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Aktuell Leserbrief

»Russland ist die neue Ordnungsmacht«

Zum Artikel »SPD beklagt Alleingang von AKK« vom 23. Oktober (per E-Mail)

Die SPD kann sich nach der profilierungsgeleiteten »SMS-Diplomatie« wieder entspannen, da der »mutige« Vorstoß (SMS-Diplomatie) von Annegret Kramp-Karrenbauer (AKK) wahrlich Schnee von gestern ist. Auch der »politische Dilettant« (Erdogan) Maas muss nicht mehr mit AKK schimpfen. Grund: Bei einem langen Treffen in Sotschi haben Putin und Erdogan die weitere Politik in Syrien definiert. Dadurch entfällt jeder noch so aufgeblasene, vermeintliche Coup aller anderen Akteure in Sachen Puffer und andere Zonen.

Das Memorandum of Understanding zwischen Moskau und Ankara umfasst zehn Punkte mit weitreichenden Folgen für den weiteren politischen Prozess. Demnach anerkennt die Türkei »die politische und territoriale Integrität« Syriens. Im Gegenzug billigt Russland de facto die türkische Militäroperation. Die Türkei verlängert die Waffenruhe um 150 Stunden. Es entsteht eine Pufferzone zwischen Irak im Norden und dem Euphrat im Süden (500 Kilometer lang, 30 Kilometer breit). Aus dieser Zone hat sich die Kurdenmiliz YPG gänzlich zurückzuziehen. Nur ein Teil der Zone wird von der Türkei bewacht. Östlich und westlich davon übernehmen Russland und die Türkei die Kontrolle. Die Gespräche mit den Kurden soll Assad künftig direkt führen. Somit ist Russland nach der US-Politik der verbrannten Erde die neue Ordnungsmacht. Hinterlassen sind acht Billionen Dollar amerikanische Kriegskosten, mehrere Millionen Tote und ein verwüsteter Naher Osten.

Putin ist es gelungen, Erdogan in die Nachkriegspläne für Syrien einzubinden, in der die USA keine Rolle mehr spielen. Und die YPG ist mal wieder die große Verliererin, da auch Putin die YPG zugunsten des Deals mit Erdogan ausgeklinkt hat. Vor diesem Hintergrund muss AKK ihr unabgestimmtes Profilierungsfeld wieder knicken und sich einen neuen Acker suchen. Denn das Ziel bleibt: »Wir sind stark, es kommt auf uns an, und wir müssen irgendwann endlich auch mal politische Antworten geben – und zwar insbesondere als Union«. Und auch der Traum von Herrn Kiesewetter (CDU) auf einen »robusten Einsatz« wird uns und den Soldaten erspart bleiben. Jetzt gilt es für AKK, ihren innenpolitischen Sinkflug zu bearbeiten, wenn auch die nächste Koalitionskrise ausbleiben kann. Mit der Kanzlerin im Rücken hat AKK ein unprofessionelles Hornberger Schießen veranstaltet, über das die internationale Diplomatie genauso den Kopf schütteln wird wie über das Kompetenzprofil des SPD-Außenministers.

 

Dr. Günter Ludwig, Reutlingen