Die Informationspolitik der Gemeinde St. Johann zum Windkraftprojekt hinterlässt bei mir große Bedenken. Die spärlichen, einseitigen und kurzfristig bereitgestellten Informationen genügen meiner Ansicht nach nicht für eine solch weitreichende Entscheidung. Besonders besorgniserregend ist, dass ich die meisten relevanten Informationen aus externen Quellen in Berlin und Frankfurt beziehen musste. Ist dies der angemessene Umgang mit einer so bedeutenden Angelegenheit für unsere Gemeinde? Angesichts des Bürgerentscheids in Pfronstetten gegen die Verpachtung von Gemeindeflächen für Windkraftanlagen, stellt sich die Frage nach der Legitimität des Gemeinderatsbeschlusses in St. Johann. Sind die Bürgerinnen und Bürger ausreichend informiert worden?
Die oft beschworene Goldgrube Windkraft entpuppt sich in der Praxis häufig als trügerisches Versprechen. Die tatsächlichen Einnahmen für die Gemeinde liegen oft deutlich unter den Prognosen. Ist diese Diskrepanz dem Gemeinderat bewusst? Zudem erbringen Windkraftanlagen erfahrungsgemäß nur etwa zwei Drittel ihrer Nennleistung. Wie berücksichtigt der Beschluss diese Minderleistung? Gewerbesteuereinnahmen aus Windkraftanlagen fließen zudem erst nach Abzug der Investitionskosten. Wann und in welcher Höhe können diese Einnahmen tatsächlich erwartet werden? Der Rückbau veralteter oder defekter Anlagen lastet nach Vertragsende auf der Gemeinde, falls der Investor nicht mehr existiert. Wer trägt dieses Risiko? Die Insolvenz der Firma Prokon zeigt, wie schnell solche Risiken Realität werden können. Eine so tief greifende Entscheidung wie die Errichtung von Windkraftanlagen darf nicht im Verborgenen getroffen werden. Nur durch umfassende Transparenz, sorgfältige Abwägung aller Fakten und unter Einbeziehung der Bürger können wir in St. Johann eine fundierte und verantwortungsvolle Entscheidung treffen.
Es wäre sinnvoll, die Expertise unabhängiger Sachverständiger einzuholen, um die Wirtschaftlichkeit und die ökologischen Auswirkungen des Projekts objektiv zu bewerten. Die Bürger sollten die Möglichkeit haben, sich aktiv in den Entscheidungsprozess einzubringen. Dies kann durch Info-Veranstaltungen, Bürgerversammlungen oder Online-Diskussionsforen geschehen. Bei der Entscheidung sollten nicht nur die kurzfristigen wirtschaftlichen Vorteile, sondern auch die langfristigen Folgen für die Umwelt, das Landschaftsbild und die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger berücksichtigt werden.
Hartmut Leibfritz, St. Johann