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Aktuell Leserbrief

»Zum Feiern ist mir nicht zumute«

Rommelsbacher Eingemeindung (per E-Mail)

Am Wochenende vom 29. bis 30. Juni feiert die Stadt Reutlingen 50-jährige Eingemeindung Rommelsbachs. Sie lesen richtig. Die Stadt Reutlingen feiert dieses Ereignis. Die Rommelsbacher Vereine wurden aufgefordert, dies tatkräftig zu unterstützen. Für die jüngeren und zugezogenen Bürger wird dies selbstverständlich sein. Für die älteren Bürger wird die Entscheidung, dies zu feiern, vielleicht nicht so einfach sein.

Im Jahre 1968 wurde durch das Land Baden-Württemberg eine Verwaltungs-reform beschlossen. Die sah vor, dass im Nordraum eine eigene Verwaltung entstehen sollte. Im Mittelpunkt sollte Rommelsbach mit den angrenzenden Gemeinden Altenburg, Degerschlacht, Oferdingen und Sickenhausen sein. Da dies von Reutlingen so nicht gewünscht war, fingen die Stadtvertreter nun vermehrt an, um die Nordraumgemeinden mit großen Versprechungen zu werben. Mit Erfolg. Eine Gemeinde nach der anderen konnte dem Werben nicht mehr widerstehen und somit blieb Rommelsbach am Schluss als selbstständige Insel im Nordraum.

Nun als Enklave wurde 1973 vom Regierungsbezirk die zwangsweise Eingemeindung ohne Ausgleichszahlungen angedroht. Die Bürgerschaft war aber immer noch nicht bereit, diesen Schritt zu gehen. Nach mehreren Aufforderungen des Gemeinderates und des Bürgermeisters an die Gemeinde, dies noch einmal zu überdenken, da es keinen anderen Weg geben könne, wurde dann zähneknirschend einer Eingemeindung zu Reutlingen zugestimmt.

Die Eingemeindung wurde zum 1. Juli 1974 vollstreckt. Es gab kein Eingemeindungsfest und es wurde nur im kleinen Kreis gefeiert. Somit hatte Reutlingen sein Ziel erreicht und die letzte und reichste Nordraumgemeinde einkassiert. Die versprochenen Ausgleichszahlungen wurden danach auch nur teilweise erfüllt. Zum Feiern ist mir nicht zumute, aber dies sollte jeder für sich entscheiden.

 

Uwe Kaufmann, Rommelsbach