Das Bauernhaus, in dem das Museum untergebracht ist, steht immer noch auf demselben Fleck, auf dem es im Jahr 1600 erbaut worden ist. Es war bis 1966 bewohnt und wurde nach dem Auszug des damaligen Besitzers renoviert und als Museum hergerichtet. Jetzt kann den Besuchern das Leben der Bauern von früher gezeigt werden. Wir haben uns bei der Führung vorgestellt, wie es gewesen wäre, wenn wir da als Kinder aufgewachsen wären.
»Wahrscheinlich hätten wir uns aber trotz der Enge nicht geschubst oder gestritten«
Zuerst standen wir in der »guten Stube« und haben ein bisschen gefroren. Draußen war es kalt, und drinnen heizte nur der Ofen. Oben um den Ofen war eine »Ofenhange« oder »Sockenhange« aus Holz, an der wir unsere nassen Socken hätten trocknen können. Auf dem Ofen stand eine Wasserkanne für warmes Wasser und im Ofen drin die Kaffeekanne. Das Holzbügeleisen stand auch immer griffbereit auf dem Ofen. So hat man die Ofenwärme gut ausgenutzt.
Wir Kinder hätten auf der großen Eckbank gesessen, ganz dicht aneinander gedrängt, denn wir hätten damals bestimmt noch acht oder mehr Geschwister gehabt. Wahrscheinlich hätten wir uns aber trotz der Enge nicht geschubst oder gestritten, denn in die »gute Stube« durfte man nur sonntags oder zu besonderen Festtagen. Und das hätten wir nicht verpassen wollen! Vielleicht gab es da was besonders Gutes zu essen.
Der Vater saß am Tisch immer mit dem Blick zum Fenster, damit er den Haupteingang und den Stall beobachten konnte. Die Mutter hatte ihren Platz an der Tischseite mit der Schublade.
In der Schlafkammer der Eltern fiel uns gleich das große Himmelbett auf. Es hat ein richtiges kleines Dach. Warum das? Über der Schlafkammer befand sich der Heubarn, und von dort fiel durch die Ritzen der Holzdecke immer etwas Heu und Staub herunter. Das blieb alles auf dem Bettdach liegen und fiel nicht direkt ins Bett hinein.
An den Seiten konnte man dieses Bett mit einem Vorhang zuziehen. Vor allem im Winter war das praktisch, so blieb im Bett noch etwas Wärme. Das Schlafzimmer war nicht geheizt und besonders im Winter eiskalt.
»Und beim Baden gab es nur einen Zuber voll Warmwasser für alle Kinder«
Die Matratzen waren mit Stroh gefüllt, bei armen Leuten mit Laub. In einer schönen Truhe befand sich ein Nachttopf als Toilette, denn sonst hätten die Leute nachts hinters Haus oder in den Stall gehen müssen. Und das mit einer Laterne oder einem Kerzenlicht! Eine Wärmflasche oder einen »Bettstein« für Bauch oder Rücken oder Füße hatte man tagsüber im Ofen, damit man sich in der Nacht daran aufwärmen konnte.
Tagsüber hätten wir uns alle in der Küche aufgehalten. Im Holzherd brannte den ganzen Tag ein Feuer, und obendrauf, im sogenannten »Schiff«, hatte man immer warmes Wasser vorrätig. Damit hätten wir uns auch gewaschen. Ein Badezimmer hat früher kein Mensch gekannt. Und beim Baden gab es nur einen Zuber voll Warmwasser für alle Kinder. Wasser war kostbar, man hat es entweder aus den aufgestellten Regenfässern geholt oder aus dem Dorfteich oder auch mit dem Fuhrwerk aus dem Flüsschen Lauter.
Zucker war eine wertvolle Besonderheit, gewöhnlich süßte man mit Honig. Hatte die Mutter einen Zuckerhut und schlug mit dem Zuckerhammer ein Stück davon ab, wären wir auf der Lauer gelegen. Vielleicht hätten wir eine Winzigkeit davon abgekriegt! Andere Süßigkeiten gab es früher keine, höchstens mal einen Kuchen oder an Weihnachten ein bisschen Gebäck.
Die Butter musste man im Butterglas selber aus Rahm schlagen. Ganz bestimmt hätten wir größeren Kinder beim Schlagen helfen müssen, bis uns beinahe die Arme abgefallen wären. Die Mutter hatte dann ihre Butter auf dem Reutlinger Markt verkauft, 25 Kilometer eine Wegstrecke - und das zu Fuß!
»Wenn wir uns da im Schlaf bloß mal geregt hätten, wären wir glatt rausgeplumpst«
Wir hätten auf dem Bauernhof auch etliche Katzen gehabt, aber die durften früher gar nicht ins Haus. Damit die Mäuse trotzdem nicht alles wegfressen konnten, stellte man überall Mausefallen auf. Da gab es ganz tolle Modelle: solche aus Holz und mit einem Getreidekorn als Lockmittel, solche mit einem Wassertank, in dem die Maus dann ertrank, oder solche, die wie eine Flöte aussahen und in der die Maus einen Faden durchbeißen musste. Hauptsache, die Mäuse waren gefangen.
Das Geschirr hätten wir in schrägen Regalen an der Wand gehabt, das war schön übersichtlich.
Im »Altenteil« wohnten die alten Bauern, also die Großeltern. Dort kamen wir in die »Lichtstube«. Da trafen sich im Winter die Frauen und jungen Mädchen zum Singen, Erzählen, Handarbeiten und Aussteuer nähen. Der Schrank mit der Aussteuer musste nämlich möglichst ganz gefüllt sein, bevor ein Mädchen heiraten durfte.
Über eine enge Holztreppe stiegen wir nach oben zum Kinderzimmer. Darin standen vier Betten für alle Kinder. Wir und unsere Geschwister hätten uns zu zweit oder auch zu dritt in ein einziges Bett zwängen müssen. Wenn wir uns da im Schlaf bloß mal geregt hätten, wären wir glatt rausgeplumpst! Damit das nicht passierte, hatte man an der Bettseite eine hölzerne »Bettschere« befestigt.
Durch die Ritzen des Dachs drangen der Wind, der Regen, der Staub und das Laub, und manchmal lag im Winter sogar Schnee auf der Bettdecke. Das Zimmer war dann eiszapfenkalt. Kein Wunder, dass wir so oft krank gewesen wären, und etliche von uns Geschwistern hätten die harten Zeiten leider gar nicht überlebt.
Schuhe gab es für uns sowieso nur im Winter, und die unterschied man oft nicht in rechts und links, sondern sie waren »gerade«, damit sie allen gepasst hatten. Für arme Kinder gab's Strohschuhe.
»Etliche von uns Geschwistern hätten die harten Zeiten leider gar nicht überlebt«
Und im Stall hätten wir Kühe und Schweine gehabt. Wer hätte die gefüttert und ausgemistet? Klar, der Vater - und dann wir älteren Kinder. Auf der Weide hätten sowieso wir das Vieh hüten müssen, und auf dem Acker und dem Feld hätten wir auch helfen müssen. Nicht zu vergessen unsere kleineren Geschwister, für die auch wir den Aufpasser gespielt hätten.
Das wäre früher auf jeden Fall ein ganz schön anstrengendes Leben für uns gewesen! (ZmS)
Diane, Tobias, Yvonne, Peter-Rosegger-Schule, Reutlingen