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Aktuell Leserbrief

»Woke Menschen sind beleidigt«

Zur Doppelseite »Kampf um unsere Sprache« vom 24. März (per E-Mail)

Ich habe den Eindruck, dass bei den aufgeführten Begriffen oft nicht die Betroffenen an stärksten beleidigt sind, sondern die woken Menschen. Das sind die Leute, die unermüdlich nach Begriffen suchen, bei denen sie sich einbilden, sie könnten jemanden beleidigen.

Ein Beispiel für die Fantasie der woken Menschen ist der Begriff »Schwarzfahren«. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Menschen mit schwarzer Hautfarbe von sich aus darauf kommen, das sei eine Beleidigung für sie. Man kann es ihnen natürlich einreden. Vielleicht kann man sie auch so lange belabern, bis sie bereit sind, sich in einem politischen Fernsehmagazin als Zeugen für ihr Beleidigtsein vorführen zu lassen.

Aber liebe woke Menschen, ihr seid da nicht konsequent! Was ist denn mit den Schwarzen Löchern? Bedeutet nicht jedes davon eine Beleidigung für Menschen mit schwarzer Hautfarbe? Muss nicht die Relativitätstheorie umgeschrieben werden, ähnlich wie ihr es gerne bei Karl-May-Romanen ohne das Wort »Indianer« hättet? Muss nicht Albert Einstein das traurige Schicksal Karl Mays teilen, viele Jahre nach seinem Tod von euch zum Rassisten erklärt zu werden? Das mag zwar übertrieben erscheinen, aber wenn man berücksichtigt, wie manche woke Menschen ticken, ist das doch nicht zu weit hergeholt.

Als Beispiel dafür, dass die Betroffenen manche kritisierten Begriffe auch recht gelassen betrachten, dient ein Gastwirt mit schwarzer Hautfarbe, der den Namen seines Restaurants »Zum Mohrenkopf« in einer Fernsehsendung tapfer gegen heftige Angriffe der Sprachpolizei verteidigt hat.

Selbst das sprachpolizeilich strengstens verbotene N-Wort, das über Jahrhunderte die wertneutrale Bezeichnung für die indigene Bevölkerung Afrikas südlich der Sahara war, löst nicht bei allen Betroffenen Empörung aus. Roberto Blanco zum Beispiel macht sich lustig darüber, wie die Deutschen mit dem N-Wort herumeiern. Er weist darauf hin, dass Deutschland kein Sklavenhalterstaat war wie die USA, wo das ähnlich klingende Wort »Nigger« ein Schimpfwort ist.

Wir dürfen gespannt sein, was den woken Menschen künftig noch alles einfällt. Hoffentlich habe ich mit meinen Bemerkungen zu den Schwarzen Löchern niemanden auf dumme Gedanken ge-bracht.

 

Peter Flohrs, Reutlingen