»Ich fühlte mich, als würde ich durch einen endlosen Gang laufen, wo es keine Türen als Auswege gab«, erzählt sie. Es schien ihr, als gebe es nur noch den einen Ausweg: »Selbstmord.«
Nachts quälten sie Schlafstörungen, und ständige Angst umgab sie. Weil sie das alles sehr belastete und der Schmerz in ihrem Inneren sehr groß war, fing sie an, sich zu ritzen. Sie wollte den Schmerz spüren, sie wollte spüren, dass sie noch körperliche Schmerzen empfinden konnte, wollte spüren, dass sie noch lebt. Es ging damit weiter, dass Nina ihre Suizid-Gedanken umzusetzen versuchte.
Wut und Traurigkeit rauslassen
Ihre Freundin wollte ihr helfen, indem sie den Kontakt zum Arbeitskreis Leben in Reutlingen für Nina herstellte. Nina nahm die Hilfe an und kam zu vielen Gesprächen mit der Diplompädagogin Bettina Guhlmann. Als erstes war es wichtig, dass sie über das Erlebte redete. Dort konnte sie erzählen und weinen, ihre Wut und Traurigkeit rauslassen.
Konkrete Hilfe bekam sie durch bestimmte Therapien zum Beispiel durch Fantasie-Reisen, bei denen sie sich einen Ort vorstellen sollte, an dem sie sich ganz sicher fühlte. Oder so etwas wie einen Tresor, in dem sie die Erinnerungen einschließen kann und nur aufzuschließen braucht, wenn sie die Erinnerungen anschauen möchte.
Nina erschuf sich ein Fantasie-Tier, einen Bären, der nun immer bei ihr ist, um sie zu beschützen. Die Diplompädagogin ging zusammen mit Nina zu einem Arzt, der ihr eine psychosomatische Klinik empfahl. Sie befolgte den Rat und bekam dort genau die Hilfe, die sie brauchte, um mit dem Erlebten fertig zu werden.
Auslöser für Suizidversuche können Auseinandersetzungen mit Freunden, Stress mit den Eltern oder Ärger in der Clique und mit den Klassenkameraden sein. Häufig liegt dahinter eine Geschichte von Verletzungen und Verlust-Erfahrungen. Es kann zu einem Versuch, sich das Leben zu nehmen, kommen, wenn sich Suzid-Gefährdete alleine fühlen und sich fragen: »Hat mein Leben überhaupt noch einen Sinn?« In einer verzweifelten Lage befinden sich Jugendliche auch durch sexuellen Missbrauch und Vergewaltigung.
Bettina Guhlmann, Diplompädagogin, beim Arbeitskreis Leben stellt sich vor, dass Suizidgedanken auch etwas Erleichterndes an sich haben können. Für Suizidgefährdete scheint es oft der einzige Ausweg zu sein und dass es überhaupt noch einen Ausweg geben könnte, macht die Situation erträglicher. An dieser Stelle ist es nötig, dass man sich Hilfe sucht, um all die anderen Lösungen zu sehen. Mit dem Gedanke an Suizid ist oft »eher eine verzweifelte Sehnsucht nach dem Leben als nach dem Tod« verbunden, weiß Bettina Guhlmann. (ZmS)
Steffi Bertsch, Lena Heckmann und Antje Flammer, Laura-Schradin-Schule, Reutlingen, 2 BFP 1