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Aktuell Geschichte

Eistanz auf dem Tennisplatz

REUTLINGEN. Heute gehen wir in die Eishalle ... doch was taten die Jugendlichen im Zweiten Weltkrieg und danach? Diese und viele andere Fragen hat uns der Zeitzeuge Siegfried Seiz beantwortet. Im Angesicht des Weihnachtsstresses kann man sich eigentlich gar nicht vorstellen, dass das Gelände, auf dem heute ein beliebtes Kaufhaus (Galeria Kaufhof) steht, komplett zerstört war.

Eine Eislaufbahn aus dem Feuerwehrschlauch: Früher war es in Reutlingen üblich, aus den Tennisplätzen in der Charlottenstraße ei
Eine Eislaufbahn aus dem Feuerwehrschlauch: Früher war es in Reutlingen üblich, aus den Tennisplätzen in der Charlottenstraße eine Schlittschuhbahn zu machen. FOTO: STADTARCHIV
Eine Eislaufbahn aus dem Feuerwehrschlauch: Früher war es in Reutlingen üblich, aus den Tennisplätzen in der Charlottenstraße eine Schlittschuhbahn zu machen. FOTO: STADTARCHIV
Früher gab es nicht so viele Geschenke. Siegfried Seiz kann von Glück reden, dass das Haus seiner Familie damals nicht zerstört wurde: Ein Blindgänger fiel an Heiligabend einen halben Meter vom Haus entfernt zu Boden, nachdem er mit seiner Familie über 500 Meter zum nächsten Bunker gelaufen war. Festtage wie Weihnachten wurden in vielen Familien zu Gedenk- und Trauertagen. Auch in der Familie Seiz war dies so, da er im Krieg drei von vier Brüdern verlor.

Nach dem Krieg normalisierte sich die Lage, jedoch war an einen »Luxus« wie heute nicht zu denken. In den 50er- und 60er-Jahren wurde Reutlingen unter Oberbürgermeister Oskar Kalbfell wieder aufgebaut. Dies erfuhr Siegfried Seiz am eigenen Leibe, da sein Vater Erwin Seiz als ehrenamtlicher Stellvertreter des Bürgermeisters den Wiederaufbau mit organisierte. So entstanden auf dem Gelände der heutigen IKG-Sporthalle die Tennisplätze des TV Reutlingen. »Damals hatte man nur einen Schläger und drei Bälle«, so sagt er. Eine Eishalle hatten sie damals nicht, doch sie wussten sich zu helfen. Der Platzwart schaffte mithilfe eines Wasserschlauches über Nacht, eine Eisbahn auf den Tennisplätzen anzulegen. Dies war ein Treffpunkt für viele Jugendliche, an dem sie sich mit kleinen Wettkämpfen gegenseitig herausfordern konnten.

58 Schüler in einer Klasse

Im Sommer fuhren viele, da es Bewegungsmangel und Computerspiele damals noch nicht gab, längere Radtouren - zum Beispiel zum Bodensee. Doch zur Schule mussten sie natürlich auch gehen. Das Friedrich-List-Gymnasium hatte zu dieser Zeit eine Klassenstärke von 58 Schülern. Beim Schwimmunterricht erfreuten sich viele an beherzten Kopfsprüngen von der Galerie des Achalmbades. Auch damals hatte man viele Hausaufgaben, jedoch können wir heute froh sein, dass wir samstags nicht zur Schule gehen müssen. Trotz allem war diese Zeit für Siegfried Seiz und seine Freunde eine wunderbare Zeit! (ZmS)

Toni Seiz und Max Pfeiffer, Isolde- Kurz-Gymnasium Reutlingen, Klasse 9d