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Aktuell Leserbrief

»Missbrauch der politischen Macht«

Zum Artikel »Corona und kein Ende« vom 10. August (per E-Mail)

Vielleicht haben Sie ja eine klare Vorstellung davon, was eine Demokratie ist. Für mich ist sie jedenfalls im Prinzip die beste Regierungsform, die man haben kann, und die in guten und in schlechten Zeiten gelten sollte.

Aber in der jüngeren Vergangenheit wurde sie auf vielerlei Weise beschädigt. Ich bringe mal ein paar Beispiele für Dinge, die anscheinend okay sind, obwohl man offiziell in einer Demokratie lebt: Man darf ohne hinreichenden Grund über Wochen in seinem Haus eingesperrt werden; man darf ohne hinreichenden Grund gezwungen werden, eine Maske zu tragen; man darf ohne hinreichenden Grund alte Leute alleine sterben lassen; man darf ohne hinreichenden Grund junge Menschen von der sozialen Teilhabe ausschließen; man darf ohne Grund Menschen zu körperlich möglicherweise schädlichen Eingriffen zwingen und man darf ohne Grund jene gesellschaftliche stigmatisieren, die sich diesem körperlichen Eingriff verwehren.

Das alles durfte man und darf man, bisher mit der Begründung: »Man hat es ja nicht besser gewusst!« Wenn man die kürzlich »entschwärzten« Protokolle des Robert-Koch-Instituts liest, dann weiß man – um es mit Heinz Rudolf Kunze zu zitieren: »Alles gelogen, all diese Jahre …« Man hat es besser gewusst, aber nicht auf das bessere Wissen gehört. Das ist ein Riesenskandal, den man aber schon immer vermuten konnte.

Wenn es eine gelebte rechtlose Welt in diesem Deutschland der Nachkriegszeit gab, dann die Corona-Jahre. Wenn es eine Zeit gab, die den Missbrauch der politischen Macht gegen Minderheiten guthieß, dann diese. Wenn es eine Ideologie gab, die bis in die intimsten Teile der Gesellschaft eindrang, dann die Erzählung vom Virus.

Und wenn es eine Sicherheit in dieser Sache gibt, dann die, dass ein gesellschaftliches Trauma entstanden ist, das sich nicht einfach auflösen wird. Es hat vielen (meistens ungeimpften) Menschen vor Augen geführt, wozu ihre Mitmenschen in der Lage sind, wenn sie sich von Angst und Panik leiten lassen.

Die Saat der Spaltung wurde damals in die deutsche Gesellschaft gelegt und die Risse werden immer größer. Diejenigen, die die Maßnahmen unterstützen, sind heute nicht bereit dazu, ihre Erzählung zu überdenken und hängen an der Geschichte von der »Pandemie, für die Opfer gebracht werden mussten«. Immer noch werden in Deutschland Urteile in diesem Sinne gesprochen, werden »ungehorsame« Mediziner zu Gefängnisstrafen verurteilt und werden Bußgelder verhängt wegen Verstoßes gegen die Corona-Maßnahmen, die – wie man schon damals vermuten musste – der Willkür einzelner Politiker entsprangen.

Und jetzt wundert sich der unkritische Bürger über die Wahlergebnisse … Wer in der Corona-Zeit gemerkt hat, dass die herrschenden politischen Kräfte ihre Macht missbrauchten, der kann doch nicht mit offenen Augen Parteien wählen, die für diesen Missbrauch stehen. »Nur die allergrößten Kälber wählen ihren Schlachter selber« – so hieß es mal vor vielen Jahren auf einem Wahlplakat. Ohne Aufarbeitung der Corona-Zeit werden viele Menschen sicher dieses Motto im Hinterkopf haben.

Ich finde, es ist notwendig für eine Demokratie, dass sie sich auch mit dem auseinandersetzt, was ihre Grundlagen wirklich angreift: nämlich das Aushebeln der Grundrechte und der damit verbundene Vertrauensverlust in staatliche Strukturen!

 

Thomas Busch, Reutlingen