Trotz etlicher Versuche Seuberts, diesen Vorschlag dort durchzubringen, ließ das Rathaus nichts von sich hören. Aber der 70-Jährige gibt nicht auf. Da noch heute zahlreiche Angehörige aus aller Welt den Friedhof besuchen, wäre allein deshalb eine Erweiterung der Tafel längst überfällig. »Diese Nachkommen«, erklärt Seubert, »sehen den Friedhof nicht wie wir Christen als historisches Denkmal, sondern als einen religiös wichtigen Ort.«
Der Friedhof gehört gesetzlich der jüdischen Gemeinde in Stuttgart. Seubert selbst organisiert ebenfalls Führungen durch die Grabstätte. Für Einzelbesuche des eingezäunten Friedhofs liegt ein Schlüssel im Wankheimer Rathaus bereit. In der Zeit von 1774 bis 1941 wurden 138 Gräber angelegt.
Ursprünglich ließen sich vier Juden in Wankheim, damals Besitz eines Reichsritters, nieder und bauten sich Familien auf. Sie pachteten einen Teil des Gebietes des heutigen Friedhofes. So wurde die jüdische Gemeinde Wankheim gegründet, die in dieser Zeit mit folgenden Problemen zu kämpfen hatte: Die Juden mussten beispielsweise hohe Schutzgelder zahlen und durften ihren Friedhof nicht innerhalb des Dorfes errichten. Das gepachtete Gebiet galt als sehr unheimlich, da in der Nähe Tierabfälle entsorgt wurden.
Friedhof - mehr als ein Denkmal
Doch als 1803 die zwei großen Herzogtümer Baden und Württemberg entstanden, wurden alle kleineren Ländereien abgeschafft, und die Juden verloren damit ihren Schutz durch die Reichsritter. Vorerst mussten sie auf einige Rechte verzichten, die aber mit der Zeit eingeräumt wurden und 1864 sogar zur Gleichstellung mit den Christen führte. Endlich hatten sie die freie Wohnsitz-Wahl und konnten nun auch andere Berufe als den des Geldverleihers und des Viehhändlers ausüben. Trotzdem mussten sie ihre Berufe beibehalten, da sie ja nichts anderes gelernt hatten.
Anfang bis Mitte des 19. Jahrhunderts blühte auch die jüdische Gemeinde Wankheim auf und baute 1830 eine Synagoge an den Ortsrand. Die Gemeinde wurde jedoch 1882 aufgelöst, was den Abriss der Synagoge zur Folge hatte. Viele Juden waren nämlich zuvor aus Wankheim in die umliegenden Städte gezogen, um dort erfolgreichere Läden aufzumachen. Deshalb wurde die jüdische Stadtgemeinde Tübingen-Reutlingen gegründet. Die Juden jedoch wollten ihren Friedhof in Wankheim behalten, weil auf ihm ihre Vorfahren begraben worden waren.
Nun kamen die jüdischen Bürger eigentlich ziemlich gut zurecht, bis 1933 der Reichstagsbrand ausbrach und sich ihr Leben grundlegend veränderte. In dieser Zeit wurde der Friedhof geschändet, Grabsteine zerstört und mit roten Hakenkreuzen beschmiert. Dies geschah sogar noch nach über 40 Jahren nach der Kriegszeit. Eigentlich wollten die Nazis den Friedhof komplett zerstören, doch letztendlich waren der Krieg und das Ermorden der Juden ihnen wichtiger.
Deshalb erscheint es auch uns wichtig, die Gedenktafel erweitern zu lassen. Aber dennoch sind wir glücklich zu sehen, dass die geschändeten Grabsteine wieder hergerichtet wurden und man sich um die Pflege des Friedhofes kümmert. (ZmS)
Daniel Kemmler, Silvan Zacharias
Karl von Frisch-Gymnasium, Klasse 9b