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»Ein Positiver ist ein Mensch wie jeder andere«

REUTLINGEN. Ein ZmS-Team hat die Aidshilfe Reutlingen besucht und mit Silvia Ulbrich-Bierig, Sozialpädagogin, gesprochen. In Reutlingen gibt es die Beratungsstelle der Aidshilfe seit zwei Jahren. Sie sind gerade von der Kaiserstraße in die Federnseestraße 4 umgezogen (Jugendcafé). Ihre Aufgabe ist es, Infizierte zu beraten und zu betreuen sowie Angehörige und Ratsuchende zu informieren. Zu dieser Betreuung HIV-Positiver gehört unter anderem die Begleitung zu Ärzten und Ämtern. In den Beratungsstellen Reutlingen und Tübingen arbeiten sieben hauptamtliche Mitarbeiter, die alle teilzeitbeschäftigt sind.

ZmS: Wie sieht ein Arbeitstag bei Ihnen aus?

Silvia Ulbrich-Bierig: Unterschiedlich, er kann den ganzen Tag aus Sitzungen bestehen, oder aber ich bin den ganzen Tag unterwegs zwischen Reutlingen und Tübingen, um Betroffene zu betreuen.

Berührt Sie Ihre Arbeit?

Ulbrich-Bierig: Kommt drauf an. Ich habe Professionalität damit umzugehen, da ich früher als Krankenschwester gearbeitet habe. Doch wenn es einem Menschen schlecht geht und er dann stirbt, dann geht es mir nahe.

Auf was müssen Sie achten?

Ulbrich-Bierig: Ich muss auf nichts achten. Wenn ich eine Beratung habe oder ich mich mit einem Infizierten treffe, besteht für mich kein Infektionsrisiko, da ich die Übertragungswege kenne.

Wie viele Infizierte gibt es in Reutlingen?

Ulbrich-Bierig: So genau kann man das nicht sagen. In Reutlingen, Tübingen und dem Zollern-Alb-Kreis sind es mehrere Hundert.

Wie viele Menschen infizieren sich pro Jahr in Reutlingen?

Ulbrich-Bierig: Das kann man nicht sagen, denn viele kommen auch aus anderen Städten, um sich testen zu lassen.

Wie alt ist die jüngste Infizierte bei Ihnen?

Ulbrich-Bierig: Sie ist 15 Jahre alt.

In welchem Alter sind die meisten Infizierten, die zu Ihnen in die Beratung kommen?

Ulbrich-Bierig: Das Durchschnittsalter liegt bei 30 bis 40 Jahren.

Welche Menschen bekommen Aids?

Ulbrich-Bierig: Früher waren es vor allem Drogenabhängige und Schwule, mittlerweile breitet sich die Krankheit auch bei anderen Menschen stark aus. Aids kann jeder bekommen.

Haben Sie Erfahrungen gemacht, die Sie nie vergessen werden?

Ulbrich-Bierig: Als ich neu bei der Aidshilfe war, hatten die Mitarbeiterinnen und ich ein Treffen in einer WG vereinbart. Einer der Bewohner hatte eine starke Erkältung und hat beim Kaffee kochen gehustet. Ich hatte in dem Moment Angst mich anzustecken. Heute weiß ich, dass dies kein Übertragungsweg ist.

Was denken Sie, wenn Sie sich mit einem HIV-Positiven treffen?

Ulbrich-Bierig: Ich denke nichts Bestimmtes dabei. Ich stehe ihm normal gegenüber. Ein Positiver ist für mich ein Mensch, wie jeder andere.

Haben Sie eine Idee für Vorbeugungsmaßnahmen?

Ulbrich-Bierig: Die Informationen weitergeben. Offen mit dem Thema umgehen, mit Freunden oder Verwandten darüber reden, über Ansteckungsgefahren und über andere wichtige Aids-Informationen.

Können Sie uns einen Fall schildern, wie ein Infizierter zu Ihnen kam und wie es ihm heute geht?

Ulbrich-Bierig: Ein Mann ist mit einer schweren Lungenentzündung ins Krankenhaus gekommen. Dort hat man festgestellt, dass er HIV-positiv ist. Man hat ihn über die Aidsberatung informiert. Er ist dann zu uns gekommen und wird seither von uns betreut. Es geht ihm aufgrund der antiretroviralen Therapie wieder besser.



Steffi Welsch, Marc Tinney und Steffen Renz, Albert-Einstein-Gymnasium Reutlingen, Klasse 10d