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Aktuell Leserbrief

»Politik scheint nicht im Jetzt angekommen zu sein«

Entwicklungen in Deutschland (per E-Mail)

Die Champagner-Zeiten sind vorbei, das sollte auch in der Politik angekommen sein. Die Zeiten, in denen die Wirtschaft und die Gesellschaft durch stetig steigende Steuerzahlungen an die Staatskasse der Regierung ermöglichte, ihre Politik einer selbstverliebten, ideologiegetriebenen, realitätsfernen Arbeit durch Geld kaschieren zu können, sind vorbei. Versäumt wurde in dieser Zeit, Rahmenbedingungen zum Fortbestand unserer individuellen Werte und Lebensumstände sowie Wohlstand zu schaffen. In der Wirtschaftspolitik, Migration, Asylpolitik, Energiepolitik, im Wohnungsbau, in der Bildung, der Infrastruktur und Außenpolitik erscheint die bisherige Regierungsbilanz eher erbärmlich als schlecht, ein gefühlter Kontrollverlust der Regierung über diese Themen dürfte die antidemokratischen Kräfte in diesem Land weiter stärken.

Politik scheint noch nicht im Jetzt angekommen zu sein und in Teilen in feudalen Strukturen zu verharren. Die Transformation des deutschen Politikbetriebs zur Bewältigung der Gegenwart und Zukunft steht noch aus. Globalisierung, neue geopolitische Herausforderungen, eine EU, die bei der Neuordnung der Welt bisher eher am Katzentisch als im Bankettsaal sitzt, ungelöste, verschleppte Probleme im Inneren, die unsere Freiheit, Sicherheit und unseren Wohlstand massiv gefährden, zeugen derzeit eher nicht von staatspolitischem, verantwortungsbewusstem Handeln der regierenden Klasse. Der Regierungs- und Verwaltungsapparat ist schlicht zu groß, Entscheidungsprozesse dauern zu lange und er gehört massiv verschlankt, die Anzahl an Gesetzen, Vorschriften und Verordnungen einfach entrümpelt. Die Staatsausgaben auf 90 Prozent der Steuereinnahmen zu limitieren, dürfte wieder einen vernünftigen Umgang mit dem Geld der Bürger gewährleisten, indem Ausgaben auf das Notwendige beschränkt werden und nicht partei-ideologische Gründe und Verschwendung die Ausgaben bestimmen. Weitere 5 Prozent der Steuereinnahmen stehen dann zur Schuldentilgung und 5 Prozent zum Aufbau eines Finanzpolsters bereit.

Eine Anpassung der Pensionen an die Lebensrealität der Bürger, indem Bemessungsgrenzen und Berechnungsgrundlage für die Rentenberechnung der Arbeitnehmer herangezogen werden, könnte bereits zum 1. Januar 2025 möglich sein und würde erheblichen finanziellen Spielraum sichern – und neben Handlungsfähigkeit der Regierung und des Parlaments auch wiederkehrenden Realitätsbezug dieser Institutionen signalisieren. Die ständigen Scharmützel und Ränkespiele, die uns durch die Regierung geboten werden, zeugen mehr von Hilflosigkeit und Realitätsverlust, als von nützlicher, politischer Sacharbeit mit gesundem Menschenverstand. Das Spitzenpersonal der Ampelparteien, auch in Teilen im Nachwuchs, vermittelt nicht den Eindruck, das es sich der Größe und Bedeutung ihrer Aufgabe so richtig bewusst, geschweige denn dieser Aufgabe qualitativ gewachsen ist. Das empfinde ich als deprimierend und unserem Land gegenüber unwürdig.

Eine Rückbesinnung auf das, was uns als Nation und Gesellschaft einmal führend machte, kann nicht schaden – und ebenfalls nicht, dass die Regierung die Herausforderungen der Gegenwart endlich ernsthaft annimmt und löst. Weniger Ideologie, mehr Pragmatismus, weniger woker Firlefanz, mehr natürliche Lebens- und Leistungsfreude. Alternativ dürfte uns bei einem »Weiter so« eine andere Art von »Heuschrecken« plagen, diesmal nicht im Finanzbereich, sondern im Sozialbereich – und wenn das Feld abgeerntet ist und der Schwarm weiterzieht, wir identitäts- und bedeutungslos zurückbleiben, ein Spielball der Starken und Kriminellen.

 

Gero Golding, Römerstein