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»Überaus freundliche Atmosphäre«

REUTLINGEN. »Entschuldigung, wo finden wir denn Herrn Professor Trefz?« Mit der Suche nach dem Chefarzt fing unser Tagespraktikum auf der Kinderstation im Klinikum am Steinenberg in Reutlingen an. Nachdem wir den Professor gefunden und uns dann kurz vorgestellt hatten, wurden wir mit Informationen überhäuft: Die Kinderklinik hat zwei Stationen und eine Ambulanz, 55 Planbetten und zehn Intensivbetten. Jedes Jahr kommen rund 2 300 Kinder auf die Station und fünf Mal so viele ambulante Fälle. Zunächst gingen wir auf die Station 1A, wo vor allem Patienten mit Diabetes und anderen Stoffwechselerkrankungen liegen. Dort stellte man uns zwei 14- und 16-jährige Jugendliche vor, die unter Diabetes leiden. Die beiden stellten sich netterweise sofort für ein Interview zur Verfügung.

ZmS: Wie geht ihr beide denn mit der Diagnose »Diabetes« um?

D.: Mir geht es ganz gut, man bekommt hier Schulungen über den Krankheitsverlauf. Somit lernt man, mit der Krankheit umzugehen.

Was macht ihr den ganzen Tag lang? Ist euch manchmal langweilig?

B.: Wir haben jeden Tag Schulungen, dürfen fernsehen, auf den Hof oder zum Kiosk gehen. Unsere Freunde kommen uns auch oft besuchen.

A propos Freunde - wie sehen die das mit eurer Krankheit eigentlich?

B.: Sie nehmen es gut auf, lachen nicht über mich oder so. Manche fragen sogar, ob sie selbst spritzen dürfen.

Und wie steht's mit Bekanntschaften hier im Krankenhaus?

D.: Wir reden schon viel miteinander, wir liegen ja in einem Zimmer. Und auch mit anderen verstehen wir uns gut.

»Somit lernt man, mit der Krankheit umzugehen«

Und wie gefällt es euch sonst so? Wie schmeckt das Essen? Bekommt ihr das, was die anderen Patienten auch essen?

D.: Ja, wir kriegen ganz normal Essen, nur halt zu bestimmten Zeiten. Und wir müssen das Essen immer genau berechnen. Das ist manchmal etwas nervig.

Und was ist mit dem Krankenhaus insgesamt?

B.: Die Ärzte sind sehr nett. Es ist okay hier.

Wie geht es dir, wenn du zu Untersuchungen wieder herkommen musst?

B.: Also, meistens freue ich mich sogar.

Na, das sind ja mal gute Töne: jemand, der sich aufs Krankenhaus freut und sich wohlfühlt. Na ja, wir hatten auf jeden Fall nicht viel Zeit, darüber nachzudenken, denn unser Programm ging weiter. Und zwar auf der Station 1B, wo vor allem an Asthma erkrankte Kinder oder Kinder mit Infektionen und Frakturen liegen. Zudem befindet sich dort die Kinder-Intensivstation.

Auf der Station durften wir dann bei der Physiotherapie eines Mädchens zuschauen. Die Physiotherapeutin machte mit ihr kindgerechte Übungen, wobei das Mädchen sichtlich Spaß hatte und währenddessen ihre Atmung verbesserte. Danach wurde ihre Lunge abgehört und der Tageszustand auf einem freundlich gestalteten Fragebogen geprüft.

»Mir gefällt es ganz gut hier«, sagt das Mädchen. Ihre Mutter, die auch über Nacht bei ihrer Tochter im Krankenhaus bleibt, fügt hinzu: »Ich habe das Gefühl, meine Tochter wird hier sehr gut betreut. Wir haben hier viel zu tun mit Asthmaschulungen, in denen ich auch mit einbezogen werde. Hier herrscht schon fast eine familiäre Atmosphäre. Meine Tochter ist hier gut aufgehoben.«

Begleitet von diesen fröhlichen Statements ging es weiter auf die Kinder-Intensivstation, wo wir auf unser persönliches Highlight stießen: Die Station ist nämlich zugleich noch die Frühgeborenen-Station, wo kleine, manchmal 27 Wochen alte Frühchen, aber auch erkrankte Neugeborene liegen, deren Puls, Blutdruck und Atem ständig überwacht werden müssen. Es gibt allerdings auch zwei Betten für ältere Kinder, die intensiv betreut werden müssen.

Erst wurden wir herumgeführt, durften das Stillzimmer sehen, und dann bekamen wir auch noch Gelegenheit, mit einer der Kinderkrankenschwestern zu sprechen. Diese sagt: »Das Reutlinger Klinikum ist sehr familienfreundlich. Mir gefällt es hier sehr. Es war immer mein Traum, mit Babys zu arbeiten. Ich arbeite hier mit Herz.« Als wir dann noch die süßen Neugeborenen sehen durften, ging unser Herz auf.

