Der alkoholgewöhnte Täter hatte mit unglaublichen 4,6 Promille im Blut einen bei ihm klingelnden Mann mit einem Messer bedroht. Der Täter war der Polizei und auch dem Gericht wegen einiger Vorstrafen bekannt. Dazu zählten Diebstahl, Sachbeschädigungen und Bedrohungen.
Einer der zu diesem Fall befragten Zeugen war ein Polizeibeamter. Richter Hamann lobte ausdrücklich die Arbeit der Polizei in der Stadt Reutlingen und hob vor allem ihren Mut hervor, sich täglich den Gefahren ihres Berufs auszusetzen. »Sie bekommen nur die Informationen: Mann, möglicherweise alkoholisiert und Messer. Sie haben keine Ahnung, ob sie direkt von dem Mann angesprungen werden, wenn sie die Wohnung betreten. Und falls das passiert, sollen sie dann schießen? Das alles müssen sie in einem Bruchteil einer Sekunde entscheiden«, so Hamann.
»Der Staatsanwalt kontrolliert im Namen des Staates«Eine wichtige Rolle spielt auch der Staatsanwalt. Er vertritt den Staat und fungiert als Ankläger. Er stellte Fragen an den Zeugen und den Angeklagten, machte sich sein eigenes Bild des Falles und beantragte am Ende eine Strafe. »Im Gericht gibt es viele Personen, die darauf achten, dass das Recht eingehalten wird. Auch der Staatsanwalt kontrolliert im Namen des Staates«, erklärte uns Hamann.
Während der einstündigen Sitzung fiel uns auf, dass Sierk Hamann sehr lässig mit den Anwesenden umging und immer mal wieder die Stimmung auflockerte. Vor allem die Zeugen versuchte er, bei Laune zu halten. Dadurch wurden sie etwas ruhiger und konnten befreiter aussagen. Doch auch das hatte seine Grenzen. Dazu Hamann: »Aus Erfahrung merke ich irgendwann, wenn der Zeuge nur noch anfängt abzuschweifen und dann muss ich auch mal konsequent sein.«
»Im Amtsgericht kommt es nicht so häufig vor, dass eine Freiheitsstrafe verhängt wird. Nur ungefähr ein Zehntel aller Fälle endet mit einer solchen Strafe«, erklärte uns der Richter nach der ersten Verhandlung. In dieser Sitzung kam es zu einem dieser Ausnahmefälle. Der Angeklagte wurde zu drei Monaten und zwei Wochen Haft verurteilt.
Die zweite Verhandlung war etwas komplizierter. Zwei Flüchtlinge hatten sich in einem Asylbewerberheim um ein bisschen Essen gestritten. Der Streit wandelte sich in eine ernsthafte Prügelei, wobei der Angeklagte mit einer Eisenstange auf das Opfer losging. Die Mitbewohner riefen daraufhin die Polizei. Da die Zeugen fast alle Asylbewerber waren und kein Deutsch konnten, wurden für die Gerichtsverhandlung Dolmetscher bestellt.
In drei verschiedene Sprachen mussten sie übersetzen. Dies füllte den Raum dauerhaft mit einer gewissen Grundlautstärke, deshalb war die Konzentration leicht gestört. Doch der Richter ließ sich davon nicht beirren und leitete auch diese Verhandlung souverän.
»Aus Erfahrung merke ich, wenn der Zeuge anfängt abzuschweifen«Die Verhandlung zog sich etwas, doch am Ende konnte Hamann das Urteil mit großer Gewissheit verkünden. Der Angeklagte wurde zu sechs Monaten auf Bewährung verurteilt. Die Bewährungszeit beträgt zwei Jahre, das bedeutet, er darf die nächsten zwei Jahre keine Straftat begehen, sonst kommt er für die sechs Monate ins Gefängnis.
Am Ende waren dann alle Akten bearbeitet. Wir konnten nach einem spannenden und interessanten Tag beruhigt nach Hause gehen und haben einen Einblick in den Alltag des Rechtsstaats und in die verantwortungsvolle Arbeit eines Richters gewonnen. (ZmS)
Julian Michel und Marc Süßbrich, BZN Klasse 9a