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Aktuell INTERVIEW

Ein kleiner Griff mit großen Folgen

REUTLINGEN. Immer mehr Jugendliche meinen, dass man nur Spaß haben kann, wenn man auf Partys Alkohol trinkt. Dabei gehört Alkohol zu den legalen Drogen ebenso wie Zigaretten. Leider überall problemlos erhältlich. Drogen können süchtig machen. Jugendliche, die regelmäßig Alkohol konsumieren, können eine Abhängigkeit entwickeln. Meist wird Alkohol doch nur getrunken oder andere Suchmittel genommen, um Probleme zu lösen, wegen mangelnden Selbstvertrauens, wegen Passivität und Unselbstständigkeit, aus fehlender Bereitschaft Konflikte »durchzustehen« und um in seiner Gruppe anerkannt zu werden. Durch Sucht werden die freie Entscheidung, die persönliche Entwicklung und das Sozialverhalten eines Menschen stark beeinträchtigt. Positives Sozialverhalten und ein Zusammenleben in einer Gemeinschaft werden durch die Sucht erheblich erschwert, wenn nicht gar unmöglich gemacht. Sucht führt bei den Betroffenen in den meisten Fällen zu gesundheitlichen und psychischen Schäden. Dies ist Grund genug, vor Drogen zu warnen und darüber zu informieren. Daher habe ich mich mit dem Jugendsachbearbeiter Michael Hampel, Jugendsachbearbeiter bei der Reutlinger Polizei, über das Thema Drogen und ihre Gefahren unterhalten.

»Je niedriger das Einstiegsalter, desto höher die Suchtgefahr«
ZmS: Was ist Ihr Aufgabengebiet?

Michael Hampel: Meine Aufgaben sind die Bekämpfung von Jugendkriminalität durch Strafverfolgung und Prävention (Prävention=Vorbeugung durch Information).

Warum ist der Drogenkonsum unter Jugendlichen so hoch?

Hampel: Das ist eigentlich eine Frage, die ein Psychologe oder sonstiger Suchtexperte beantworten sollte. Jugendliche erzählen mir, dass sie aus Neugier, Frust und Mangel an Alternativen Drogen konsumieren. Das Dunkelfeld, also die Zahl derer, von denen man nicht mitbekommt, dass sie Drogen nehmen oder missbrauchen, ist allerdings sehr groß.

Ist der Gefährdungsgrad umso höher je niedriger das Einstiegsalter ist?

Hampel: Auch das ist eine Frage, die man eigentlich Suchtexperten stellen müsste. Ich weiß aber, dass wissenschaftliche Studien festgestellt haben: je niedriger das Einstiegsalter, desto höher die Suchtgefahr. Zum Beispiel ein 13-Jähriger kann bis zu 80 Prozent gefährdet sein.

Welche Drogen benutzen Jugendliche?

Hampel: In meinem Dienstbezirk ist es so, dass sie Nikotin und Alkohol bevorzugen, weil es relativ problemlos zu bekommen ist. Aber auch Canabisprodukte, Amphetamine und Modedrogen spielen durchaus eine Rolle.

Was tut die Polizei dagegen?

Hampel: Wir versuchen viel Präventionsarbeit zu leisten, indem wir Schule und Eltern und natürlich auch die jungen Menschen selbst sensibilisieren, durch Information und Aufklärung. Und wir führen auch eine sehr große Anzahl von Strafverfahren gegen Dealer und auch gegen Personen die Drogen kaufen.

Wohin sollte man gehen, wenn man drogenabhängig ist?

Hampel: Man kann zur Drogenberatungsstelle gehen, auch das Jugendamt, die Polizei, oder der Hausarzt können helfen. In Extremfällen kann man sich auch an eine psychiatrische Klinik, wie es zum Beispiel eine im Krankenhaus Reutlingen gibt, wenden.

Welche Droge halten Sie für die gefährlichste und warum?

Hampel: Ich persönlich halte Alkohol und Nikotin für die gefährlichsten, weil sie überall problemlos erhältlich sind und weil sie auch »gefährliche Nebenfolgen« haben können - zum Beispiel Unfälle, Alkoholvergiftung und Sexualdelikte. Nikotin ist meiner Meinung nach eigentlich Einstiegsdroge für Cannabis und dadurch dann eben auch für noch härtere Drogen. Das heißt nicht, dass jeder Raucher nachher wirklich drogensüchtig wird. Aber meine eigenen Erfahrungen haben gezeigt, dass nur Raucher kiffen.

Wie wirkt die Droge Cannabis, welche Gefahr droht durch sie?

Hampel: Da ich das Zeug selber noch nie genommen habe, kann ich dazu nicht wirklich was sagen, und es ist auch wieder eine Frage, die ein Arzt oder Psychologe beantworten sollte. Aus der Fachliteratur weiß ich, dass Halluzinationen hervorgerufen werden können, bei Missbrauch kann es auch zu Persönlichkeitsspaltung führen. Dauerkonsumenten ziehen sich sehr häufig aus dem Sozialleben zurück, werden schlechter in der Schule und/oder am Arbeitsplatz und richten ihr Leben über kurz oder lang in der Hauptsache nach ihrem Drogenkonsum.

»Ich sehe, dass du Drogen nimmst, ich finde das nicht gut«
Welche Strafe erhalten Jugendliche die beim Cannabiskonsum erwischt werden?

Hampel: Das kommt ganz auf den Fall an, er kann zum Beispiel zu einem Gespräch mit der Drogenberatung verurteilt werden oder zu einer Therapie. Aber auch durchaus zu Arbeitsstunden und in Extremfällen zu Jugendarrest oder auch Jugendfreiheitsstrafe. Was aber auf jeden Fall immer passiert ist, dass die Polizei Berichte an die Führerscheinstelle schickt und es dann Probleme mit dem Führerschein geben kann.

Was soll man tun, wenn man mitbekommt, wie jemand aus dem persönlichen Umfeld Drogen nimmt?

Hampel: Man soll die Person erst mal unter vier Augen ansprechen, ihm oder ihr sagen 'Ich sehe, dass du Drogen nimmst, ich finde das nicht gut'. Wenn die Person nicht darauf eingeht, sollte man die Eltern informieren. Wenn ihr zur Polizei geht, ist es so, dass ein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden muss. Aber das Ergebnis kann ja wie schon gesagt, durchaus ein Beratungsgespräch oder sogar eine Therapie sein, sodass das eurem Freund oder Schulkameraden, der Drogen nimmt, einfach auch hilft!

Danke für das Interview - die Präventionsarbeit ist für mich sehr wertvoll. (ZmS)

Dennis Früh, Realschule Pliezhausen, Klasse 8c