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Aktuell INTERVIEW 

Eine Frage der Gerechtigkeit

REUTLINGEN. Wir besuchten am 8. Dezember eine Verhandlung am Reutlinger Amtsgericht und konnten Richter Sierk Hamann Fragen stellen.



GEA: Wie sind Sie darauf gekommen, Richter zu werden?

Sierk Hamann: Wenn man gerne redet und Spaß an Texten und Sprache hat, dann ist Jurist die richtige Arbeit für einen. Außerdem wollte ich etwas bewegen, zum Beispiel Konflikte lösen, Dinge richtigstellen.



Wie lange dauert ein Jurastudium? Hamann: Das Studium dauert vier Jahre, die Regelstudienzeit beträgt acht Semester. Daran schließt sich ein zweijähriges Referendariat an.



In welchen Schulfächern muss man gut sein, um Jura studieren zu können?

Hamann: Es hilft, in Deutsch und Gemeinschaftskunde gut zu sein. Ich habe beispielsweise Mathe gehasst.



»Als Richter habe ich kein Mitleid mit den Angeklagten. Als Mensch manchmal schon«
Wieso sind Sie nicht Anwalt, sondern Richter geworden? Hamann: Ich finde, wenn man Anwalt ist, versucht man nur, die eine Seite zu stärken. Als Richter muss man eine gerechte Lösung für beide Seiten finden.

Finden Sie, dass Sie manchmal ungerecht handeln? Hamann: Gerechtigkeit ist ein großes Wort. Ich versuche, fair zu sein und nach dem Gesetz zu entscheiden, möchte mir aber nicht anmaßen, »gerecht« zu sein. Das hat was mit Demut zu tun.

Haben Sie manchmal Mitleid mit dem Angeklagten? Hamann: Als Richter nicht, aber als Mensch manchmal schon. Es ist ein Unterschied, ob du den Menschen an sich oder seine Tat anschaust. Bei den Taten fällt es manchmal allerdings auch schwer, Mitleid zu haben.



»Da gibt es einen Knopf. Wenn man den drückt, sind in Null-Komma-Nichts drei Polizisten hier«
Haben Sie nicht manchmal auch Angst? Beispielsweise, wenn Ihnen jemand droht oder Sie beschimpft?

Hamann: Nein, ich habe eigentlich keine Angst. Es ist zwar schon vorgekommen, dass mich jemand beschimpft hat, aber damit muss man als Richter klarkommen. Und natürlich habe ich manchmal auch Sorgen, aber man muss eben lernen, mit ihnen umzugehen. Wenn mir jemand droht – zum Beispiel: »Ich bring ein Messer mit!« – dann herzlichen Glückwunsch: Der darf sich dann vorher noch schön durchsuchen lassen.



Und wenn doch mal jemand handgreiflich wird?

Hamann: Da gibt es einen Knopf. Wenn man den drückt, sind in Null-Komma-Nichts drei Polizeibeamte hier.

Man muss als Richter durchaus selbstbewusst sein, oder?

Hamann: Auf jeden Fall. Man kann als Jurist durchaus etwas bewegen, darf sich auch nicht von allem und jedem herunterziehen lassen.

Wir haben viel gelernt, vielen Dank! Franca Schnizler und Mirkan Baykan, Johannes- Kepler-Gymnasium Reutlingen, Klasse 7d