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Aktuell INTERVIEW

Der Top-Ten-Trainer

REUTLINGEN. Ein Wechsel vom Männer- zum Frauenhandball, aus der vierten in die Erste Liga: Das kommt nicht häufig vor. Das musste eine große Umstellung sein, aber warum macht man so etwas? Darüber habe ich mit Alex Job gesprochen. Er war jahrelang beim VfL Pfullingen, dort spielte er in der Ersten Bundesliga, zwischenzeitlich lief er für Balingen/Weilstetten auf und kam 2008 in die Mannschaft zurück. Schließlich wurde Job in der Saison 2009/10 Trainer des VfL. Anfang dieser Saison folgte ein weiterer Wechsel: Job trainiert die Bundesligistinnen der TuS Metzingen.

ZmS: Was waren die Hauptgründe für den Wechsel?

Alexander Job: Ich hatte mit der Pfullinger Mannschaft viereinhalb Jahre zusammengearbeitet und den Eindruck, dass es Zeit wäre für eine Veränderung. Ich fragte mich, ob nicht auch ein anderer Trainer helfen würde, das Ziel zu erreichen, den Aufstieg zu schaffen. Zeitgleich hatte ich von der TuS Metzingen das Angebot erhalten, die Trainerstelle von Edina Rott zu übernehmen. Es war natürlich ein sportlicher Anreiz für mich, die Metzingerinnen in den Top Ten der Ersten Liga zu etablieren.

»Dem Trainer muss es Spaß machen, mit dem Team zu arbeiten«
Was macht Ihnen am Frauentraining mehr Spaß als am Männertraining?

Job: (lacht) Grundsätzlich ist es ja so, dass es dem Trainer Spaß machen muss, mit dem Team zu arbeiten – und das ist in Metzingen so. Die Frauen haben mir den Einstieg sehr leicht gemacht, sie sind sehr lernwillig und aufmerksam, sie nehmen das an, was ich ihnen im Training sage. Im Unterschied zu Pfullingen ist es so, dass ich ein bisschen mehr erfahrenere Spielerinnen im Kader habe, was es mir ermöglicht, technisch auf sehr hohem Niveau zu arbeiten.

Werden andere Dinge trainiert?

Job: Es gibt schon viele Parallelen. Grundsätzlich ist es so, dass die körperliche Konstitution bei den Männern eine ganz andere ist. Hieraus ergeben sich dann auch die Unterschiede. Männer spielen körperbetonter, dynamischer, bei Frauen steht mehr die Taktik im Vordergrund. Inhaltlich wird das Gleiche vermittelt, von der Spielphilosophie her man braucht eine gute Abwehr und hieraus resultierend ein gutes Gegenstoßverhalten.

Trainieren Frauen anders als Männer?

Job: Nein, da gibt es keine großen Unterschiede, das ist eher typenabhängig. Es ist auch nicht am Geschlecht festzumachen, ob ein Spieler Dinge hinterfragt oder seinen eigenen Willen durchsetzen möchte oder mehr auf den Trainer hört.

Sind Sie immer noch glücklich mit der Entscheidung?

Job: Ja natürlich, ich habe mit dem Wechsel in die Erste Liga bei den Frauen eine große Chance bekommen. Die Umstellung war am Anfang ein bisschen schwierig, aber die Mädchen haben es mir nicht schwer gemacht. Und wenn die Ergebnisse stimmen und wir viele Spiele gewinnen – wir haben eine gute Vorrunde gespielt – dann macht die Sache natürlich einen Riesenspaß.

TuS Metzingen gegen VfL Pfullingen, Erste Liga gegen Vierte, welche Mannschaft würde gewinnen?

Job: Ich glaube, dass der VfL Pfullingen deutlich gegen uns gewinnen würde. Es ist einfach so, dass der Handball von Zweikämpfen lebt, und da sind die Mädchen halt deutlich unterlegen. In der Vorbereitung haben wir gegen Ober-/Unterhausen gespielt (Anmerkung der Redaktion: 5. Liga Männer), da waren wir aber noch nicht eingespielt und traten gegen ein gut eingespieltes Team an. Bei einer Spielzeit von 30 Minuten verloren wir mit zwölf Toren. Und Pfullingen wäre noch deutlich spielstärker einzustufen. Aber das Gute ist ja, dass wir uns nicht mit Männern messen, und im Damenhandball liegen wir derzeit auf Platz fünf in der Ersten Bundesliga.

Welche Mannschaft trainiert mehr?

Job: Die Metzinger Damen trainieren deutlich mehr als die Pfullinger.

Was ist für Sie zeitaufwendiger?

Job: In Metzingen ist zum einen der Trainingsaufwand höher, hinzu kommt ein deutlich höherer Fahrtaufwand, mit der Mannschaft und auch für mich selbst.

Wie finden Sie es, dass in einer Erstliga Frauenmannschaft jede mindestens Teilzeit arbeiten muss?

Job: (überlegt) Das ist natürlich ein generelles Problem im Frauenhandball. Es gibt in der Ersten Bundesliga nur ganz wenige professionelle Spielerinnen, die meisten arbeiten noch, das muss ich als Trainer natürlich berücksichtigen. Die Frauen haben eine geringere Medienpräsenz und auch nicht die finanzielle Ausstattung wie die Männer. Ich denke, dass die Mädchen es verdient hätten, eine angemessene Bezahlung zu bekommen, bei dem Aufwand, den sie betreiben. Sie trainieren während der Vorbereitung teilweise auch am Vormittag und fahren bis zu neun Trainingseinheiten in der Woche – zusätzlich zur Arbeit. Ich finde diese Diskrepanzen zum Männersport schade, aber meine Damen beklagen sich nicht. Sie geben trotzdem bei jedem Spiel maximalen Einsatz und genießen es, in der Öffentlichkeit zu stehen.

Herr Job, vielen Dank für dieses Gespräch. (ZmS)

Han Völker, Isolde-Kurz-Gymnasium Reutlingen, Klasse 9a