Sehr geehrter Herr Mack-Reiser, Ihre Leserzuschrift kann nicht unwidersprochen bleiben: Ihr Vergleich zwischen dem Alterssicherungssystem von Arbeitnehmern und der lebenslangen Alimentation von Beamten kommt dem Vergleich von Äpfeln mit Birnen sehr nahe und ist deshalb auch nicht aussagekräftig.
Mit Ihrer Darstellung haben Sie die Neiddebatte unnötig geschürt. Ich gehe davon aus, dass Sie ein qualifizierter Arbeitnehmer, jedoch mit ihrer Lebenssituation unzufrieden sind und Ihren Frust nunmehr bei der Beamtenschaft ablassen. Zu Ihren Unterstellungen bemerke ich, dass die Beamten gut ausgebildet sind, vielfach sogar ein Studium an ihrer Fachhochschule absolviert haben. Dadurch wird deutlich, dass der Vergleich Rentendurchschnitt mit Pensionsdurchschnitt hinkt. Im Rentenbereich gibt es zudem viel mehr Teilzeitbeschäftigte, eine geringere Beschäftigungsdauer und oft eine fehlende Berufsausbildung. Die Beihilfe gehört neben der Besoldung und Versorgung zum Gesamtpaket der Alimentation von Beamten durch ihren Dienstherrn. Nur dadurch wird die Wettbewerbstätigkeit mit der Wirtschaft bei der Nachwuchsgewinnung sichergestellt.
Denken Sie bei Ihren Überlegungen nicht nur an die Lehrer, sondern auch an die Polizei, die Feuerwehr und die Berufssoldaten. Die Sicherheitskräfte setzen bei ihren Einsätzen ihr Leben ein. Ich war während meiner Dienstzeit immer wieder rund um die Uhr, bei Nacht und Nebel, Regen, Kälte und Hitze, wochen- und feiertags, unterwegs. Überstunden, die nicht mit Freizeit ausgeglichen wurden, wurden mit 80 Pfennig vergütet. Frust kannte ich nicht. Einerseits liebte ich meinen Beruf, andererseits war ich meinem Dienstherrn im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnises bis zur Hingabe verpflichtet.
Die freie Wirtschaft kennt so etwas nicht. Eine Garantie für eine Arbeitsstelle gibt es nicht. Der Arbeitgeber verlangt von seinem Arbeitnehmer, dass er seine Arbeit gut und schnell macht. Arbeitsdruck ist vorhanden und eine Kündigung ist möglich. Dem stehen ihre Rechte als Arbeitnehmer gegenüber, unterstützt von den Gewerkschaften.
Als ich mit 19 Jahren in die Bereitschaftspolizei eintrat, erhielt ich monatliche Bezüge von 90 DM bei freier Logis. Damals verdienten meine Altersgenossen deutlich mehr. Im Gespräch meinten sie, dass ich sehr wenig verdiene, ich aber einmal eine schöne Pension zu erwarten hätte. Meine ersten Polizeidienstjahre waren geprägt von der Grundausbildung, Besuch der Laufbahnlehrgänge, erlangen des Polizeiabiturs und Absolvierung der Polizeifachhochschule. Diese Qualifikationen wurden mit steigenden Gehaltszahlungen belohnt. Zu dieser Zeit hatten meine Altersgenossen bereits ihre Häuser gebaut, was mir erst später gelang. Während meiner Dienstzeit war ich in der Kriminalitätsbekämpfung tätig und ermittelte in Diebstählen, Einbrüchen, Betrügereien, Körperverletzungen, Brand- und Todesfällen bis zu meiner Pensionierung. Und nun kommen Sie, Herr Mack-Reiser und neiden mir meine Beamtenpension.
Manfred Reicherter, Reutlingen