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»Bitter war es, längere Zeit hungern zu müssen«

REUTLINGEN. Gertrud Schneider, eine 102-jährige alte Dame, durchaus noch rüstig, lebt in einem hübschem Reihenhaus in Reutlingen. Ein ZmS-Team hat die dort besucht und die nette, lebensfrohe Frau im Beisein ihrer Tochter Gerta Merkel über ihr Leben befragt.

ZmS: Wie fühlen Sie sich mit 102 Jahren?

Gertrud Schneider: Gut, richtig gut.

Haben Sie Kinder, Enkel, Urenkel, oder sogar Ururenkel?

Schneider: Ja das habe ich, ich habe eine Tochter, vier Enkel und drei Urenkel. Alle sind sie sehr nett zu mir. Alle kommen sie gut miteinander aus, und das freut mich wirklich sehr.

Welche Berufe oder Tätigkeiten haben Sie ausgeübt?

Schneider: Ich bin in einer Handschuhmacherfamilie groß geworden. Mein Vater hatte ein eigenes Handschuhmachergeschäft. In diesem habe ich auch meine Ausbildung absolviert. Alle Frauen, die nur ein Kind hatten, mussten in die Rüstungsindustrie. Ich bin statt in die Rüstungsindustrie zur Post und habe dort ein Amt als Postbotin erfüllt. Später war ich als Hausfrau tätig.

Haben Sie schon immer in Reutlingen gelebt?

Schneider: Nein, habe ich nicht. Ich lebe erst seit 1927 in Reutlingen. Davor war ich mit meinen Geschwistern in Ilmenau in Thüringen wohnhaft.

Was haben Sie früher in Ihrer Freizeit gemacht, was für Hobbys haben Sie gepflegt?

Schneider: Ich hatte viele Hobbys, eines meiner liebsten war das Schlittschuhlaufen im Winter. Im Sommer war ich auch oft gerne zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs.

Was ist ihr liebstes Plätzchen in Reutlingen?

Schneider: Mein Zuhause.

Wie hat sich Reutlingen in den letzten 50 Jahren verändert?

Schneider: Es hat sich viel verändert. Alles ist viel moderner und besser geworden. Es entstanden eine Menge neuer Gebäude, die ja auch so groß sind . . .

Wie haben Sie die beiden Weltkriege erlebt?

Schneider: Beide Kriege waren wirklich sehr schlimm. Ich musste sehr viel mitmachen. Es gab bittere und nicht so bittere Zeiten. Bitter war es, wenn man über einen größeren Zeitraum hat hungern müssen. Und wenn man sich im Hauskeller hat verschanzen müssen, dass man nicht durch eine Bombe ums Leben kommt. Sehr schlimm war auch noch, wenn man um sich geschaut hat, die brennenden Häuser, Artilleriefeuer und die vielen Toten. Und die zwei Luftangriffe, die Reutlingen erlebt hat. Die nicht so bitteren Zeiten waren, wenn man wenigstens einigermaßen warm angezogen war, wenn es kalt war. Und wenn man etwas zu essen hatte.

Mit welchen Dingen beschäftigt man sich, wenn man älter wird?

Schneider: Ich persönlich beschäftige mich eigentlich ganz gerne mit Chips essen und mit Apfelsaft trinken. Und natürlich mit schlafen. Das sind so meine Hauptbeschäftigungen.

Was bedeuten Religion und Glaube für Sie?

Schneider: Die Religion hat einen gewissen Stellenwert in meinem Leben. An meinem Geburtstag besucht mich immer die zuständige Pfarrerin. (ZmS)



Philipp Gaiser, Ingmar Hack und Stefan Wahl, Laura-Schradin-Schule, Reutlingen, 2 BFP 1