Nachdem wir uns dann von den Kleinen losgerissen und eine kurze Pause gemacht hatten, ging es weiter in die Ambulanz. Dort ging es wie in einer normalen Praxis zu. Es werden die Kinder behandelt, die von ihren Ärzten ins Krankenhaus überwiesen wurden. Am Wochenende ist dort auch die Notfallpraxis, in die alle kommen können. In der Ambulanz durften wir dann bei einem Herz-Ultraschall und einer Behandlung eines Kindes zuschauen, was für uns interessant und auch sehr lehrreich war.

»Die Ärzte sind sehr nett. Es ist okay hier«

Im nächsten Zimmer, in das wir kamen, sah es nun bestimmt nicht nach Krankenhaus aus. Anstatt der üblichen Medizin-Fachbücher erkannten wir in den Regalen unsere Schulbücher wieder. Annegret Teßmann, die Krankenhauslehrerin, erteilt den Jugendlichen, die für längere Zeit im Krankenhaus bleiben müssen, wenn diese wollen, Unterricht in den Hauptfächern. Jeder Schüler, der dieses Angebot annimmt, bekommt am Tag eine Stunde Einzelunterricht, möglichst nach Lehrplan des jeweiligen Kindes. Somit versäumen die Patienten nur wenig Unterrichtsstoff, außerdem sind sie so auch nicht den ganzen Tag in ihren Betten, sondern stehen auf, haben etwas Ablenkung und bekommen auch eine gewisse Tagesstruktur.

Im Unterricht dürfen die jüngeren Kinder Briefe an ihre Klassen schreiben, damit der Kontakt weiterhin besteht. Die Älteren können bestimmte Themen aufarbeiten und haben auch die Möglichkeit den Computer für Recherchen zu benutzen, E-Mails zu verschicken oder auch zu chatten.

Nehmen alle Schüler das Angebot, im Krankenhaus zur Schule zu gehen, an?

Annegret Teßmann: Ja, die meisten nehmen es gern an und sind froh darüber.

»Manchmal wünscht man sich jemand zum Quatschen«

Warum sind Sie ausgerechnet im Krankenhaus Lehrerin geworden?

Teßmann: Erst war ich Grund- und Hauptschullehrerin, habe dann mal die Vertretung einer Krankenhauslehrerin übernommen. Später wollte ich dann im Krankenhaus arbeiten. Ich bin aber nicht vom Krankenhaus, sondern, wie jeder Lehrer, vom Staat angestellt.

(zu Schülerin): Wie findest du\qs, dass man auch im Krankenhaus zur Schule gehen kann?

Schülerin: Ich finde es gut, hier kann ich auch Themen, die ich nicht verstehe, noch mal ganz von vorne erklärt bekommen.

Findest du den Einzelunterricht besser?

Schülerin: Im Prinzip schon, aber manchmal wünscht man sich auch jemand zum Quatschen.



Außer dem Unterricht für die »Großen« gibt es im Krankenhaus auch noch ein nettes Angebot für die Kleineren, nämlich die »Play-Station« - das schön, bunt und fröhlich eingerichtete Spielzimmer.

Das Spielzimmer hat, außer am Wochenende, jeden Morgen drei und jeden Nachmittag zweieinhalb Stunden geöffnet. Dann kann man dort mit den vier netten Betreuerinnen spielen, basteln, reden, quatschen, herumalbern und auch andere Kinder treffen. Es gibt dort unter anderem einen kleinen Billardtisch, viele verschiedene Spiele und Bastelmaterial.

Hinzu kommt auch noch, dass die Betreuerinnen die Kinder, die nicht aufstehen und herumlaufen dürfen, am Bett betreuen und dort mit ihnen spielen und sie unterhalten. So kommt zum Beispiel Betreuerin Karla zu jedem Kind, das neu in die Klinik kommt, stellt sich vor und versucht, durch eine kleine Geschichte den Kindern die Angst vorm Krankenhaus zu nehmen.

Die Geschichte handelt von einer Fee, die auf einem Teebeutel zur Erde fliegen möchte, um dort alle Kinder fröhlich zu machen. Karla bezieht die Kids durch lustige Fragen ein, am Ende zündet sie den Teebeutel an, der dann zur Decke fliegt. So entsteht »Zauberstaub«, der den Kindern dann Mut machen soll. Nicht nur den kleinen Kindern gefällt diese Geschichte, auch wir »großen Kinder« haben begeistert zugeschaut.

Insgesamt hat uns der Tag im Krankenhaus sehr gut gefallen. Den Patienten scheint es dort sehr gut zu gehen. Die Ärzte und Schwestern sind sehr nett und behandeln die Kinder und Jugendlichen und natürlich auch die Babys altersgetreu. Es herrscht eine überaus freundliche Atmosphäre. Unser »Krankenhausaufenthalt« wurde sehr interessant und nett gestaltet. Uns wurden viele verschiedene Einblicke geboten, und es war sehr freundlich, dass man uns so umfangreich miteinbezogen hat. Wir haben es sehr genossen, einen Einblick zu bekommen und danken allen, die uns dies ermöglicht haben. (ZmS)



Rialda Zulic und Daniela Braun, BZN-Gymnasium, 10d