mal in der Woche. Das heißt unter der Woche jeden Abend sowie Dienstag und Donnerstag morgens. In der Vorbereitung trainieren wir täglich. Im August hatten wir keinen freien Tag. Es ist also ziemlich zeitaufwendig. Wir sind in der ersten Liga angelangt, wo das Handballspielen nicht nur Hobby ist, sondern auch Beruf. Dann ist das ganz normal, dass man jeden Tag trainiert.

Sie sind der Spielführer. Was für Aufgaben haben Sie dadurch?

Breitenbacher: Es schaut nach außen immer so aus, als ob der Spielführer nur voraus rennt, vor den anderen Spielern. Dann bin ich ein bisschen der Draht zwischen Mannschaft und Trainer und der Verbindungsmann zwischen Mannschaft und den Offiziellen, das heißt dem Präsidenten und dem Abteilungsleiter. Da bin ich dann derjenige, der zuerst angesprochen wird. Ich bin auch dafür verantwortlich, dass, wenn es Probleme in der Mannschaft gibt, die einzelnen Spieler zuerst zu mir kommen. Wir versuchen sie dann untereinander zu lösen.

Was halten Sie von Stefan Kretzschmar?

Breitenbacher: Stefan Kretzschmar ist ein hervorragender Handballspieler und durch sein Aussehen natürlich ein absoluter Paradiesvogel in der Liga. Er ist aber auch ein ganz, ganz netter und umgänglicher Zeitgenosse. Er hat keinerlei Star-Allüren. Man kennt sich jetzt auch schon ein bisschen, weil man schon ein paar Mal gegeneinander gespielt hat, und es ist so ein Verhältnis zu ihm, wie zu allen anderen Handballspielern auch. Man respektiert sich, und ich kann nur noch mal wiederholen: Es ist ein Weltklasse-Handballspieler.

Und man ist dann auch nicht mehr aufgeregt, wenn man gegen ihn spielt?

Breitenbacher: Das war es am Anfang sicherlich. Als wir das erste Mal dort waren, hat man die Gegner auch nur aus dem Fernsehen oder aus der Zeitung gekannt. Aber in der Zwischenzeit kennt man sich und wechselt auch das eine oder andere Wort vor oder nach dem Spiel. Mittlerweile hat man da keine Angst vor Begegnungen.

Haben Sie schon einmal im Sport versagt?

Breitenbacher: Man kann nicht richtig versagen, aber wenn man sich Woche um Woche auf ein Spiel vorbereitet und man gewinnt dann nicht, oder ist mit der Leistung von sich oder der Mannschaft nicht zufrieden, dann hat man zwar nicht versagt, aber dann ist man nicht so glücklich darüber.

Bekommen Sie ein Gehalt? Können Sie davon leben, oder üben Sie noch einen anderen Beruf aus?

Breitenbacher: Früher war ich Handwerker. Jetzt momentan bin ich Handballspieler von Beruf und mache nichts anderes als Handball spielen. Ich habe mittlerweile zwei Töchter und meine Frau arbeitet auch, aber ich muss von diesem Geld, das ich beim VfL Pfullingen verdiene, natürlich meine Familie unterhalten.

Hatten Sie schon Verletzungen? Wie viele und welcher Art?

Breitenbacher: (lacht) Das würde den Rahmen wahrscheinlich sprengen, wenn ich all meine Verletzungen aufzählen würde. Ich bin Gott sei Dank von großen Verletzungen verschont geblieben. Aber es gab so kleine wie Meniskusschäden oder einen gebrochenen Finger. Das längste, was ich hatte, war ein Kahnbeinbruch. Damals durfte ich drei Monate überhaupt nichts mit dem Ball machen. Ich hatte allein zwei Monate einen Gips. Man kann es mit einem »normalen« Beruf vergleichen, wie Handwerker. Da schlägt man sich mit dem Hammer auf die Finger. So ist das, wenn man jeden Tag in der Halle ist, dann verletzt man sich einfach.

Machen Sie noch etwas ehrenamtlich für den Verein?

Breitenbacher: Ich trainiere die zweite Mannschaft vom VfL Pfullingen und nebenher noch eine Jugendmannschaft, die ich auch zwei Mal in der Woche betreue, Vom zeitlichen Rahmen geht da einfach nicht mehr. Ihr wisst ja auch, dass das Training und die Spiele entweder abends oder am Wochenende stattfinden. Dadurch bleibt eigentlich gar keine Zeit mehr, etwas anderes zu machen.

Haben Sie noch andere Hobbys, und wie gestalten Sie Ihre Freizeit?

Breitenbacher: Ich sage immer: Meine Familie ist nicht mein Hobby. Ich versuche natürlich die Zeit, die mir außerhalb vom Sport bleibt, mit der Familie zu verbringen. Gehe dann brutal gerne mit meiner Familie in den Urlaub, in die Wilhelma oder auch einfach nur mal so spazieren. So richtige Hobbys habe ich nicht. Ich relaxe gerne oder gehe auch mal mit Freunden oder Mannschaftskollegen ein Bier trinken, aber dann reicht es eigentlich auch schon.

Erkennt man Sie auf der Straße?

Breitenbacher: Mittlerweile ist es schon so, dass ich durch die Zeit, die ich jetzt schon in Pfullingen bin, bekannt bin. Nicht so bekannt wie Boris Becker oder wie der Stefan Kretzschmar, aber wenn ich durch Pfullingen laufe, dann kennt mich schon der eine oder andere, und man spricht mich dann auch an.

Spielen Ihre Töchter auch Handball?

Breitenbacher: Meine kleine Tochter ist erst neun Wochen alt, und die große war im Juli vier Jahre alt, sie können natürlich noch nicht Handball spielen. Meine große Tochter geht jetzt aber schon mal ins Turnen, mit Handball selber hat sie noch nichts am Hut. Aber sie ist bei jedem meiner Heimspiele dabei und dann auch handballbegeistert.

Was wollen Sie in Ihrer Handball-Karriere noch erreichen?

Breitenbacher: Gut, meine Handball- Karriere geht nicht mehr allzu lange, ich bin jetzt ja schon 34. Ich möchte auf jeden Fall mit dem VfL Pfullingen nicht absteigen, das ist eigentlich das absolute Ziel, das nicht nur ich verfolge, sondern auch die ganze Mannschaft. Das ist aber wahnsinnig schwer. Sonst hab ich eigentlich keine weiteren sportlichen Ziele. Ich hoffe natürlich für mich, dass ich jetzt auch in den letzten paar Jahren von größeren Verletzungen verschont bleibe. (ZmS)



Katja Thiebach und Ulla Gatzky, Albert-Einstein-Gymnasium, Klassen 10c und 10d