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Auf Tuchfühlung mit dem »MP«

STUTTGART. Ein Interview mit dem Ministerpräsidenten Kretschmann: So wurden die Schüler zu einem der Highlights des Projekts »Zeitung macht Schule« gelockt. Viele fanden den Gedanken, einen Ministerpräsidenten interviewen zu dürfen, sehr reizvoll. Ein ganzer Bus fuhr deshalb am 27. November nach Stuttgart. Der Tagesplan war allen bekannt: erst ein langes Interview in der Landesgeschäftsstelle von Bündnis 90/Die Grünen mit der Landesvorsitzenden Thekla Walker, dann ein Treffen mit dem Fraktions-Pressesprecher Benny Hechler im Haus der Abgeordneten und schließlich das kurze Interview mit dem »MP«. Durch den Tag begleitet wurde die Gruppe von Bettina Jehne, Pressesprecherin der Grünen-Landespartei – eine ehemalige GEA-Redakteurin.

9 000 Grüne im Land

Thekla Walker macht vor, wie steil es in der Politik nach oben gehen kann: Erst seit 2008 ist sie in der Partei, ein Jahr später wurde sie Stadträtin in Stuttgart, heute ist sie Partei-Chefin der Grünen in Baden-Württemberg. Sie hat Geschichte und Amerikanistik studiert und arbeitete als Natur- umd Umweltpädagogin. »Die Grünen«, sagt sie, »nehmen gerne interessierte Quereinsteiger, die für bestimmte Themen stehen.«

In der Landesgeschäftsstelle in Stuttgart, wo Thekla Walker ihr Büro hat, laufen die Fäden zusammen: Rund 40 Kreisverbände mit 9 000 Mitgliedern haben die Grünen landesweit, Thekla Walker und ihr Team organisieren für sie zum Beispiel Wahlkämpfe. Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt liegt auf der Öffentlichkeitsarbeit: Wenn politische Themen auf Landes- oder Bundesebene diskutiert werden, nehmen auch die Grünen in Baden-Württemberg dazu Stellung. Gemeinschaftsschule und Energiewende beschäftigen die Partei derzeit besonders, persönlich am Herzen liegt Thekla Walker auch die Landwirtschaft im Zusammenhang mit dem Umwelt- und Verbraucherschutz.

Von der Landesgeschäftsstelle ging es quer durch die City zum Haus der Abgeordneten, ein vor allem innen sehr imposantes Gebäude. Fraktionssprecher Benny Hechler empfing die Gruppe in der Lobby, über Lautsprecher hörte man die aktuelle Plenarsitzung. Im Fraktionssitzungssaal sprach Hechler mit den Schülern über die Regierungs- und Fraktionsarbeit. Zum Raum: An dem riesigen Tisch hat es mindestens 36 Plätze, da die Grünen mit so vielen Abgeordneten im Landtag vertreten sind – sie müssen alle einen Platz haben. Dann ging es darum, was in Plenarsitzungen passiert und dass ein Teil der Arbeit auf Ausschüsse verlagert wird, da Plenarsitzungen immer sehr zeitaufwendig sind.

Gern sparen tut keiner

Benny Hechler sprach über die Fraktionschefin der Grünen, Edith Sitzmann. Sie habe eine stressige Aufgabe, so Hechler, denn sie müsse immer schauen, dass SPD und Grüne bei engen Entscheidungen auf eine Linie sind. Gegen Ende sprach er von den Erfolgen der Regierung in der Sparpolitik – Ziel ist die Nullverschuldung ab 2020, die »Schuldenbremse«.

Eine schwierige Angelegenheit, wie Hechler betont, denn kein Ministerium will sein Budget gekürzt haben. Nun sei dieses Problem aber umgangen, da alle Ministerien sparen. Für drei werden ein paar Ausnahmen gemacht: das Kultusministerium, da man in der Bildung nicht noch mehr sparen dürfe, das Innenministerium, da eine große Reform der Polizei geplant ist, und das Wissenschaftsministerium, da die Universitäten immer noch mit dem doppelten Abitursjahrgang zu kämpfen hätten.

Wie sind die Landtagsfraktionen im Haus verteilt? Unten sitzen die Grünen und die SPD auf jeweils einem Stockwerk, dann kommen die CDU und die FDP, die sich ein Geschoss teilen. Dann kam noch eine interessante Frage: Wie ist es, wenn man politische Gegner im Haus trifft? Hechler meinte, dass es auf die Person ankomme, ob man diese mag und kurz redet oder sich freut, wenn man endlich aus dem Aufzug raus dürfe.

Langsame und ruhige Art

Dann freuten sich alle auf das Highlight des Tages. Die Gruppe ging den kurzen Weg zum Kunstgebäude, in dem der Landtag während des Umbaus des eigentlichen Gebäudes tagt. Im Foyer angekommen, erfuhren wir, dass sich die Plenarsitzung unerwartet verlängere.

Man sah immer wieder Politiker, die das Gebäude verließen und betraten – aber keine Spur vom Ministerpräsidenten. Nach langem Warten wurde es doch noch mal spannend, denn Winfried Kretschmann kam ins Foyer.

Er entschuldigte sich für seine Verspätung in seiner bekannt langsamen und ruhigen Sprache. Die Schüler legten sofort mit ihren Fragen los, doch so energisch sie auch fragten, so ruhig und gemütlich antwortete Kretschmann – immer überlegt und nie überhastet. Nach dem leider sehr kurzen Interview wurde mit ihm noch ein Gruppenfoto gemacht.

Kurz aber gut

Danach ging es zurück zum warmen Bus und auf die Heimfahrt. Einige Schüler meinten, dass das Interview mit Kretschmann wegen seines engen Terminplans zu kurz war, aber dass der Tag an sich doch sehr spannend war. (ZmS)

Han Völker, Isolde-Kurz-Gymnasium Reutlingen, Klasse 9a